FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai schließt einen Zusammenbruch der Ampelregierung in dieser Woche nicht aus. Auf die Frage, ob der Koalitionsausschuss am Mittwoch zu Ende sein könnte, sagte er am Montag: „Wir werden sehen.“ Notwendig ist eine grundsätzliche wirtschaftspolitische Entscheidung.
Der FDP-Vorsitzende und Finanzminister Christian Lindner habe konkrete, umsetzbare und finanzierbare Vorschläge für einen Kurswechsel gemacht, sagte Djir-Sarai. Diese Ideen sollen auch Grundlage für die gemeinsamen Gespräche am Mittwoch mit SPD und Grünen sein und dort ausgewertet werden.
„Die Kanzlerin und der Bundesfinanzminister haben versichert, dass es bis Mittwoch keine Spontanentscheidung geben wird. „Das wird intensiv besprochen und dann am Mittwochabend dem Koalitionsausschuss vorgelegt“, sagte er. Der Koalitionsausschuss solle gemeinsame Antworten finden. Gefragt sind eine wirtschaftliche Wende und konkrete Entscheidungen in naher Zukunft.
Ende letzter Woche forderte Lindner in einem Grundsatzpapier eine Neuausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das Papier fasst weithin bekannte FDP-Positionen zusammen, befeuert aber den Streit um die Ausrichtung der Koalition. Es wurde am Montag vom Präsidium einstimmig unterstützt. Djir-Sarai betonte zudem, dass Deutschland unabhängig vom Ausgang der US-Wahl eine stabile Regierung brauche.
„Es ist höchste Zeit, dass die richtigen politischen Weichen für mehr Wachstum gestellt werden. Wir brauchen die wirtschaftliche Wende. „Unser Land ist seit über zehn Jahren in der Wettbewerbsfähigkeit zurückgefallen“, sagte er. „Um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müssen wir wieder stärker auf marktwirtschaftliche Prinzipien setzen.“
Scholz glaubt an den Fortbestand der Koalition
Bundeskanzler Olaf Scholz ist zuversichtlich, dass die Ampelregierung bis zum regulären Wahltermin am 28. September 2025 zusammenhalten wird. „Ich gehe davon aus, dass diese Regierung bis zum regulären Wahltermin der Bundestagswahl im nächsten Jahr konstruktiv zusammenarbeiten wird“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin.
Auf Nachfrage betonte Hebestreit, dass dies auch die Meinung der Kanzlerin sei. Angesprochen auf den Koalitionsausschuss aus SPD, Grünen und FDP fügte Hebestreit hinzu, dass es der Kanzlerin darum gehe, die deutsche Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Vor dem Koalitionsausschuss wird es am Mittwochabend mehrere Dreiergespräche zwischen Bundeskanzler Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) geben.
Ziel der intensiven Gespräche ist auch die Finalisierung des Budgets 2025. Die Haushaltsanpassungssitzung im Bundestag ist für Donnerstag nächster Woche geplant. „Bis dahin brauchen wir diese Lösung noch und darüber reden wir jetzt“, sagte Hebestreit. Es seien keine Pläne bekannt, die Anpassungssitzung zu verschieben, sagten sowohl Hebestreit als auch Finanzminister Lindners Sprecher Fabian Leber.
Angesichts des wirtschaftspolitischen Streits hatte SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil zuvor die Ampelparteien zum gemeinsamen Kampf gegen die Wirtschaftskrise aufgerufen. „Es darf keine Tabus geben“, sagte er am Montag der „Augsburger Allgemeinen“. Es geht nicht um Parteiinteressen, sondern um das Land und die Rettung von Arbeitsplätzen.
Kritik am Alleingang der Kanzlerin beim Industriegipfel wies der SPD-Vorsitzende zurück. „Wenn der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sagt, ich rette Industriearbeitsplätze in diesem Land, dann braucht er dafür keine Erlaubnis“, sagte er. Es ist richtig, dass die Kanzlerin hier eine klare Priorität gesetzt hat. „Und ich erwarte von allen, dass sie diese Priorität anerkennen und ihn dabei unterstützen“, appellierte Klingbeil an seine Koalitionspartner. Er geht davon aus, dass Lindner dies im Zweifel auch so sehen wird. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein liberaler Finanzminister sagen würde, es sei ihm egal, was mit den Unternehmen, der Wirtschaftskraft oder den Arbeitsplätzen in der Industrie in diesem Land passiert.“
Lindner und Scholz hatten am vergangenen Dienstag getrennte Treffen mit Wirtschaftsvertretern. Am Freitag wurde das Konzeptpapier des Bundesfinanzministers und FDP-Chefs Lindner mit Forderungen nach einer „wirtschaftlichen Wende“ bekannt.
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/fdp-generalsekretaer-laesst-fortbestand-der-ampel-koalition-offen-110088093.html