Das EU-Parlament stimmt heute über neue EU-Führerscheinanforderungen ab. Wer seinen Führerschein im Ausland verliert, darf künftig nicht mehr im Inland fahren. Was ändert sich sonst noch?
Europa sollte neue Führerscheinregeln bekommen. Darüber stimmt heute das EU-Parlament ab – ein Ja-Votum der Abgeordneten wird erwartet. Es ist die letzte Abstimmung, bevor die Regeln von den EU-Regierungen umgesetzt werden sollen. Allerdings können sie sich über vielfältige nationale Spielräume freuen.
Ziel der neuen Verordnung ist die EU-Einheitlichkeit, insbesondere in Sicherheitsfragen. „Wir haben jedes Jahr 20.000 Verkehrstote in der EU – viel zu viele“, erklärt der italienische Europaabgeordnete Matteo Ricci. In den langwierigen Verhandlungen mit den EU-Staaten und der Kommission spielte der Sozialdemokrat eine führende Rolle. Nun soll die Durchsetzung der Strafen einheitlicher und gerechter erfolgen.
Neue Anforderungen an Fahrschüler
Ein wichtiger Punkt: Wer seinen Führerschein in einem anderen EU-Land abgeben muss, sollte nicht einfach zu Hause weiterfahren dürfen. Das bedeutet, dass ein Führerscheinentzug EU-weit anerkannt und vollstreckbar sein soll. Die Informationen sollten ausgetauscht werden.
Die neuen Regelungen bringen auch zusätzliche Anforderungen für Fahrschüler mit sich. Sie müssen sich der Gefahren von toten Winkeln und der Nutzung von Mobiltelefonen bewusst sein und stärker auf Fußgänger, Kinder, Radfahrer und andere gefährdete Verkehrsteilnehmer achten.
Führerschein auf dem Handy
Eine weitere Neuerung ist ein digitaler Führerschein, der per Smartphone zugänglich sein soll. „Das ist eine gute Sache für junge Leute, die alles auf dem Handy haben“, sagt EU-Europaabgeordnete Jutta Paulus, die wie Ricci maßgeblich an den Verhandlungen um die Neuerungen beteiligt war.
Außerdem im Führerscheinpaket: Eine Probezeit von mindestens zwei Jahren für Fahranfänger; Begleitetes Fahren für 17-Jährige überall in der EU. Nach langem Hin und Her soll es nun zum Beispiel keinen verpflichtenden Gesundheitscheck für ältere Autofahrer geben. Allerdings sollte es den EU-Staaten ohnehin freistehen, solche Regelungen einzuführen. In diesem Fall würde das nicht gegen EU-Recht verstoßen. Dies ist einer der Spielräume, die einige EU-Staaten vorgegeben und letztlich umgesetzt haben. Nun findet sich etwas Ähnliches im finalen Resolutionsentwurf für das EU-Parlament.
Schwerere Wohnmobile erlaubt – sofern diese elektrisch angetrieben sind
Für Caravan-Fans gibt es ein Schmankerl: Elektrisch angetriebene Reisemobile dürfen künftig schwerer sein als heute, nämlich bis zu 4,25 Tonnen. Sie können jedoch weiterhin mit einem Pkw-Führerschein gefahren werden.
Europäische Wirtschaftsverbände, die es besonders eilig haben, Lkw-Führerscheine zu bekommen, befürchten, dass es nach einem Ja-Votum des Parlaments bis zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht bis zum Jahr 2028 dauern könnte. Darauf machte die rumänische EU-Verkehrskommissarin Adina Valean Druck, nachdem viele EU-Regierungen eine Erleichterung des Führerscheinerwerbs gefordert hatten.
Da es an Lkw-Fahrern mangelt, geht es darum, junge Menschen anzusprechen und für den Job zu gewinnen. Sie sollten sich früher ans Steuer setzen, aber auch besser geschult werden. Das Ziel: „Die Möglichkeit, ab 18 Jahren einen Berufs-Lkw-Führerschein und ab 21 Jahren einen Bus-Führerschein zu machen“, sagte der EU-Verkehrskommissar. Über diese Lösung wird voraussichtlich auch das EU-Parlament entscheiden. Aus Wirtschaftskreisen gibt es Zustimmung. Dadurch erhofft man sich einen Aufschwung für die Transportbranche.
Aus handwerklicher Sicht ist insbesondere das neue Mindestalter von 18 Jahren für den Lkw-Führerschein ein Erfolg.
Bis zur Umsetzung ist Geduld gefragt
Und was den Pkw-Führerschein angeht: Bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben soll das Gesamtgewicht deutlich erhöht werden. Wann die Reform tatsächlich greifbar wird, hängt von den EU-Regierungen ab. Zur Erinnerung: 1980 gab es die erste Führerscheinrichtlinie für einen einheitlichen rosafarbenen Führerschein in damals neun Mitgliedsstaaten – das neue Papier kam erst sechs Jahre später.
Und der damals ebenfalls in Betracht gezogene Kartenführerschein kam erst 1999. Also fast 20 Jahre später. Damals war es eine große politische Anstrengung – doch jetzt soll alles schneller gehen.