Der Goldpreis hat neue Rekordhöhen erklommen, doch auch die spekulativen Long-Positionen in Gold-Futures haben mittlerweile ein extremes Niveau erreicht.
Starke Dynamik beim Goldpreis
Die US-Notenbank hat vergangene Woche geliefert und der Goldpreis stieg auf neue Höhen. Mit der Senkung um 50 Punkte traf die Fed das obere Ende der Erwartungen. Zudem wurde für das laufende und das kommende Jahr eine weitere Zinssenkung um jeweils 100 Basispunkte angekündigt.
Damit dürfte der Leitzins nun von derzeit 5,4 Prozent auf 3,4 Prozent bis Ende 2025 sinken. Auf dem Weg dorthin kann noch viel passieren, was zu einer Änderung der Situation führt. Doch diese Erwartungen stehen vorerst fest.
Am US-Terminmarkt sehen wir derweil eine weitere Verschärfung der Positionen der größten Handelsgruppen im Gold-Termingeschäft. Hierzu betrachten wir die aktuellen CoT-Daten mit Stand 17. September 2024.
CoT-Daten
Die Netto-Shortposition der „Commercials“ stieg im Vergleich zur Vorwoche um 9 Prozent auf 335.127 Kontrakte. Das ist der höchste Wert seit dem 20. August 2019. Die „Swap-Dealer“ (darunter Großbanken) sind mit 257.540 Kontrakten mittlerweile auf der Verkaufsseite positioniert. Dies stellt einen neuen Rekordstand in unserer seit 2013 durchgeführten Wochenanalyse dar. Die Swap-Dealer stehen aktuell mit einem beachtlichen Bestand von umgerechnet 800 Tonnen Gold auf der Verkaufsseite.
Dagegen stieg die Netto-Longposition der „großen Spekulanten“ um knapp 10 Prozent auf 310.066 Kontrakte. Das „Managed Money“ (Hedgefonds, Investmentgesellschaften) steht mit 216.355 Kontrakten (670 Tonnen Gold) mittlerweile auf der Käuferseite. Das heißt, auch hier sehen wir Extremwerte.
Offenes Interesse
Der Open Interest, also die Summe aller offenen Standard-Goldkontrakte an der COMEX, stieg unterdessen um 5 Prozent auf 537.627 Kontrakte. Bis Handelsschluss am Freitag stieg er noch einmal um 4 Prozent auf 558.697 Kontrakte. Im Vergleich zur Vorwoche (Freitag bis Freitag) stieg der Open Interest damit um 2 Prozent.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Anteil spekulativer Goldkäufe im US-Terminhandel am Open Interest auf hohe 62 Prozent gestiegen ist. Auch das ist hier ein Rekordhoch.
Gold-Optionen
Auch die Anzahl der Abschlüsse im Goldoptionshandel hat im Vergleich zur Vorwoche wieder zugenommen – und zwar um knapp 5 Prozent auf 1.198.347 Optionen. Das Put/Call-Verhältnis erhöhte sich deutlich auf 0,661 (Vorwoche: 0,608). Das bedeutet allerdings, dass auf 100 Put-Optionen nur noch 151 Call-Optionen kamen (Vorwoche: 164). Damit sehen wir im Goldoptionshandel grundsätzlich weiterhin einen übergreifenden Goldpreis-Optimismus. Allerdings haben die Wetten auf einen fallenden Goldpreis zuletzt wieder deutlich zugenommen.
Goldpreisentwicklung
Nach der Veröffentlichung des Fed-Statements am Mittwochabend war der Goldpreis zunächst deutlich gestiegen. Doch nach Erreichen des Tageshochs von 2.627 US-Dollar und einem Plus von 1 Prozent brach der Goldpreis ein und notierte am Ende 0,4 Prozent tiefer. An diesem Punkt stellte sich die Frage, ob der Ausverkauf am nächsten Tag anhalten würde und die Leerverkäufer kurzfristig vielleicht die Oberhand gewinnen könnten.
Der Goldpreis zog ab Donnerstag allerdings wieder weiter an und die Woche bescherte Goldanlegern ein weiteres Allzeithoch. Eine Unze zur Lieferung im Dezember kostete nach Börsenschluss am Freitag 2.646,20 US-Dollar. Das entsprach 2.370,30 Euro. Damit legte der Goldpreis im Vergleich zur Vorwoche um 1,4 Prozent bzw. 0,6 Prozent zu – und erreichte jedes Mal neue Rekordwerte.
Gold in China
Preissteigerungen in China hatten insbesondere im ersten Halbjahr deutliche Auswirkungen auf den internationalen Goldpreis. Wir beobachten daher weiterhin die Preisentwicklung dort. Am Donnerstagnachmittag um 14:30 Uhr (8:30 Uhr Berlin; 2:30 Uhr New York) lag der Goldpreis an der Shanghai Gold Exchange bei 581,62 Yuan pro Gramm. Zu diesem Zeitpunkt lag der Goldpreis in Shanghai umgerechnet bei 82,37 US-Dollar oder 2.562 US-Dollar pro Unze.
Gleichzeitig kostete eine Feinunze Gold am europäischen Spotmarkt (FOREX) 2.581 US-Dollar. Damit wurde Gold in China tatsächlich mit einem Abschlag von rund 19 Dollar zum internationalen Preis gehandelt (Vorwoche: +1 USD). In den letzten Monaten hingegen sahen wir Aufschläge von bis zu 90 US-Dollar.
COMEX-Goldaktien
Mittlerweile sind die Goldbestände in den Tresoren der COMEX sechs Wochen in Folge gesunken, zuletzt um 80.000 Unzen auf 16,89 Millionen Unzen (Vorwoche: -60.000). Die Goldbestände in der Kategorie „zulässig“, die zur sofortigen Lieferung an Kunden verfügbar sind, sanken um 60.000 Unzen auf 9,42 Millionen Unzen (alle Zahlen gerundet).
Bei einem Open Interest von 558.697 Kontrakten handelten Futures-Händler zum Ende der letzten Handelswoche insgesamt 55.869.700 Unzen Gold in Form von Standard-Futures (100 Unzen je Kontrakt). Damit war der Gold-Futures-Handel an der COMEX am Freitag nur zu 30 Prozent durch entsprechende Bestände gedeckt (Vorwoche: 31 Prozent). Das heißt, auch hier sehen wir eine starke „Übertreibung“.
Lieferanfragen
Der Börsenbetreiber begründet diese Unterdeckung damit, dass nur ein Bruchteil der Futures-Kontrakte tatsächlich physisch erfüllt wird. Das heißt, am Ende des Kontraktmonats schließen die Parteien ihre Positionen überwiegend durch Barausgleich. Wie hoch dieser Anteil ist, lässt sich auch aus einer verpflichtenden wöchentlichen Meldung ersehen.
Die CFTC meldete für den Kontraktmonat September 4.091 Anträge auf physische Lieferung von Gold. Damit kamen in der vergangenen Woche lediglich 122 hinzu (Vorwoche: 129). Dass sich derzeit nur wenige Marktteilnehmer zum Monatsende Gold ausliefern lassen, dürfte auch Ausdruck des derzeit hochspekulativen Goldhandels an der COMEX sein.
Zum Vergleich: Im vergangenen Monat wurden insgesamt 22.377 Anträge gestellt. Im bisherigen Rekordmonat (Juni 2020) bestanden Händler dagegen 55.102 Mal auf der physischen Auslieferung von als Future gehandeltem Gold.
Goldpreisausblick
Wir sehen in den Daten vom US-Terminmarkt zunehmende spekulative Übertreibungen im Gold-Futures-Handel, mit Extremwerten in vielen der oben beschriebenen Aspekte. Dennoch zeigten sich die Gold-Bullen zuletzt stark. Auch die Erholung nach dem Tagesverlust am Mittwoch konnte sich sehen lassen.
Aber früher oder später werden wir hier eine potenziell starke Konsolidierung sehen. Was passieren wird und was sie auslösen wird, bleibt abzuwarten. Interessant sind in diesem Zusammenhang sicherlich die Verfallstermine in der kommenden Woche. Am amerikanischen Goldmarkt verfallen am Mittwoch die Oktober-Optionen. Und am Donnerstag ist im Gold-Futures-Handel der letzte Handelstag für die September-Kontrakte.