Vom Streifendienst bis zum Manager: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Polizisten des ersten Polizeireviers in Frankfurt – unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung. Die Ermittlungen führen zu ersten personellen Konsequenzen.
Das 1. Polizeirevier auf der Frankfurter Zeil
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Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Landeskriminalamt (LKA) führten am frühen Freitagmorgen umfangreiche Durchsuchungen mit 150 Einsatzkräften durch. Im Fokus: 17 Frankfurter Polizisten. Die Ermittler durchsuchten vier Büros und 21 Privatadressen.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, gegen die Verdächtigen werde wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt, der Strafvereitelung im Amt und der Verfolgung unschuldiger Menschen ermittelt.
Ungerechtfertigter „körperlicher Schaden“ zugefügt
Die Ermittlungen richten sich gegen fünf Polizisten und zwölf Polizisten im Alter zwischen 24 und 56 Jahren, die im Streifendienst und in leitenden Positionen beschäftigt waren.
Im Zeitraum von Februar bis Ende April 2025 sollen die Tatverdächtigen bei oder nach ihrer Festnahme insgesamt sechs Männern „ungerechtfertigte Körperverletzungen“ zugefügt oder dies „geduldet und die Taten nicht angezeigt“ haben, wie die Ermittler weiter mitteilten.
Es liegen Videoaufnahmen mutmaßlicher Taten vor
Mehrere der betroffenen Polizisten sollen den mutmaßlichen Opfern Widerstand vorgeworfen oder ihnen gar tätliche Angriffe auf Polizeibeamte vorgeworfen haben, um die Gewaltanwendung nachträglich zu rechtfertigen.
Den Angaben zufolge liegen von einigen Straftaten Aufzeichnungen vor, teils aus der Videoüberwachung im Polizeirevier, teils von Körperkameras oder öffentlichen Videoanlagen.
Polizeichef Müller: „Erhebliche Vorwürfe“
Das erste Polizeirevier in Frankfurt sorgt erneut für Schlagzeilen. „Die erhobenen Vorwürfe sind sehr schwerwiegend“, sagte Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller. „Personen in Polizeigewahrsam müssen vor Angriffen geschützt sein.“ Polizisten, die in solchen Situationen im Dienst Körperverletzungen begingen, verstießen gegen den Kernbereich ihrer Dienstpflichten.
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00:47 Min|Frank Angermund
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Die Vorwürfe gingen zu Lasten aller rechtmäßig handelnden Beamten, die sich täglich für die Frankfurter Menschen einsetzen, sagte Müller. Gegen die betroffenen Beamten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Verdächtigen wurden vorübergehend suspendiert.
Die Leitung der Polizeiwache wird ausgetauscht
Innenminister Roman Poseck (CDU) kündigte direkte personelle Konsequenzen an: Der Leiter des ersten Polizeireviers werde umgehend ersetzt. Auch wenn es keine Vorwürfe gegen die bisherige Bezirksleitung gibt, ist dieser Schritt notwendig. Ein Leiter des Polizeipräsidiums übernimmt ab sofort die Leitung.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen hofft angesichts der schweren Vorwürfe auf schnelle Ermittlungsergebnisse. Zugleich warnte der GdP-Landesvorsitzende Jens Mohrherr in einem Interview mit der dpa vor einem Generalverdacht gegen die gesamte hessische Polizei.
Keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv
Bei den Tatverdächtigen wurden mehrere Mobiltelefone und Datenträger beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden. Die Ermittlungen dauern an. Bisher gebe es keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Polizeistation in Chatskandal verwickelt
Im ersten betroffenen Polizeirevier war das in der Vergangenheit anders: Das Büro auf der Frankfurter Zeil befand sich in der öffentlichen Fokus gefasst, nachdem Polizisten hereingekommen waren rechtsextreme Chatgruppen wurden bemerkt.
In der Chatgruppe „Itiotentreff“ sollen Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuzen und anderen nationalsozialistischen Symbolen sowie Verharmlosungen des Holocaust geteilt worden sein.
Es gab auch andere Schlagzeilen rechtsextreme Drohbriefe mit der Signatur „NSU 2.0“ an zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. In diesem Zusammenhang gab es Ermittlungen gegen einen Polizisten und eine Polizistin auf der Wache. Die Ermittlungen wurden inzwischen eingestellt.
Editor:
Simon Rustler
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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe