Die Handschrift bei jungen Menschen wird immer schlechter.Bild: dpa / Sebastian Gollnow
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Wann hast du das letzte Mal einen langen Brief geschrieben oder einen Tagebucheintrag verfasst, und zwar ganz oldschool mit der Hand? Sollte das schon ein wenig länger zurückliegen, ist das kein Grund für Scham.
Damit bist du lediglich Teil eines größeren Trends. Denn vor allem bei der Gen Z schwindet zunehmend die Fähigkeit, Texte handschriftlich zu verfassen.
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Warum auch die Worte zu Papier zu bringen, wenn es kurze Chatnachrichten oder Voice-Memos auch tun? Selbst für Schmierzettel, etwa zur Notierung einer Telefonnummer oder der Einkaufsliste, gibt es inzwischen praktische Notizen-Apps. Auch im Klassenzimmer werden Hefte durch Tablets und Laptops verdrängt.
Eine Online-Umfrage des Schreibmotorik Instituts und dem Verband Bildung und Erziehung unter Lehrkräften kommt nun jedoch zu alarmierenden Ergebnissen: Demnach sind fast ein Drittel der Grundschullehrer:innen mit den Leistungen ihrer Schüler:innen beim Handschreiben unzufrieden. Bei den weiterführenden Schulen sind es sogar rund die Hälfte.
Professorin klagt über schlechte Handschrift der Gen Z
Auch an den Universitäten macht sich dieser Trend bemerkbar. Vielen Studierenden fehle das Wissen über grundlegende Schreibregeln, betont etwa die Professorin Nedret Kiliceri gegenüber „Türkiye Today“. Sie seien nicht in der Lage, sich auf Papier richtig auszudrücken.
„Die Schrift der Studierenden ist entweder nach unten oder nach oben geneigt, oft ist sie kaum lesbar„, sagt Kiliceri. „Früher war es üblich, mit Papier und Stift zu arbeiten. Heute nutzen sie seit der Kindheit fast ausschließlich Bildschirme und Tastaturen.“ Das habe Auswirkungen auf die Handschrift.
Laut der Professorin haben einige Studierende zwar eine saubere Handschrift, aber dennoch Schwierigkeiten, effektiv zu kommunizieren. „Sie vermeiden lange Sätze und können oft keine richtigen Absätze schreiben. Sie glauben, dass die Aneinanderreihung von unabhängigen Sätzen einen Absatz darstellt“, sagt Kiliceri. Dazu hätten Multiple-Choice-Tests und Social Media beigetragen, glaubt sie.
Eine Studentin pflichtet ihr bei: „Seit der Grundschule lösen wir nur Tests. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass wir Aufsätze geschrieben haben, es sei denn, es war absolut notwendig“, sagt Arda Kahrama. „Social Media hat doch längst seine eigene Sprache – mit Abkürzungen und Emojis. Ich glaube, das klassische Schreiben ist so gut wie tot.„
Studie: Handschriftliches Schreiben führt zu besserem Lernen
Die Abkehr vom handschriftlichen Schreiben hin zum digitalen hat Auswirkungen auf das Gehirn. Eine Studie, die ein norwegisches Forschungsteam 2024 im Fachjournal „Frontiers in Psychology“ veröffentlicht hat, kommt zu dem Ergebnis, dass handschriftliches Schreiben zu besseren Lernerfolgen führt.
Die Forscher:innen zeichneten die Hirnströme der Proband:innen auf, während diese wiederholt ein Wort mit einem Stift schrieben oder auf einer Tastatur tippten. Dabei konnten die Wissenschaftler:innen beobachten, dass die Verknüpfung verschiedener Hirnregionen beim Schreiben zunahm, nicht aber beim Tippen.
Die Studie geht davon aus, dass sich Schüler:innen handschriftliche Notizen besser merken können. Daher empfehlen die Forscher:innen, in der Schule weiterhin auf Handschrift zu setzen. Gegen die Nutzung von digitalen Geräten sprechen sie sich nicht aus. Ob etwas auf Papier oder auf ein Tablet geschrieben wird, macht bei der Gehirnaktivität laut der Untersuchung keinen Unterschied.
Mit am schönsten am Schreiben dieser Kolumne finde ich ja immer, wenn ich merke, dass ich in Leser:innen etwas auslöse. Manchmal erzählen sie auf Social Media von eigenen, ganz ähnlichen Erlebnissen, manchmal bedanken sie sich. Und manchmal läuft es anders und ich bekomme die Verärgerung ganz ungefiltert ab.