
Marburg. Es ist kalt geworden. Dicke Nebelschwaden ziehen durch die Marburger Innenstadt und hinterlassen glitzernden Tau auf Mattis Webers Baseballkappe. Er steht oft früh auf, um in seinen Bildern festzuhalten, wie sich Marburg zu dieser Jahreszeit in ein magisches Fotomotiv verwandelt. Er zeigt uns, wo der Herbst die Stadt besonders hervorhebt und gibt Tipps, wie auch Anfänger schöne Fotos der Jahreszeit machen können. Auf Instagram wurde der junge Fotograf unter dem Pseudonym „Mattis Underhill“ durch seine besonderen Fotos aus Marburg bekannt. Mittlerweile kann er von seinen Werken leben, indem er seinen Marburger Kalender, Postkarten und Auftragsarbeiten verkauft – doch wie kommt man vom Masterstudium der Linguistik zur Fotografie?
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Was fasziniert Sie an der Fotografie?
Mattis Weber: Das Faszinierende daran ist, diesen ganz spezifischen Blick in Fotos darzustellen, weil er etwas anderes ist als die Realität, die wir sehen. Für mich ist es faszinierend, einen ganz bestimmten Ausschnitt zu finden, der Teil der Realität ist, der aber meine Perspektive darauf zeigt und den ich bei Bedarf so verändern kann, dass er für mich künstlerisch ist, mich berührt oder mir etwas Neues zeigt. Es geht also darum, die Realität zu verdichten oder auf einen bestimmten Ausschnitt zu erweitern. Ich kann auch mit sehr weitwinkligen Objektiven filmen oder fotografieren und habe dadurch einen Ausschnitt, der viel weiter ist als der Blickwinkel des Auges. Und so versuche ich, in meinen Bildern etwas zu zeigen, das berührt, neu oder einfach aufregend ist. Das ist für mich das Coole an der Fotografie.
Wie bist du dazu gekommen?
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Naja, irgendwann hatte ich einen kleinen ferngesteuerten Helikopter. Ich war so begeistert, dass ich mir eine Drohne mit Kamera gekauft habe. Das gab mir eine völlig neue Perspektive auf die Welt. Ich fand es super spannend und bin mit der Zeit immer besser darin geworden. Und irgendwann wollte ich dann wirklich lernen, wie man fotografiert. Und dafür braucht es einfach eine Kamera. Dann habe ich es gekauft und richtig losgelegt.
Was hast du vorher gemacht?
Ich bin vor acht Jahren nach Marburg gekommen und habe hier Sprach- und Kommunikationswissenschaften im Bachelor studiert. Parallel zu meinem Masterstudium habe ich angefangen zu fotografieren. Ich habe auch mein Masterstudium abgeschlossen. Aber die Fotografie ist zu einem immer größeren Teil meines Lebens geworden. Und irgendwann hat es völlig die Oberhand gewonnen.
Und dann hast du gesagt: Schmeiße den Master ab, aber jetzt mache ich es beruflich?
Genau, das Lernen war wirklich cool. Ich habe danach auch eine Zeit lang in diesem Bereich gearbeitet. Und das hat Spaß gemacht. Aber es war und ist nicht diese Leidenschaft, die ich für die Fotografie hege. Also diese maximale Kreativität, die ich da rausholen kann. Und dass ich gerne Fotos mache oder einen Kalender gestalte. Es macht mir einfach sehr viel Spaß und gibt mir viel. Und zwar anders, als es bei meinem Studium der Fall war.
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Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der mit dem Fotografieren beginnen möchte? Vor allem, wenn es jetzt im Herbst ums Fotografieren geht.
Tipp Nummer eins ist auf jeden Fall, so oft wie möglich rauszugehen und Fotos zu machen. Alles mitnehmen, ausprobieren. Probieren Sie etwas mit anderen Belichtungszeiten, neuen Motiven oder anderen Brennweiten aus. Probieren Sie also einfach viel Neues aus und hören Sie dabei nicht auf. Im Herbst unbedingt früh aufstehen, da morgens Nebel herrscht. Und dieser Nebel sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre. Wenn dann auch noch Sonnenschein vorhanden ist, hat man alle Voraussetzungen für ein richtig tolles Foto. Für mich ist der Herbst eindeutig mit Natur und Bäumen verbunden. Gehen Sie also irgendwohin, wo es noch bunte Bäume gibt und die Blätter noch golden sind.
Die Leute sagen immer, dass es das Beste ist, sein Hobby zum Beruf zu machen. Ist es so? Oder verlieren Sie dadurch vielleicht etwas?
Also ja, es ist sehr schön. Aber ein Job beinhaltet auch viele Dinge, die man einfach erledigen muss. Manchmal gibt es ein Shooting oder ein Shooting, das eigentlich nicht so viel Spaß macht. Und ab und zu fragt man sich, mein Gott, was mache ich eigentlich hier? Ich habe aber auch Karten in der Stadt Marburg, in zehn oder zwölf Geschäften und mache Kalender. Das ist immer ein großes Geschäft, besonders zu dieser Jahreszeit. Und auch eine Zeitaufgabe. Deshalb achte ich immer darauf, dass ich eine gute Balance finde zwischen meinen eigenen Projekten, die mir Spaß machen, und der Arbeit für andere, mit der ich natürlich etwas verdienen kann.
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Gibt es eine Geschichte, die Sie beim Fotografieren erlebt haben und die Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?
Eines meiner Lieblingsbilder habe ich an der Kugelkirche gemacht. Es war auch ein nebliger Herbstmorgen. Das wäre vor drei Jahren gewesen. In diesem nebligen Ambiente der Kugelkirche habe ich ein wirklich tolles Foto einer Frau in gelber Outdoorjacke mit zwei Hunden gemacht. Ich hatte dann eine Ausstellung in der Oberstadt und habe dieses Bild dort aufgehängt. Und dann kam diese Frau mit ihrer gelben Jacke und zwei Hunden herein, genau wie auf dem Bild, und sagte: „Ah, das bin ich!“ Sie fand das Bild so toll, dass sie es in voller Größe kaufen wollte. Ich war ihr damals super dankbar für das tolle Bild, das es in meinen Kalender geschafft hat. Ich habe herausgefunden, dass sie in der Oberstadt ein Geschäft hat. Und dann habe ich ihr dieses Bild im Großformat geschenkt. Sie war wirklich glücklich und ist jetzt meine Friseurin.
Ich mag es immer, ein paar Menschen auf dem Bild zu haben, einfach um den Zusammenhang zwischen Größe zu zeigen und auch um einen emotionalen Bezugspunkt im Bild zu haben. Und manchmal schreiben mir Leute: „Hey, das bin ich.“ Kannst du mir das Bild schicken?“ Oder: „Oh mein Gott, ich würde wirklich gerne irgendwie auf dem Bild von dir sein.“ Das ist immer sehr schön.
OP
https://www.op-marburg.de/lokales/marburg-biedenkopf/marburg/fotograf-mattis-weber-gibt-tipps-fuer-den-herbst-in-marburg-Z577YD3TRNHEHA2XREPW2MW7JM.html