Europas Hoffnung in Schwierigkeiten – weil BMW einen Mega-Auftrag stornierte

  1. Heim
  2. Geschäft

Europas Hoffnung in Schwierigkeiten – weil BMW einen Mega-Auftrag stornierte
Batterien für Elektroautos werden noch immer oft aus Asien bestellt. (Archivbild) © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Der schwedische Batteriezellenhersteller Northvolt schraubt seine Expansionspläne zurück. Ein herber Rückschlag für die europäische Branche.

Stockholm – Die europäische Batterieindustrie steht vor einer Herausforderung: Der schwedische Batteriezellenhersteller Northvolt muss seine Expansionspläne aufgrund rückläufiger Aufträge und Schwierigkeiten bei der Produktionssteigerung zurückschrauben. Das dämpft die Erwartungen an eine europäische Alternative zu den dominierenden chinesischen Batteriezellenunternehmen.

Fast alle Akkus für Elektroautos kommen aus China – Northvolt soll das ändern

Branchenexperten befürchten, dass die Elektroautoindustrie weiterhin von Zulieferern aus China abhängig bleibt. Sie sehen in Northvolt einen wichtigen Player für die Branche. Ein Scheitern des Unternehmens wäre ein schwerer Schlag für die europäische Industrie in ihren Bemühungen, sich von China zu lösen, sagt Evan Hartley, Analyst bei Benchmark Mineral Intelligence. Andy Leyland, Mitgründer des Supply-Chain-Spezialisten SC Insights, betont die Bedeutung von Northvolt – kein anderes europäisches Unternehmen sei so weit fortgeschritten wie die Schweden.

Northvolt, angeführt vom ehemaligen Tesla-Mitarbeiter Peter Carlsson, hat den Anspruch, die umweltfreundlichsten Batterien der Welt herzustellen. Produktionsprobleme und ein verlorener Auftrag bremsten das Unternehmen jedoch aus. Am Montag (9. September) kündigte Carlsson unter anderem an, die Produktion des für die Batterien benötigten Kathodenmaterials einzustellen. Für das Werk in Danzig, in dem Batteriezellen zu fertigen Modulen zusammengefügt werden, soll ein Investor gefunden werden. Der Verzicht auf die Produktion des Kathodenmaterials sei ein weiterer Rückschlag für Europa, sagt Benchmark-Experte Hartley.

BMW storniert Großauftrag bei Northvolt – Probleme bei Produktionssteigerung

Ob auch andere Standorte von der Umstrukturierung betroffen sind, ließ Northvolt zunächst offen. An der geplanten Fabrik im schleswig-holsteinischen Heide hält das Unternehmen fest, es könne aber zu Verzögerungen kommen. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein rechnet nicht mit Änderungen am Projekt. Northvolt habe sich klar zum Standort bekannt und die Arbeiten vor Ort würden fortgesetzt, hieß es von der Regierung. Zu Heide und weiteren Batteriezell-Standorten in Schweden und Kanada will sich Northvolt im Herbst äußern.

Verzögerungen und der Verlust eines Zwei-Milliarden-Auftrags des bayerischen Autobauers BMW hatten Northvolt zuletzt ausgebremst. Analysten weisen darauf hin, dass das Unternehmen Schwierigkeiten habe, die Produktion auf hohe Stückzahlen zu steigern. Erschwerend komme das breite Geschäftsmodell der Schweden hinzu, das einen großen Teil der Wertschöpfungskette abdecken wolle, von der Herstellung der Vorprodukte bis zum Recycling. „Die Lage wurde immer schwieriger, als Kunden wie BMW Aufträge stornierten“, sagte eine mit der Situation vertraute Person.

Nicht nur Northvolt unter Druck: Europa braucht eine neue Batterieindustrie für Elektroautos

Die Münchner hatten bei Northvolt Batterien für die aktuelle Generation ihrer Elektroautos bestellt, diese seien einem Insider zufolge aber verspätet und deshalb zu spät für die Fahrzeuge eingetroffen. Die Batterien sollen nun von anderen BMW-Zulieferern wie Samsung SDI, CATL und Eve Energy geliefert werden. BMW hält aber auch für die nächste Fahrzeuggeneration an der Kooperation mit dem schwedischen Unternehmen fest und hat großes Interesse daran, dass sich in Europa ein schlagkräftiger Hersteller von zirkulären und nachhaltigen Batteriezellen etabliert. Ob bereits ein fester Liefervertrag vereinbart wurde, dazu äußerte sich BMW allerdings nicht.

„Jeder Rückschlag kostet Geld“, sagte Daniel Brandell, Experte am Angstrom Advanced Battery Centre, das der Universität Uppsala angehört. Northvolt wolle sich künftig auf die Zellproduktion konzentrieren, teilte das Unternehmen mit. Das Kathodenmaterial stamme von chinesischen oder südkoreanischen Zulieferern, sagte eine mit der Lage vertraute Person. Was mit anderen Projekten passiert, etwa einer Recyclinganlage oder einer Lithium-Raffinerie in Portugal, ist unklar. Beides könne sich verzögern, sagte Lieferkettenexperte Leyland. Auch ein Börsengang könne nun später erfolgen, sagte eine mit der Lage vertraute Person. Northvolt äußerte sich dazu nicht.

Die Schweden sind nicht der einzige Zellhersteller, der seine Pläne in Europa zuletzt zurückgeschraubt hat. So hat etwa das chinesische Unternehmen Svolt eine Fabrik in Brandenburg aufgegeben und ein Projekt im Saarland verschoben, und auch Mercedes‘ Joint Venture Automotive Cells Company (ACC) hat seine Pläne auf Eis gelegt. Die Unternehmen leiden unter der aktuellen Flaute bei Elektroautos. Laut Betriebsrat könnte der Sparkurs bei Volkswagen auch Auswirkungen auf die Batteriezellenfabrik in Salzgitter haben. (wal/reuters)

Die mobile Version verlassen