
Vom Streifendienst bis zum Manager: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Polizisten des ersten Polizeireviers in Frankfurt – unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung. Sie sollen ihr Fehlverhalten vertuscht haben.
Das 1. Polizeirevier auf der Frankfurter Zeil
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Staatsanwalt zu polizeilichen Ermittlungen: „Schläge, Tritte und Stöße“
Staatsanwalt Dominik Mies
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Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Landeskriminalamt (LKA) führten am frühen Freitagmorgen umfangreiche Durchsuchungen mit 150 Einsatzkräften durch. Im Fokus: 17 Frankfurter Polizisten. Die Ermittler durchsuchten vier Büros und 21 Privatadressen.
Dazu gehörten die erste (Innenstadt) und die vierte Polizeiwache (Bahnhofsviertel). Dabei habe es sich vor allem um die Mobiltelefone und Arbeitscomputer der Tatverdächtigen gehandelt, um nachvollziehen zu können, ob diese Informationen über die Taten ausgetauscht hätten, sagte Oberstaatsanwalt Dominik Mies.
Gegen die Verdächtigen wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt, der Strafbehinderung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger ermittelt.
Ungerechtfertigter „körperlicher Schaden“ zugefügt
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft richten sich die Ermittlungen gegen fünf Polizisten und zwölf Polizisten im Alter zwischen 24 und 56 Jahren, die im Streifendienst und in leitenden Positionen beschäftigt waren.
Den Ermittlern zufolge sollen die Tatverdächtigen während oder nach ihrer Festnahme zwischen Februar und Ende April 2025 insgesamt sechs Männern „ungerechtfertigte körperliche Schäden“ zugefügt oder dies „geduldet und die Taten nicht angezeigt“ haben.
Bei den Gewalttaten handele es sich vermutlich um Schläge, Tritte und Schläge mit dem Kopf gegen Wand und Tür, sagte Staatsanwaltssprecher Mies. In einem Fall soll ein Verletzter eine Treppe hinuntergestoßen worden sein.
Die Opfer, die mit Anzeigen die Ermittlungen einleiteten, erlitten Schürfwunden, Prellungen im Gesicht und in einem Fall einen Nasenbeinbruch.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) berichtete, dass das Frankfurter Polizeipräsidium besondere Auffälligkeiten in Form mehrerer sehr ähnlicher Strafanzeigen gegen Beamte der ersten Polizeiwache festgestellt habe. Um den Anschein einer unselbstständigen Bearbeitung zu vermeiden, wurde der Sachverhalt an das LKA übergeben.
Es liegen Videoaufnahmen mutmaßlicher Taten vor
Mehrere der betroffenen Polizisten sollen den mutmaßlichen Opfern Widerstand vorgeworfen oder ihnen gar tätliche Angriffe auf Polizeibeamte vorgeworfen haben, um die Gewaltanwendung nachträglich zu rechtfertigen.
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Ermittlungen gegen 17 Frankfurter Polizisten
Ende des Videobeitrags
Den Angaben zufolge liegen von einigen Straftaten Aufzeichnungen vor, teils aus der Videoüberwachung im Polizeirevier, teils von Körperkameras oder öffentlichen Videoanlagen. Laut FAZ Gegen die Beamten wird seit Juli ermittelt.
Bei den Tatverdächtigen wurden mehrere Mobiltelefone und Datenträger beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden. Die Ermittlungen dauern an. Bisher gebe es keine Hinweise auf ein extremistisches Motiv, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Wiederholt Vorwürfe gegen den Bezirk
Innenminister Poseck kündigte sofortige personelle Konsequenzen für die erste Polizeiwache an. Unter anderem solle die Bezirksleitung umgehend ausgetauscht werden. Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller sprach in einer ersten Stellungnahme von „schwerwiegenden Vorwürfen“, die zu Lasten „aller rechtmäßig handelnden Beamten“ gingen.
Die erste Polizeistation in Frankfurt sorgte vor einigen Jahren für Schlagzeilen. Nach rechtsextremen Drohbriefen mit der Unterschrift „NSU 2.0“ Zwischenzeitlich liefen in dem Komplex Ermittlungen gegen einen Polizisten und eine Polizistin des Reviers gegen zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die jedoch Ende 2023 eingestellt wurden.
Das Büro befand sich ebenfalls auf der Frankfurter Zeil öffentlichen Fokusnach Polizisten in einem rechtsextreme Chatgruppe wurden bemerkt.
In der Chatgruppe „Itiotentreff“ sollen Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuzen und anderen nationalsozialistischen Symbolen sowie Verharmlosungen des Holocaust geteilt worden sein.
Editor:
Simon Rustler
Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe