
Die Regeln des EU-Stabilitäts- und Wachstumspakts werden regelmäßig verletzt, im vergangenen Jahr von mehr als der Hälfte der EU-Mitglieder. Deutschland hat zumindest gegen die Schuldenquotenregel verstoßen.
Mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten haben im vergangenen Jahr gegen ihre selbst auferlegten Regeln zu Haushaltsdefiziten und Staatsschulden verstoßen. Wie Daten des EU-Statistikamtes Eurostat zeigen, gaben die meisten der 27 EU-Länder mehr Geld aus, als sie einnahmen.
Ausnahmen bildeten Luxemburg, Griechenland, Zypern, Dänemark, Irland und Portugal. Bezogen auf ihre Wirtschaftsleistung wiesen zwölf Mitgliedsstaaten bezogen auf ihre Gesamtwirtschaftsleistung ein Defizit von drei Prozent oder mehr auf und lagen damit über den geltenden Obergrenzen. Den Daten zufolge wies Rumänien im Jahr 2024 mit 9,3 Prozent das höchste Defizit auf. Laut Eurostat betrug das Defizit Deutschlands 2,7 Prozent.
Gleichzeitig hatten zwölf EU-Länder im vergangenen Jahr eine Schuldenquote von mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die höchsten Schuldenquoten gab es laut Eurostat in Griechenland (154,2 Prozent), Italien (134,9 Prozent) und Frankreich (113,2 Prozent). Laut Eurostat lag die Schuldenquote Deutschlands im Jahr 2024 bei 62,2 Prozent.
Kriterien sollen Stabilität und Wachstum gewährleisten
Die europäischen Schuldenregeln, auch Stabilitäts- und Wachstumspakt genannt, gelten für alle EU-Mitgliedstaaten. Die Regeln sehen unter anderem vor, dass das Haushaltsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleiben muss. Gleichzeitig darf der Schuldenstand eines Mitgliedsstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten.
Die Kriterien sollen eine moderate Haushaltspolitik gewährleisten, die ein gesundes Wirtschaftswachstum in der EU ermöglicht. Schuldenprobleme belasten nicht nur die Währungen in der EU, sondern durch steigende Zinsen auch direkt die wirtschaftliche Entwicklung.
Mehrere Defizitverfahren laufen
Wer die Schuldengrenzen überschreitet, riskiert ein Strafverfahren. Gegen die hochverschuldeten Länder Frankreich und Italien sowie einige weitere EU-Staaten laufen derzeit Defizitverfahren. Der aktuelle Fokus liegt vor allem auf Frankreich, wo Reformversuche mehrerer Regierungen an den politischen Kräfteverhältnissen gescheitert sind.
Seit Inkrafttreten des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 1997 kam es mehrfach zu Regelverstößen. Aufgrund der Corona-Krise und der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die Defizitverfahren vorübergehend vollständig ausgesetzt. Im vergangenen Jahr wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt reformiert, um den betroffenen Staaten mehr Flexibilität zu geben.
