Ab Montag soll es an allen deutschen Grenzen stichprobenartige Kontrollen geben – ohne lange Staus und in enger Abstimmung mit unseren Nachbarn, wie Innenminister Faeser versichert. CDU-Chef Merz fordert eine Überprüfung noch Ende des Jahres.
Einen Tag vor Beginn der erweiterten Grenzkontrollen am Montag verteidigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Maßnahme noch einmal. Ziel sei es, „irreguläre Migration weiter zu reduzieren, Schleppern das Handwerk zu legen, Kriminellen das Handwerk zu legen, Islamisten zu identifizieren und zu stoppen“, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag.
Mit Blick auf die Kritik etwa aus Polen sagte sie: „Wir unternehmen keine nationalen Alleingänge, die Europa zerstören würden, sondern handeln in enger Abstimmung mit unseren Nachbarn.“
Dank stichprobenartiger Kontrollen werde es an den Grenzen keine langen Warteschlangen geben, versicherte Faeser. „Keine langen Staus, sondern smarte Kontrollen, wie es die aktuelle Situation erfordert.“
Scholz: Wir können uns nicht auf alle Nachbarn verlassen
Bundeskanzler Olaf Scholz begründete den Ausbau der Grenzkontrollen damit, dass andere EU-Staaten ihren Verpflichtungen aus dem sogenannten Dublin-System nicht nachkämen. „Wir werden uns selbstverständlich an europäisches Recht halten, aber wir haben trotzdem die Grenzkontrollen verstärkt. Das ist auch notwendig“, sagte Scholz im brandenburgischen Prenzlau bei einem Bürgerdialog als SPD-Bundestagsabgeordneter als Reaktion auf die Kritik einiger EU-Nachbarstaaten, die Deutschland Alleingänge vorwarfen und das Schengen-System unterminierten.
„Leider können wir uns nicht darauf verlassen, dass alle unsere Nachbarn ihre Aufgaben so erledigen, wie sie es sollten. Das ist ein Teil der Wahrheit“, sagte die Bundeskanzlerin.
Die allermeisten Flüchtlinge gelangen über den Landweg an die deutsche Grenze und durchqueren dabei eine ganze Reihe europäischer Länder, in denen sie ihren Schutzantrag hätten stellen müssen. „Und in diesen Fällen müssen wir sagen: ‚Bitte lasst uns das Verfahren dort durchführen, wo ihr es tatsächlich machen müsst'“, sagte Scholz. Dies werde nun mit mehr Grenzkontrollen versucht, was „natürlich zu Unannehmlichkeiten führt“, fügte er mit Blick auf den Grenzverkehr hinzu.
Kontrollen für einen ersten Zeitraum von sechs Monaten
Faeser hat angeordnet, dass es ab Montag an allen deutschen Landgrenzen Kontrollen geben wird, um die Zahl der illegalen Einreisen weiter zu senken. Die zusätzlichen Kontrollen sollen zunächst sechs Monate dauern. Betroffen sind davon die Grenzen zu Frankreich, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg.
An den Grenzen zu Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es bereits solche Kontrollen. Und auch an der Grenze zu Frankreich wurden jüngst Kontrollen eingeführt, die die Bundesregierung unter anderem mit den Olympischen Spielen begründete.
Merz fordert Bilanz zum Jahresende
CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz forderte, die Wirksamkeit der Grenzkontrollen zu überprüfen. „Ich erwarte von der Bundesregierung Ende des Jahres eine ehrliche Bilanz, ob die von ihr getroffenen Maßnahmen die Zahl der irregulär einreisenden Migranten spürbar reduziert haben“, sagte er der Bild am Sonntag. Er beharrte weiterhin auf seiner Forderung nach Zurückweisungen an den Grenzen – nur diese hätten „eine unmittelbare Wirkung“.
Ein gemeinsames Treffen von Regierung, Union als größter Oppositionskraft im Bundestag und Ländern zur Migrationspolitik ist am Dienstag gescheitert. Die Union beharrt auf flächendeckenden Zurückweisungen von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen – nach Ansicht der Bundesregierung wäre dies europarechtlich nicht zulässig.