Stand: 20. Oktober 2025 14:49 Uhr
Tierschützer machten 2018 Tierquälerei in einem Schlachthof in Bad Iburg öffentlich. Die Verantwortlichen zogen vor Gericht. Am Montag begann ein weiterer Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer – dieses Mal wegen Betrugs.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Oldenburg soll der Mann in mehr als 100 Fällen Fleisch weiterverkauft haben, das von kranken Kühen stammte und für den menschlichen Verzehr ungeeignet war. Dabei soll er einen Erlös von rund 380.000 Euro erzielt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm daher gewerbsmäßigen Betrug und Verstoß gegen das Lebensmittelrecht vor. Zu Beginn des Prozesses am Landgericht Bad Iburg (Landkreis Osnabrück) bestritt der Angeklagte alle Vorwürfe. Der frühere Geschäftsführer sagte am Montag vor Gericht, dass die Ware nur zum Verzehr bereit sei. Er hatte der Verlesung der Anklage aufmerksam zugehört, jedoch ohne sichtbare Emotionen.
Vorwurf: Tiere wurden nicht auf Krankheiten untersucht
Laut Lebensmittelgrundverordnung müssen Tiere vor der Schlachtung einer sogenannten Lebenduntersuchung unterzogen werden. Ziel ist die Erkennung von Krankheiten. Erst dann wird entschieden, ob das Tierfleisch für den menschlichen Verzehr freigegeben werden darf. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fanden diese Ermittlungen überhaupt nicht oder nur sehr sporadisch statt. Dennoch wurde das Fleisch der erkrankten Tiere mit einem sogenannten Fitnessstempel weiterverkauft. Zu Beginn des Prozesses gab der Angeklagte an, vom Landkreis Osnabrück sei ihm mitgeteilt worden, dass die Tierärzte nicht ständig anwesend sein müssten. Stattdessen untersuchten die Tierärzte nach der Schlachtung das Fleisch und die Organe der Kühe und anschließend wurde das Fleisch mit einem Stempel versehen. Wann und wie der Bezirk ihm diese Weisungen erteilt haben soll, konnte der Angeklagte vor Gericht nicht konkretisieren.
Der erste Prozess warf Fragen zu Ermittlungen auf
Im ersten Prozess gegen den ehemaligen Schlachthofleiter wegen Tierquälerei seien Fragen zur Durchführung der Live-Shows aufgekommen, sagte eine Sprecherin des Landgerichts. Die Ermittlungen wurden daher wieder aufgenommen. Erst jetzt – rund sieben Jahre nach Bekanntwerden der Vorfälle – gibt es einen Prozess wegen Betrugs. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten auch gegen die beiden Tierärzte, die das Vieh untersuchen sollten. Nach Angaben des Landgerichts wird sich erst nach Abschluss des Prozesses gegen den Mann entscheiden, ob auch ihr der Prozess gemacht wird.
Tierschützer filmten die Folter heimlich

Bei einem früheren Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer protestierten Tierschützer vor dem Landgericht Bad Iburg.
Die Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“ machte 2018 die Fälle von Tierquälerei im Schlachthof Bad Iburg öffentlich. Sie legte den Ermittlern Hunderte heimlich aufgenommene Videosequenzen vor. Was zu sehen ist: Kranke oder verletzte Tiere, die mit Eisenstangen geschlagen, mit Elektroschocks versehen oder mit Winden ohne Betäubung aus den Anhängern gezogen wurden. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen mehr als 40 Personen, darunter Mitarbeiter des Schlachthofs sowie Unternehmer und Fahrer von Tiertransportern.
Urteil wegen Tierquälerei, Tierärzte freigesprochen
Der frühere Geschäftsführer des Schlachthofs soll in rund 60 Fälle von Tierquälerei verwickelt gewesen sein. Das Landgericht Bad Iburg verurteilte ihn 2022 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von 3.000 Euro. Die Tierärzte wurden im ersten Prozess mangels Beweisen vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen. Bei einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht drohen dem ehemaligen Geschäftsführer laut einer Gerichtssprecherin Haftstrafen zwischen einem und bis zu zehn Jahren.