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Experte gibt Details zur neuen E-Auto-Förderung

Experte gibt Details zur neuen E-Auto-Förderung

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wurde am Donnerstagnachmittag nach dem Autogipfel von einem Journalisten gefragt, ob es im Jahr 2035 noch zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor komme. Merz blickt kurz auf seinen Schreibtisch und antwortet dann, dass aus seiner Sicht „kein harter Schnitt“ möglich sein werde. Das heißt aber nicht, dass wir auf alte Technologien zurückgreifen wollen. Sie wollen Elektromobilität und Klimaneutralität, aber nicht zu einem „unrealistischen Termin“, betonte die Kanzlerin, nachdem sie zwei Stunden lang mit Vertretern der Automobilindustrie über die Lage und Zukunftsaussichten der Branche diskutiert hatte.

Volkswagenwerk in Zwickau

Mit dabei waren neben Merz auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD), IG-Metall-Chefin Christiane Benner und die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, sowie weitere Manager aus der Automobilindustrie und Betriebsratsmitglieder. Die Branche sorgte zuletzt mit massiven Stellenkürzungen und sinkenden Marktanteilen für Schlagzeilen. „Die Lage ist dramatisch“, sagte Klingbeil nach dem Gipfel. Wir stehen unter großem Druck und deshalb sind jetzt politische Entscheidungen erforderlich. Klingbeil selbst sagte, dass sie „nicht mit dem Kopf gegen die Wand schlagen wollen“.

Autogipfel: Am Ende des Verbrennungsmotors zeichnete sich eine gemeinsame Koalitionslinie ab

Insbesondere das EU-Neuzulassungsverbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 spaltete die Koalition zuletzt. Erst am Morgen – nach dem Koalitionsausschuss und vor dem Autogipfel – betonte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch einmal, dass die Brüsseler Regelung weg müsse, während vor allem die SPD darauf beharrte, daran festzuhalten.

Nun könnte sich innerhalb der Koalition eine gemeinsame Linie herausbilden. Inzwischen ist die Berücksichtigung von Plug-in-Hybriden und Elektrofahrzeugen mit Range Extender in der Brüsseler Gesetzgebung im Gespräch. Auch die EU könnte den Automobilherstellern bei ihren CO₂-Zielen entgegenkommen, wenn sie grünen Stahl verwenden, der überwiegend in Europa produziert wird. Nach dem Gipfel sagte VDA-Präsident Müller, dass die diskutierten Flexibilitätsoptionen ein positives Signal seien. Bußgelder für Hersteller müssen auf jeden Fall vermieden werden.

Autogipfel: Industrie will schnelle Details zur neuen E-Auto-Förderung

Schon vor dem Gipfel waren sich Merz, Klingbeil & Co. einig, den Kauf von Elektroautos wieder fördern zu wollen. In ihrer Stellungnahme nach dem Gipfel betonte VDA-Präsidentin Müller, dass nun zügig Details vorgelegt werden müssten, um eine Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu vermeiden. Doch ein fertiges Konzept hat die Koalition noch lange nicht.

Sicher ist, dass es keine klassische Kaufprämie geben wird – wie es sie bis Ende 2023 gab. Stattdessen einigten sich die Koalitionsspitzen am Abend vor dem Autotreffen bei Merz auf „gezielte Unterstützung, insbesondere für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen“.

Für das Förderprogramm von 2026 bis einschließlich 2029 sollen Milliardenbeträge bereitgestellt werden. Ein großer Teil soll aus dem EU-Klimasozialfonds kommen. Hinzu kommen insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds.

Autogipfel: Experte nennt Option für Finanzierungsstruktur

Autoexperte Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) sieht Licht und Schatten. „Grundsätzlich sollten Prämien der Vergangenheit angehören, denn dadurch würden Autokunden benachteiligt, die bereits ein Fahrzeug gekauft haben, denn Prämien haben immer einen indirekten Einfluss auf den Restwert des Fahrzeugs“, sagte Reindl dieser Redaktion. Mit Blick auf die mögliche Ausgestaltung der Förderung gibt der Gutachter erste Hinweise.

Laut Reindl sind die Mittel aus dem EU-Sozialfonds ausdrücklich für die Unterstützung gefährdeter Haushalte und kleiner Unternehmen vorgesehen. „Also weg von der ‚Gießkanne‘, hin zu sozialverträglichen Instrumenten“, erklärte er weiter. Als Beispiel nannte er das in Frankreich erprobte Social-Leasing-Modell. Dort können einkommensschwache Haushalte mit staatlicher Unterstützung Elektrofahrzeuge ab 100 Euro im Monat leasen. Erst in diesem Jahr wurde das Programm erweitert. Dies lässt sich auf Deutschland übertragen: „Der Anspruch muss für Haushalte bis zu festgelegten Einkommensgrenzen gelten, mit gedeckelten monatlichen Raten, nur für rein batterieelektrische Fahrzeuge, mit Preis-/Effizienzgrenzen und Mindestreichweite“, sagte Reindl.

Autogipfel: Regierung verspricht Verbrauchern mehr Transparenz bei der Preisgestaltung

Nähere Angaben machte die Koalition allerdings zunächst nicht, auch nicht mit Blick auf die mögliche Grenze der anrechenbaren Haushaltseinkommen. Gut für Verbraucher, die noch über den Kauf eines Elektroautos nachdenken: Die Klingbeil-Initiative, die Steuerbefreiung für Elektroautos ab 2030 um fünf Jahre zu verlängern, ist sich einig. Die Regierung hatte sich außerdem bereits auf bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge geeinigt, die als Dienstwagen genutzt werden. Die Sache bleibt bei der Ladeinfrastruktur.

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Der Ausbau soll beschleunigt werden, was in der Vergangenheit immer betont wurde. Und die Preise sollen für Verbraucher transparenter werden. Aus Koalitionskreisen war zu hören, dass sie an strengeren Anforderungen an Anbieter arbeiten, ihre Preise sichtbar zu machen. So könnten E-Auto-Fahrer bald per App sehen, wo in ihrer Gegend der Ladestrom aktuell am günstigsten ist.

Autogipfel: Kritik von FDP und BSW

Aus der FDP gab es nach dem Gipfel Kritik. Liberaler Parteichef Christian Dürr sagte dieser Redaktion, dass Friedrich Merz an die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erinnere. Strukturelle Probleme würden mit Steuergeldern vertuscht. Seiner Ansicht nach wird die SPD mit einkommensabhängigen Kaufprämien für Elektroautos „eingekauft“.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht forderte Merz auf, bei einem Verbot von Verbrennungsmotoren notfalls im Alleingang vorzugehen. „Die deutsche Automobilindustrie ist Weltklasse, wenn es um Verbrennungsmotoren geht. Das kann man nicht ruinieren. Keine Ideologie, kein Zwang zum Elektroauto, sondern Entscheidungsfreiheit für Unternehmen und Verbraucher“, forderte sie. Durch die Produktion spritsparender Autos würde ein wesentlich größerer Beitrag für Umwelt und Klima geleistet, die lokale Industrie mit ihrem einzigartigen Know-how und Hunderttausende gut bezahlter Arbeitsplätze könnten erhalten bleiben.

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