FRANKFURT – Raus aus der interkontinentalen Defensive: Im Doppelinterview vertreten die Verantwortlichen von Lufthansa und Air France-KLM eine harte Linie gegen die europäische Luftverkehrspolitik. Laut Carsten Spohr und Ben Smith ist Europa zu streng gegenüber seinen eigenen Fluggesellschaften und zu nachsichtig gegenüber ausländischen Fluggesellschaften.
CATA ist für Qatar Airways ein kostenloses Ticket in die EU – und seit Jahren ein Warnsignal für Lufthansa und Air France-KLM.
Durch das EU-Abkommen werden nahezu alle Verkehrsbeschränkungen für Qatar Airways gelockert, und die Fluggesellschaft kann ihr europäisches Netzwerk nach Belieben erweitern. Lufthansa und Air France-KLM finden den Deal ziemlich unfair – und erneuern ihre grundsätzliche Kritik.
„Das Open-Sky-Abkommen mit Katar wurde auf sehr fragwürdige Weise ausgehandelt“, sagte Air France-KLM-Chef Ben Smith in einer Erklärung Doppelinterview mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr in der „FAZ“ zu Korruptionsermittlungen. „Dass es nicht abgesagt oder ausgesetzt wurde, ist für uns ein Skandal.“
Qatar Airways nutzt sein Transitsystem durch den Zugang zu EU-Märkten. Laut Smith ist die Strecke Amsterdam-Doha eigentlich nur für 50.000 Passagiere pro Jahr geeignet, aber „die Kapazität ist fast zehnmal so hoch.“
Hohe Steuer- und Umweltauflagen für EU-Fluggesellschaften einerseits und laxe Marktkontrollen andererseits setzen Europas Fluggesellschaften zunehmend in eine interkontinentale Abwehrhaltung. „Nicht-EU-Fluggesellschaften machen bereits mehr als 50 Prozent des Verkehrs von und nach Europa aus“, sagte Smith.
Der Manager fordert schnell neue Antidumping-Richtlinien. „Europa verschenkt den europäischen Markt“, sagte Smith.
Teure Umwege nach Asien
Im Asienverkehr setzen nicht nur Emirates, Etihad Airways, Qatar Airways und Turkish Airlines ihre kontinentaleuropäischen Konkurrenten unter Preisdruck.
Lufthansa und Air France-KLM müssen wegen russischer Luftraumsperrungen auf Strecken zwischen Europa und Fernost teure Umwege fliegen, chinesische Fluggesellschaften hingegen nicht. Flugzeitunterschiede von zwei Stunden und mehr zwischen europäischen und chinesischen Anbietern auf derselben Strecke – keine Seltenheit.
Unter diesen Umständen musste die Lufthansa Frankfurt-Peking, einst eine der A380-Strecken des Konzerns, abgeschafft werden. An mangelnder Nachfrage lag es nicht: Air China, ein enger Lufthansa-Partner, erhöhte die Verbindung im Sommerflugplan 2025 mit einem Upgrade von der 777-300ER auf eine 747-8-Rotation.
Dabei berücksichtigt die EASA zumindest den westrussischen Luftraum Gefahrenzone für Fluggesellschaften Die EU-Kommission hat den offensichtlichen Wettbewerbsnachteil bislang in Kauf genommen. Brüssel verweist auf die Mitgliedsstaaten.
„Es gibt kein umfassendes Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und China“, erklärte der EU-Kommission 2024 im Vergleich zu aero.de. „Wenn Verkehrsströme chinesischer Fluggesellschaften zu unlauterem Wettbewerb führen, sind die Mitgliedstaaten berechtigt zu prüfen, ob sie im Rahmen ihrer eigenen bilateralen Abkommen Maßnahmen ergreifen können.“
Spohr lobt Trumps Initiative
Was seitdem passiert ist: Nichts. Washington zeigt, dass es auch anders gehen könnte. Denn auch Air China und Co. streichen die Flüge über Russland in die USA. Die US-Regierung will den Wettbewerbsfaktor Russland nun völlig außer Acht lassen – jeder Flug, der in den USA startet oder landet, soll künftig den russischen Luftraum umfliegen.
„Wir hoffen, dass die Initiative von Präsident Trump umgesetzt wird und Europa das Gleiche tut“, sagte Spohr in dem Interview.
© aero.de | Abb.: Lufthansa | 20. Okt. 2025 15:45 Uhr
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Beitrag vom 20. Oktober 2025 – 19:30 Uhr
Die Ticketsteuer gilt für alle Flüge mit Start- und/oder Zielort in der EU gleichermaßen und richtet sich lediglich nach dem Endziel der Reise. Die oft verbreitete Behauptung deutscher Fluggesellschaften, die ME3 müssten nur bis zum Golf Ticketsteuer zahlen, ist falsch.
Bei den SAF-Prozentsätzen gibt es beim Tanken im Golf natürlich einen Preisvorteil, allerdings ist der Flug mit Umstieg in der Regel weiter und benötigt insgesamt mehr Treibstoff als ein Direktflug.
Für bestimmte Reiseziele ergeben sich daher möglicherweise Kostenvorteile, für andere hingegen Nachteile.
Ich bin auch der Meinung, dass die EU den EU-Fluggesellschaften die Mehrkosten für Reisen nach Südostasien erstatten sollte. Natürlich muss man aufpassen, dass die Fluggesellschaften nicht plötzlich alles als Kosten deklarieren, aber die verlängerte Flugzeit hat neben dem Treibstoffverbrauch auch noch andere Auswirkungen (Ruhezeiten etc.).
Ich stimme auch mit Herrn Spohr überein. Keine Fluggesellschaft sollte durch die Umgehung der Sanktionen gegen Russland und Weißrussland von Kosten profitieren können. Von der EU nach Asien und nicht über Russland sollte durchsetzbar sein, sobald die USA einen Präzedenzfall schaffen.
Übrigens: Auch die Kritik an CATA ist völlig berechtigt. Ein Land mit einem Ursprungsmarkt nahe Null hat im Austausch für Anlanderechte in der gesamten EU kommerziell einfach nichts zu bieten.
Angeblich spielten damals auch „geostrategische Überlegungen“ eine Rolle, man kann sich aber der Vermutung nicht erwehren, dass dies eher an den Bestechungsgeldern Katars lag – die für Katar bisher keine Konsequenzen hatten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Katar-Korruptionsskandal_im_Europ%C3%A4ischen_Parlament
CATA stinkt immer noch fürchterlich.
Dieser Beitrag wurde am 20. Oktober 2025 um 19:31 Uhr bearbeitet
Beitrag vom 20. Oktober 2025 – 18:27 Uhr
Ich denke, alle Maßnahmen wie SAF-Anforderungen, Ticketsteuer usw. müssen für alle Fluggesellschaften gleichermaßen gelten. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass Nicht-EU-Fluggesellschaften eine Vorzugsbehandlung erhalten, muss das Gesetz entweder richtig angewendet oder entsprechend überarbeitet werden.
Ich bin auch der Meinung, dass die EU den EU-Fluggesellschaften die Mehrkosten für Reisen nach Südostasien erstatten sollte. Natürlich muss man aufpassen, dass die Fluggesellschaften nicht plötzlich alles als Kosten deklarieren, aber die verlängerte Flugzeit hat neben dem Treibstoffverbrauch auch noch andere Auswirkungen (Ruhezeiten etc.).
Beitrag vom 20. Oktober 2025 – 17:20 Uhr
Wenn es um China und CATA geht, haben die beiden CEDOs völlig Recht.