taz | Der Druck auf die Berliner CDU steigt: Die Berliner Staatsanwaltschaft könnte bald in den Förderskandal um die fragwürdige Mittelvergabe zur Antisemitismusbekämpfung verwickelt werden – der Anwalt Moheb Shafaqyar hat gegen die Christdemokraten Joe Chialo, Christian Goiny und alle weiteren Mitverantwortlichen Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue gestellt. Linke und Grüne im Repräsentantenhaus sind bereits dabei, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. Auch der Landesrechnungshof wurde gebeten, den Sachverhalt zu untersuchen.
Es bestehe ein „dringender Anfangsverdacht einer Straftat“, heißt es in der Strafanzeige von Shafaqyar, die der taz vorliegt. Es ist auch von einer „absichtlichen Umgehung verfassungsrechtlicher Kontrollmechanismen“ die Rede, die das Vertrauen der Bürger in die Integrität ihrer gewählten Vertreter untergräbt. Auch die mutmaßliche Veruntreuung von Geldern, „die für den wichtigen Kampf gegen Antisemitismus bestimmt waren“, stelle einen „besonderen moralischen Fehltritt“ dar.
Kuriose Mittelzuweisung
Der frühere Kultursenator Joe Chialo soll in seiner Amtszeit Druck auf seine Regierung ausgeübt haben, trotz teils massiver Bedenken ohne entsprechende Prüfung Gelder für bestimmte Projekte bereitzustellen, die der Bekämpfung des Antisemitismus dienen sollten. Auch Chialos Nachfolgerin, die unabhängige Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson, missachtete auf diese Weise geltende Normen. Die Liste der zu fördernden Projekte soll unter anderem von Christian Goiny, dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, zusammengestellt worden sein.
Goiny muss sein Mandat und seine Ämter niederlegen
Moheb Shafaqyar, Anwalt
Wie die taz und die Tagesspiegel Wie bereits berichtet, wecken einige Projekte selbst auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Antisemitismusarbeit und dem Umgang mit den erhaltenen Geldern. Darunter sind das Immobilienunternehmen „FaBlhaft“, das 39.000 Euro erhalten haben soll, und ein Projekt namens „Mosaik GCB“, dessen Website kaum mehr als ein paar KI-generierte Bilder im Filmplakat-Stil enthält. Mosaik GCB wurde für rund 90.000 Euro genehmigt. Auf Nachfrage der taz erklärt der als Geschäftsführer aufgeführte Mark Pinhasov, dass sich eine Zeichentrickserie namens „Jojo und Simha: Exploring Berlin“ noch in den ersten Produktionsschritten befinde.
Die Tatsache, dass Pinhasovs Name in drei der geförderten Projekte auftaucht, wirft noch mehr Fragen auf. Seine Kollegin Maral Salmassi vom „Zera-Institut“, das wiederum stolze 390.000 Euro Fördergelder erhielt, sitzt zufällig mit Christian Goiny im Vorstand der CDU Lichterfelde. Mit dem Mann, der die Liste der zu fördernden Projekte überhaupt erst erstellt haben soll.
Staatsanwaltschaft in Bewegung
Rechtsanwalt Shafaqyar erwarte von der Generalstaatsanwaltschaft „keine Zurückhaltung“, insbesondere wenn es um Politiker in hohen Ämtern gehe, erklärt er im Interview mit der taz. Er hofft, dass Beweise schnell gesichert werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Auch Shafaqyar fordert von der CDU Konsequenzen: „Goiny muss sein Mandat und seine Ämter niederlegen“, glaubt er.
Er kann noch nicht abschätzen, was von den geförderten Projekten zu erwarten ist. Sollte sich die Förderung jedoch als illegal erweisen, müsste die Förderung gestrichen und die Projekte zumindest zur Rückzahlung der Gelder aufgefordert werden, sagte Shafaqyar.
