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Gefängnisdirektor Augsburg freigelassen: Mögliche Misshandlung von Gefangenen

Gefängnisdirektor Augsburg freigelassen: Mögliche Misshandlung von Gefangenen

Augsburg/München. Nach Vorwürfen möglicher Gefangenenmisshandlungen in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen hat das bayerische Justizministerium personelle Konsequenzen gezogen: Der Anstaltsleiter sei seit Donnerstag vom Dienst freigestellt, sagte Minister Georg Eisenreich (CSU). Er betonte jedoch, dass sie weder Angeklagte in einem Ermittlungsverfahren sei noch ein Disziplinarverfahren gegen sie laufe. Ziel sei es, die Informationsvermittlung zu erleichtern, sagte der Minister. Ein neuer stellvertretender Leiter ist kommissarisch im Amt und wird die Einrichtung vorerst leiten.

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Eisenreich hat in seinem Ministerium eine Task Force eingerichtet, die für die interne Bearbeitung im Ministerium und in der Justizvollzugsanstalt zuständig sein soll. Ihm zufolge wurden auch die Meldepflichten gegenüber dem Ministerium verschärft. Auch Statistiken sollten erstellt werden.

28. Oktober 2024, Bayern, Gablingen: Vergitterte Fenster in einem Flügel der Justizvollzugsanstalt (JVA). Der JVA Augsburg-Gablingen wird Misshandlung von Häftlingen vorgeworfen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Misshandlung im bayerischen Gefängnis? Grüne und SPD fordern „gnadenlose Aufklärung“

In der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen soll es zu Misshandlungen gekommen sein. Die Institution weist die Vorwürfe zurück. Sie hätten „stets im Einklang mit dem Gesetz gehandelt“.

Das Justizministerium geriet in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass dem Ministerium seit einem Jahr Vorwürfe gegen Gefängnismitarbeiter bekannt waren. Eisenreich bestätigte, dass der Gefängnisarzt, der den Fall ins Rollen gebracht hatte, bereits in einer E-Mail vom 18. Oktober 2023 auf „schwerwiegende Missstände“ in besonders gesicherten Hafträumen (sog. BgH) in Augsburg-Gablingen hingewiesen hatte.

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Eisenreich: „war darüber nicht informiert“

Die zuständige Dienststelle forderte daraufhin ein Gutachten der Justizvollzugsanstalt an und leitete den Arztbrief an die Staatsanwaltschaft Augsburg weiter. „Die Abteilung hat das getan. Was sie nicht getan hat, war, mich zu informieren“, sagte der Minister. „Ich war letztes Jahr nicht darüber informiert, wie diese E-Mail kam.“ Aber es wurde nichts vertuscht und mögliche Straftaten konsequent verfolgt. Das Ministerium sah die Vorwürfe in erster Linie durch die Staatsanwaltschaft geklärt.

Allerdings häufen sich in letzter Zeit die Beschwerden über die Justizvollzugsanstalt, sagte Eisenreich. Er sprach von einer „deutlichen Steigerung“. Auch die Zahl der im Gefängnis verhängten Disziplinarmaßnahmen hat zugenommen. Im Jahr 2023 gab es einen Besuch und im August dieses Jahres einen unangekündigten Besuch des Nationalen Büros zur Verhütung von Folter. Der Bericht ist noch nicht verfügbar. Allerdings erhielt man nach dem Besuch einen anonymen Hinweis, dass die Prüfer von der Institution getäuscht worden seien.

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Eisenreich räumte ein, dass das Ausmaß der Vorfälle in seinem Ministerium möglicherweise unterschätzt worden sei. „Rückblickend muss man sagen, dass bei der Überprüfung Gablingens mehr hätte passieren müssen“, sagte der Minister.

Die Anwälte des angeklagten und vorläufig suspendierten stellvertretenden Justizvollzugsdirektors hatten zwischenzeitlich in einem Brief an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gefordert, dem Ministerium die „Befugnis zu entziehen, weiterhin als Aufsichtsbehörde bei der Prüfung von Vorwürfen im Zusammenhang mit der Strafvollzugsanstalt tätig zu werden.“ Die Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen befasst sich mit der Gefahr eines Blackouts – eine Befürchtung, die in der Staatskanzlei nicht geteilt wird. „Für die Bearbeitung und Aufklärung des Sachverhalts sind das Justizministerium und die Staatsanwaltschaft Augsburg zuständig“, sagt a „Beide haben volles Vertrauen, dass dies gesetzeskonform geschehen wird.“

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Grüne und SPD wollen mehr

Aus Sicht der Landtagsfraktionen von Grünen und SPD reicht die Stellungnahme der Justizministerin zu den Misshandlungsvorwürfen allerdings nicht aus. Die Oppositionsparteien kritisieren insbesondere, dass das Ministerium nach den ersten Informationen über mutmaßliche Misshandlungen von Gefangenen nicht konsequent und nicht schnell genug reagiert habe. Auch Grünen-Rechtssprecher Toni Schuberl forderte Ministerpräsident Markus Söder zum Eingreifen auf.

„Heute frage ich mich wirklich: Wo ist Markus Söder? „Wenn eines seiner Ministerien möglicherweise Teil eines solchen Skandals ist, dann ist es höchste Zeit, dass die Ermittlungen auf einer höheren Ebene stattfinden“, sagte Schuberl der dpa. Der Premierminister muss die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Letztlich geht es um den Vorwurf einer schweren Verletzung der Menschenwürde. Das sollte in unserem Land eigentlich unvorstellbar sein. Das erschüttert die Grundfesten unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie.“

Laut Horst Arnold, rechtspolitischer Sprecher der SPD, werden die Probleme im Gefängnissystem im Eisenreich-Haus offensichtlich nicht sehr ernst genommen. „Das Interesse an der Menschenwürde war wahrscheinlich nicht so groß“, sagte er und spielte damit auf eine Aussage Eisenreichs vom Morgen an. Der Minister sagte in seiner Erklärung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, auch im Gefängnissystem.“ Und weiter: „JVAs sind keine rechtsfreien Räume.“

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zehn Tatverdächtige

Der suspendierte Stellvertreter ist einer von zehn beschuldigten Gefängnismitarbeitern, gegen die die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt. Wie die Behörde mitteilte, geht es dabei unter anderem um mögliche Körperverletzungsdelikte im Amt sowie tätliche Angriffe von Mitarbeitern auf Gefangene. Nach Angaben des Justizministeriums wurden gegen die Angeklagten Disziplinarmaßnahmen ergriffen und Betretungsverbote für die Justizvollzugsanstalt verhängt.

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Bericht prangert Menschenrechtsverletzungen in deutschen Gefängnissen an

Seit 2008 überwacht die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter die Einhaltung der Menschenrechte in deutschen Gefängnissen, Justizvollzugsanstalten und anderen Orten des Freiheitsentzugs. Der nun vorgelegte neue Jahresbericht listet einige Verstöße und Versäumnisse auf.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft besteht der erste Verdacht, dass Gefangene möglicherweise unbekleidet in sogenannten besonders gesicherten Zellen ohne gefährliche Gegenstände untergebracht waren, ohne dass die besonderen Voraussetzungen für diese Maßnahme erfüllt waren.

Im Rahmen der Ermittlungen wurden am 24. und 30. Oktober umfangreiche Dokumente, elektronische Daten und Mobiltelefone aus der Justizvollzugsanstalt beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden. Darüber hinaus sollen zahlreiche Zeugen vernommen werden. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsteam eingerichtet.

Eisenreich schloss seine Stellungnahme, in der er keine Fragen zuließ, mit den Worten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar – auch im Strafvollzug, und das ist die Verantwortung, vor der wir stehen.“

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RND/dpa

https://www.ln-online.de/panorama/moegliche-misshandlung-von-haeftlingen-augsburger-jva-leiterin-freigestellt-I3SFDIVZLNOBPKCLF5A3A2LH5I.html

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