Der französische Premierminister Lecornu kann vorerst aufatmen: Seine Regierung hat zwei Misstrauensvoten in der Nationalversammlung überstanden. Doch nun stehen schwierige Diskussionen über einen umstrittenen Sparhaushalt an.
Frankreichs neu ernannte Regierung hat zwei Misstrauensvoten in der Nationalversammlung überstanden. Laut der Präsidentin des französischen Parlaments, Yaël Braun-Pivet, erhielt ein erster Vorschlag der linkspopulistischen Partei LFI 271 Stimmen und blieb damit hinter den 289 Stimmen zurück, die für einen Sturz der Regierung erforderlich waren.
Eine vom rechten Rassemblement National beantragte zweite Abstimmung wurde mit 144 der 577 abgegebenen Stimmen von noch weniger Abgeordneten unterstützt.
Der neue Ministerpräsident Sébastien Lecornu hat damit das politische Überleben seiner erst am vergangenen Sonntag ernannten Regierung gesichert. Der Preis dafür waren Zugeständnisse an die Opposition: Am Dienstag kündigte er eine Aussetzung der umstrittenen Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron an. Die Sozialisten machten dies zur Bedingung für die Duldung der neuen Regierung. Auch die Konservativen hatten Lecornu im Vorfeld ihre Unterstützung zugesagt.
Streit um den Sparhaushalt
Der jüngsten Abstimmung gingen turbulente Wochen in der französischen Politik voraus. Im Streit um einen Sparhaushalt scheiterte Lecornus Vorgänger François Bayrou; er verlor Anfang September ein Misstrauensvotum. Macron ernannte Lecornu zum Premierminister, der nach nur vier Wochen im Amt nach einem internen Streit zurücktrat, von Macron aber wieder ins Amt zurückgeholt wurde.
Nach den Vertrauensvoten können Regierung und Parlament mit den schwierigen Diskussionen über einen Sparhaushalt beginnen, den der Ministerpräsident am Dienstag vorgelegt hat. Die Gewerkschaft CGT hat für den 6. November bereits Proteste angekündigt, da der Haushaltsentwurf ihrer Ansicht nach zu Lasten der Rentner im Land geht. In diesem Fall gibt es auch eine neue Debatte im Parlament darüber, was langfristig mit dem Rentensystem passieren wird.
Ein gelungener Neuanfang für Lecornu gilt als letzte Chance Macrons, seine bis 2027 laufende zweite Amtszeit ohne noch weitreichendere Reputationsverluste zu überstehen. In der jüngsten Krise geriet er verstärkt in die Kritik. Teile der Opposition fordern seinen Rücktritt, auch in seinen eigenen Reihen macht sich Unmut breit.
Fragmentiertes Parlament
Allerdings ist die politische Krise in Frankreich mit den gescheiterten Vertrauensvoten noch nicht grundsätzlich gelöst. Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer 2024 ist die Nationalversammlung in mehrere politische Blöcke gespalten, die jeweils nicht über eine regierungsfähige Mehrheit verfügen, die aber auch keine tragfähigen Bündnisse bilden und sich gegenseitig blockieren.
Koalitionen wie in Deutschland sind in Frankreich ungewöhnlich. Lecornu forderte die Parteien zu Kompromissen auf: „Unsere Aufgabe ist es, diese politische Krise, in der wir uns befinden, zu überwinden.“