Peter Neumann muss noch immer schwer schlucken, wenn er an den Sommer vor vier Jahren denkt. Am 25. Juni 2020 meldete das damalige Dax-Unternehmen Wirecard Insolvenz an. Einer der größten Skandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Peter Neumann, geschäftsführender Gesellschafter beim Immobilienentwickler Rock Capital, steht vor einem Riesenproblem: Rund zwei Jahre zuvor hatte der Wirecard-Vorstand mit seinem Unternehmen einen Mietvertrag für ein großzügiges, neues Bürogebäude im Aschheimer Gewerbepark abgeschlossen.
Deutschlands größter Mietvertrag des Jahres 2018 geplatzt
Rund 42.000 Quadratmeter repräsentative Bürofläche – das war 2018 der größte Mietvertrag Deutschlands. Als plötzlich der einzige Mieter ausfiel, setzte das das Immobilienunternehmen unter enormen Druck.
„Es war eine schwierige Zeit, es gab einige schlaflose Nächte. So ein großes Bürogebäude muss finanziert werden, und die Bank hatte kein leerstehendes Gebäude finanziert, sondern eines, das zu 100 Prozent vermietet war“, erinnert sich Neumann.
Also musste das Gebäude von Grund auf neu konzipiert werden, um nicht als Ruine zu enden. Die Corona-Pandemie mit Lockdowns und einem plötzlichen Trend zum Homeoffice erschwerte die Sache zusätzlich. Die Manager machten kurzerhand aus der Not eine Tugend und bauten die Immobilie zum ersten sogenannten Immunbüro Deutschlands um. Neben lichtdurchfluteten Atrien mit vielen Grünpflanzen erhielt das Bürogebäude eine äußerst komplexe Lüftungsanlage, die sogar Krankenhausstandards genügte.
Keimfreies Büroklima im „Immunbüro“
Sie filtert Mikroerreger aus der Luft und tötet die Keime anschließend mit UV-Licht ab. Ein gesundes Büroklima sei nach dem Corona-Schock ein gutes Verkaufsargument auf dem Gewerbeimmobilienmarkt, erklärt Andreas Wißmeier, der bei Rock Capital das Immobilienmanagement leitet. „Wir filtern zudem kleinste Mikropartikel wie Hefen, Pollen oder Viren aus der Luft. Für Heuschnupfen-Geplagte ist das eine Wohltat, und auch die nächste Grippewelle bleibt im Filtersystem hängen“, erklärt der Manager nicht ohne Stolz in der Stimme.
Das Gebäude solle für die Mitarbeiter möglichst gesund sein, sagt Wißmeier. Dazu gehöre auch die psychische Gesundheit. In der Kantine wurde etwa ein spezielles Farbkonzept aus Rot- und Grüntönen verwendet, das die Entspannung fördern soll. Insgesamt erinnert die Innenarchitektur eher an ein hochpreisiges Hotel. In den Büros gibt es lärmgefilterte Rückzugsorte zum Abschalten, aber auch Cafeterien und Teeküchen, die die Kommunikation untereinander fördern.
Mitarbeitergewinnung aus dem Homeoffice
Das neue Gesamtkonzept hat bereits acht Neumieter überzeugt. So ist etwa die Deutschlandsparte der französischen Bank Crédit Agricole mit ihrer Leasingabteilung hierhergezogen. Dies sei eine Entscheidung aus Überzeugung gewesen, erklärt der Direktor für Kundenbeziehungen, Stephan Mett. „Wir wollten unbedingt hierher, weil wir viele neue und vor allem junge Leute einstellen wollen. Das wird zunehmend schwieriger. Da ist es von Vorteil, wenn die Umgebung am Arbeitsplatz möglichst komfortabel, gesund und angenehm ist, damit die Leute aus dem Homeoffice wieder ins Büro zurückkommen.“
Rund die Hälfte des Bürogebäudes ist wieder vermietet
Weil hier der Mensch im Mittelpunkt steht, heißt das für Wirecard konzipierte Gebäude nun „Heads Office“. Rund die Hälfte der 42.000 Quadratmeter ist mittlerweile vermietet. Bis Ende 2025 soll der Bürokomplex nach den Plänen von Rock Capital vollständig belegt sein. Am Ende sollen es dann 20 Mieter sein, statt wie ursprünglich geplant nur einer.