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Francos frühere Ruhestätte bleibt umstritten

Francos frühere Ruhestätte bleibt umstritten

Stand: 12. Oktober 2025 15:26 Uhr

Spanien will sich mit der Franco-Diktatur auseinandersetzen und hat in den letzten Jahren viele Denkmäler und Statuen seiner Anhänger entfernt. Doch seine ehemalige Grabstätte sorgt weiterhin für Debatten.

Von Julia Macher, ARD Madrid

Das 150 Meter hohe Betonkreuz ist schon von weitem sichtbar. Es steht auf einem Felsen in der Sierra de Cuelgamuros im Nordwesten Madrids, über einer in den Berg gegrabenen Basilika. General Francisco Franco ließ das Ensemble 1959 als Denkmal für seinen Sieg im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) errichten.

Der spanische Diktator wurde hier bis 2019 unter einer einfachen Steinplatte vor dem Hauptaltar begraben. Der für den Betrieb der Basilika zuständige Benediktinerorden las für ihn täglich eine Messe.

Auch heute noch wird im Felsendom täglich eine Messe gelesen. Auf den Holzbänken der Kirche sitzen meist nicht mehr als ein bis zwei Dutzend Besucher. Viele zieht es aus Neugier hierher, manche aus Sympathie für den faschistischen General, der das Land von 1939 bis zu seinem Tod 1975 mit strenger Hand regierte.

Im Jahr 1936 führte General Franco einen Putsch gegen die linke spanische Regierung durch. Mit der Unterstützung Nazi-Deutschlands siegten seine Truppen im folgenden Bürgerkrieg. Seine Diktatur endete erst mit seinem Tod im Jahr 1975.

Umbettung und Umbenennung

Emilio Silvas Wut treibt ihn zum Felsendom. Der Präsident des Vereins Asociación para la recuperación de la Memoria Histórica (Verein zur Wiederherstellung des historischen Gedächtnisses) war einer der ersten, der eine kritische Bewertung der Franco-Diktatur in Spanien forderte. „Das Gebäude gehört nun offiziell dem spanischen Staat, strahlt aber immer noch die Symbolik der Diktatur aus“, sagt Silva. „Es sind immer noch die Faschisten, die es als ihr Eigentum betrachten.“

Mit zwei großen erinnerungspolitischen Initiativen in den Jahren 2007 und 2022 versuchte Spanien, einen neuen Umgang mit der Diktatur zu finden. Nach dem sogenannten Gesetz zur demokratischen Erinnerung soll das sogenannte „Valle de los Caídos“ („Tal der Gefallenen“) in eine Gedenkstätte für alle umgewandelt werden.

Francos sterbliche Überreste wurden umgebettet und das Ensemble in „Valle de Cuelgamuros“ umbenannt. Aber das reicht nicht, sagt Silva. Der Aktivist führt in die Seitenkapellen der Basilika. In den Nischengräbern des Tunnelgewölbes liegen die Überreste von mehr als 33.000 Toten des Bürgerkriegs. Sie wurden oft ohne oder sogar gegen den Willen ihrer Angehörigen begraben.

Franco wollte die Kirche als Mahnmal der Versöhnung stilisieren, als einen Ort, an dem die Opfer beider Seiten ruhen sollten. Dutzende Familien haben die Exhumierung ihrer Angehörigen beantragt, doch die Identifizierung der Überreste dauert lange. Ein Grund dafür: der Widerstand der Benediktinermönche, die sich jahrelang mit Klagen, Messen unter freiem Himmel und Blockadedrohungen gegen Eingriffe wehrten.

Die letzte Bastion der Nationaler Katholizismus

Emilio Silva ist nicht überrascht. „Die katholische Kirche war eine Stütze des Regimes und mitverantwortlich für die Repression“, sagt er. Die für die Basilika verantwortliche Klostergemeinschaft galt als äußerst konservativ und als letzte Bastion des sogenannten Nationalkatholizismus, einer religiös-nationalistischen Ideologie, die das Franco-Regime prägte. Das Denkmal könne nur dann zu einem demokratischen Mahnmal werden, wenn die Kirche es verlasse, sagt Silva.

Aber das ist unmöglich. Im Frühjahr 2025 einigte sich die Linkskoalition mit dem Vatikan: Die Benediktinermönche dürfen im Kloster bleiben und weiterhin Messen lesen.

Das Kreuz oberhalb des Valle de Cuelgamuros ist weithin sichtbar – es misst 152 Meter und ist das höchste freistehende Kreuz der Welt.

Zögerliche Neugestaltung

Um Ideen für einen angemessenen Umgang mit dem schwierigen Erbe zu finden, hat die Regierung einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Die Siegeridee wird dann im Laufe des nächsten Jahres umgesetzt. Dafür ist ein Budget von 30 Millionen Euro eingepreist.

Auch Antonio Cazorla Sánchez, Historiker an der Trent University in Kanada, kritisiert, dass die Wiedereinweihung des Franco-Denkmals so lange dauere. „Die Diktatur ist seit einem halben Jahrhundert vorbei. Und wir haben weder ein Museum noch eine angemessene Musealisierung des sogenannten Valle de los Caidos.“

Spanien schaffte es nicht, seine Diktaturvergangenheit angemessen zu vermitteln. „Dafür zahlen wir einen hohen Preis: den Aufstieg der Ultrarechten“, sagte der Historiker.

Im Jahr 2019 wurden Francos sterbliche Überreste in der Familiengruft in der Nähe von Madrid umgebettet. Seine Familie versuchte vergeblich, dies zu verhindern.

Die ultrarechte Vox als Profiteur?

Laut einer Umfrage der Tageszeitung El País würden derzeit 30 Prozent der Spanier unter 35 Jahren für die rechtsextreme Vox stimmen, Tendenz steigend. Die ultrarechte Partei verteidigt die Franco-Diktatur und sieht den umstrittenen Felsendom als „Symbol der christlichen Wurzeln Spaniens“.

Gemeinsam mit den Benediktinermönchen versuchte Vox, die Umgestaltungspläne zu stoppen – vergeblich. Die Ordensbrüder sehen die Pläne der Regierung weiterhin kritisch, doch der Ton im Streit ist nach dem Rücktritt des Priors der Gemeinschaft gemäßigter: Hinweise auf die Diktatur wurden inzwischen von der Website des Klosters und der Basilika gelöscht.

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