Energieversorgung: Dunkelheit voraus
Ruhig und bewölkt – das Wetter am kommenden Wochenende ist für Solar- und Windenergie kaum geeignet. Darüber müssen wir uns keine Sorgen machen, sagen Experten. Stattdessen wirkten sich die kurzfristig hohen Strompreise tatsächlich positiv aus.
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An ruhigen Tagen haben die Turbinen nichts zu tun.
Wind- und Solarenergie werden es am Wochenende vom 8. und 9. November schwer haben. Bei bewölktem Himmel und ruhigen Winden in ganz Deutschland werden erneuerbare Energien bis Sonntag immer weniger Strom liefern. Prognosen zufolge dürfte die Einspeiseleistung teilweise unter fünf Gigawatt sinken. Das reicht offenbar nicht aus, um den Strombedarf zu decken, der am vergangenen Wochenende Anfang November konstant zwischen 38 und 55 Gigawatt lag. Dies ist die Stunde der fossilen Brennstoffe. Vor allem Kohlekraftwerke werden in den nächsten Tagen den Großteil der Stromversorgung abdecken. Doch in ein paar Jahren sollen sie abgeschaltet werden.
Nach Schätzungen des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik wiederholen sich Wetterlagen wie diese fünf bis zehn Mal im Jahr. Droht uns in solchen Phasen der Strom auszugehen? Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung weist das zurück: „Kurzfristige Flaute lassen sich im heutigen Stromsystem gut abfedern – durch europäische Stromnetze, flexible Reservekraftwerke, Speicher und zunehmend aktives Lastmanagement“, also durch vorübergehende Reduzierung des Stromverbrauchs. Laut Kemfert stehen auch an windarmen Tagen ausreichend Reserven zur Verfügung. Mit dem Kohleausstieg wächst jedoch der Bedarf an flexiblen, klimaneutralen Backup-Kapazitäten. Dazu gehören: Batteriespeicher, Wärmespeicher, flexible Biogas- und Wasserstoffkraftwerke.
Insofern können Experten solchen dunklen Flaute sogar Positives abgewinnen. „Kurzfristige Flaute führt oft zu vorübergehenden Strompreisspitzen, weil in Zeiten knapper Erzeugung teure konventionelle Kraftwerke zum Einsatz kommen“, sagte Kemfert dem Science Media Center. Dadurch werden Anreize geschaffen, in ein flexibleres Stromsystem und in Stromspeicher zu investieren.
Der Energieökonom Felix Müsgens von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg sieht in den Preisspitzen ein wichtiges Signal für die Akteure am Strommarkt, denn sie hätten erkannt, dass sich Investitionen in Flexibilität rentierten. Dies gilt auch für Haushalte, die dank zeitlich veränderlicher Stromtarife ihren Verbrauch an das Angebot anpassen können. In den Flauten morgens und abends ist der Strompreis besonders hoch, während er nachts und tagsüber sinkt. „Mit Hilfe von Speichergeräten können Haushalte auch in der Dunkelflaute Geld verdienen.“
Zum Problem würde es erst dann werden, wenn der Strompreis in einer dunklen Flaute den maximal zulässigen Preis von 3.000 Euro pro Megawattstunde erreichen würde und die Nachfrage weiterhin das Angebot übersteigen würde. Allerdings ist dieser Fall in Deutschland noch nie aufgetreten – trotz bereits 60 Prozent erneuerbarem Strom im System.
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