Einer der wichtigsten deutschen Autozulieferer, die Continental-Abspaltung Aumovio, erhält erneut Chips aus China. Die Kurzarbeit wurde vorerst gestrichen. Andere Lieferanten dürften eine ähnliche Situation haben.
Der Chef des aus Continental ausgegliederten Automobilzulieferers Aumovio gibt – zumindest vorerst – Entwarnung zum drohenden Chipmangel. „Seit gestern haben wir eine schriftliche Bestätigung, dass wir von den chinesischen Exportkontrollen ausgenommen sind“, sagte Philipp von Hirschheydt gegenüber WELT.
Peking hat im Streit mit den Niederlanden den Export von Nexperia-Chips aus China gestoppt. Die Regierung in Den Haag hatte die chinesischen Eigentümer des europäischen Chipkonzerns enteignet, weil diese die Technologie angeblich nach China verlagern wollten. Das hat die Autoindustrie in eine Krise gestürzt: Zulieferer aller großen Autohersteller nutzen Nexperia-Chips. Bei Bosch beispielsweise gibt es bereits Kurzarbeit. Zuletzt gab Peking nach und kündigte Exportausnahmen an, um die globale Autoindustrie nicht in eine Krise zu stürzen.
Aumovio hat vorsorglich auch bereits Kontakt zur Arbeitsagentur Baden-Württemberg aufgenommen. Es sehe aber nicht danach aus, dass es wirklich Kurzarbeit geben müsse, sagte von Hirschheydt. Allerdings ist Aumovio derzeit nicht in der Lage, einige Teile zu liefern.
Von Hirschheydt sagte, er habe in seinem Unternehmen eine 500-köpfige Task Force zu dem Thema eingerichtet, die auch nach alternativen Lieferanten suchte. Ziel ist es, dauerhaft weitere Hersteller für die betroffenen Teile zu finden, um künftig nicht mehr nur auf einen Lieferanten angewiesen zu sein. Dies würde bedeuten, dass Aumovio dauerhaft weniger Chips von Nexperia kaufen würde. Dies könnte sich auch auf die Hamburger Produktion von Nexperia auswirken.
Spezielle Qualitätskontrolle
Der europäische Teil von Nexperia warnte kürzlich, dass Nexperia-Chips aus China nicht mehr garantiert werden können, dass sie tatsächlich zertifizierte Wafer enthalten, die in Europa hergestellt wurden. Das liegt an der Arbeitsteilung innerhalb des Konzerns: Die Chips werden in Europa, unter anderem in Hamburg, freigelegt und dann nach China verschickt. Erst dort werden sie zersägt und zu kleinen Bauteilen – etwa Dioden – verarbeitet. Seit Ende Oktober beliefern die europäischen Fabriken die chinesische Endproduktion nicht mehr.
Von Hirschheydt sagte, er rechne weiterhin damit, Originalteile aus China zu erhalten, die im Oktober hergestellt wurden. „Wir prüfen sorgfältig, ob die Komponenten die Qualität erreichen, die wir mit Nexperia vereinbart haben“, sagte er. Dabei hilft die interne Wareneingangskontrolle. Allerdings ist noch unklar, wie lange Nexperia aus China liefern kann. Auch andere europäische Zulieferer dürften nun wieder Nexperia-Chips erhalten.
Aumovio erzielte in den ersten neun Monaten 2025 einen Konzernumsatz von 14,1 Milliarden Euro – ein Rückgang von 4,2 Prozent. Der Rückgang sei auf ein schwaches Europageschäft, eine Portfoliobereinigung und Wechselkurseffekte zurückzuführen, sagte von Hirschheydt. Aufgrund geringerer Investitionen stieg das Betriebsergebnis (EBIT) jedoch um 146 Prozent auf 409 Millionen Euro. Aumovio erzielte eine operative Marge von 2,9 Prozent. Unter dem Strich blieb ein Verlust von 223 Millionen Euro, im Vergleich zu 421 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Der in Hannover ansässige Konzern Continental hat sich ganz auf das Reifengeschäft konzentriert und im September das Autoelektronikgeschäft unter dem Namen Aumovio an die Börse gebracht. Die Aumovio-Aktie stieg am Freitag zeitweise um fast sieben Prozent.
Dieser Text wurde für das WELT- und Wirtschaftskompetenzzentrum erstellt Geschäftsinsider.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur und schreibt über Automotive.
