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Film „Stiller“ nach Max Frisch: Stillers Neid

Stiller ist ein Filmder aus der Gegenwart, in der er spielt, immer wieder in die Vergangenheit zurückreist. Um dem Publikum dieses Prinzip zu verdeutlichen, wählt sein Regisseur Stefan Haupt das Mittel der Verfärbung. Die Gegenwart spielt sich in Farbe ab, die Vergangenheit in Schwarz-Weiß. Dies ist eine ziemlich abgedroschene Strategie zur Strukturierung der zu erzählenden Zeit. Es hat jedoch den Vorteil, dass man damit auch komplexe Romane lesen kann, wie z Stiller von Max Frisch, in weniger als zwei Stunden fertig.

In den farbigen Passagen geht es darum, dass ein Schweizer namens Anatol Stiller behauptet, er sei nicht Stiller, sondern ein anderer Mann, nämlich der Amerikaner James White. Dies behauptet er auch gegenüber seiner Frau Julika, die er vorgibt, nicht zu kennen und die darüber fast verzweifelt ist. Die schwarz-weißen Passagen hingegen zeigen, wie Anatol Stiller und Julika sich einst trafen, liebten und ihnen das Leben schwer machten. Der Film bezieht seine Spannung (die durch bange Musik gesteigert wird) aus der Frage, wie lange es dauern wird, bis White endlich zugibt, dass er Stiller ist. Und vor allem möchte man als Zuschauer wissen, wann die beiden, Stiller und Julika, einander wieder in die Arme fallen. Die Frage, warum der Europäer Stiller sein altes Leben aufgab und in den Schutzmantel einer neuen, amerikanischen Existenz schlüpfte, wird nur gestreift: Er ist offensichtlich ein schwieriger Mensch, ein Künstler, der an sich selbst zweifelt, was uns der Film mit Szenen verdeutlicht, in denen Stiller Skulpturen zerschmettert, die er in seiner Schwarz-Weiß-Zeit einst selbst angefertigt hat. Die noch wichtigere Frage, warum er Julika überhaupt verlassen hat und nun verleugnet, wird mit Stillers Neid, Eifersucht und dem Wunsch nach Anerkennung beantwortet: Er konnte es nicht ertragen, dass seine Frau, eine Tänzerin, auch als Künstlerin erfolgreich war.

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