In Deutschland hat die heiße Phase des Wahlkampfs für die Bundestagswahl am 23. Februar begonnen. Dabei kann die in Teilen rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) auf einen prominenten Unterstützer zählen: Elon Musk. Der Vertraute des designierten US-Präsidenten Donald Trump gibt der AfD seit Tagen Schützenhilfe. Der 53-Jährige schaltet sich direkt in den Wahlkampf ein und scheut sogar nicht davor zurück, die obersten demokratischen Institutionen Deutschlands zu attackieren und zu provozieren. Erst den Kanzler, jetzt den Bundespräsidenten.
Bundespräsident Steinmeier sieht Gefahr für die Demokratie
Auf seinem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) nannte Musk Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Silvestertag als Reaktion auf den Post einer rechtsextremen Influencerin einen „undemokratischen Tyrannen“ mit dem Zusatz „Schande über ihn“.
Steinmeier hatte in seiner Rede zur Auflösung des Bundestages am 27. Dezember eindringlich vor Manipulation der Wahl in Deutschland gewarnt: „Einflussnahme von außen ist eine Gefahr für die Demokratie – sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei den Wahlen in Rumänien, oder offen und unverhohlen, wie sie derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird“, sagte Steinmeier. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November hatte Musk auf X bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angegriffen. Auf Deutsch schrieb Musk: „Olaf ist ein Narr.“
Und in einem Gastkommentar in der Zeitung „Welt am Sonntag“ Ende Dezember rief der Tech-Milliardär erneut zur Wahl der AfD auf. Die Alternative für Deutschland könne Deutschland davor bewahren, ein Schatten seines früheren Selbst zu werden, schrieb Musk dort. „Deutschland hat es sich in der Mittelmäßigkeit zu bequem gemacht – es ist an der Zeit für mutige Veränderungen, und die AfD ist die einzige Partei, die diesen Weg eröffnet.“
Die AfD sei „der letzte Funken Hoffnung für das Land“, das am Rande seines „wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs“ taumele, nur sie könne die deutsche Wirtschaft wiederbeleben und durch eine „kontrollierte Einwanderungspolitik“ einen Identitätsverlust verhindern. „Denjenigen, die die AfD als extremistisch verurteilen, sage ich: Lassen Sie sich von dem ihr angehefteten Label nicht beirren“, endet Musk und verweist auf die AfD-Co-Chefin Alice Weidel, die eine Partnerin aus Sri Lanka habe. „Klingt das für Sie nach Hitler? Ich bitte Sie!“
Austausch zwischen Musk und AfD-Chefin Weidel
Nun könnte Musks Wahlkampfhilfe für die AfD noch konkreter werden. Denn zwischen ihm und Weidel laufen nach Angaben ihres Sprechers konkrete Planungen für ein Aufeinandertreffen in einer Art Talk-Show. „Über einen X-Space zwischen den beiden sind wir bereits im Austausch“, sagte Sprecher Daniel Tapp dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und der Deutschen Presse-Agentur. Ein X-Space ist eine Live-Übertragung von Gesprächen auf Musks Plattform X.
Auf Musks Steinmeier-Attacke reagierte das Bundespräsidialamt auf Nachfrage deutscher Medien äußerst zurückhaltend. Man habe den jüngsten Kommentar zur Kenntnis genommen, äußere sich aber nicht weiter dazu. Ebenso verhielt sich die Bundesregierung, die dem US-Amerikaner offenbar keinen weiteren Raum im Wahlkampf geben will.
Forderung nach rechtlichen Instrumenten gegen Fake News
Um so deutlicher fiel die Reaktion der regierenden Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD) aus. „Das geht gar nicht“, ließ SPD-Chef Lars Klingbeil auf Instagram wissen. Immer wieder versuche Musk „seinen Einfluss zu nutzen, um den Gang der Weltpolitik zu beeinflussen“. Gegen diese Macht sei nicht zuletzt die EU-Kommission gefordert.
Klingbeil: „Wir brauchen rechtliche Instrumente gegen Fake News, auch um die Macht einzelner Personen zu brechen.“ Bezogen auf Musks Gastkommentar hatte Klingbeil ihm zuvor vorgeworfen, Deutschland „ins Chaos stürzen“ zu wollen. „Elon Musk versucht nichts anderes als Wladimir Putin. Beide wollen unsere Wahlen beeinflussen und unterstützen gezielt die Demokratiefeinde der AfD.“
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte gegenüber dem „Spiegel“ Klarheit darüber, „ob die wiederholten Respektlosigkeiten, Diffamierungen und Einmischungen in den Wahlkampf auch im Namen der neuen US-Regierung geäußert wurden“. Mützenich hielt Musk vor, „eine Grenze zwischen befreundeten Staaten“ zu überschreiten.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von „niveaulosen Angriffen“ auf Bundeskanzler und Präsident. „Diese sind eine würdelose Grenzüberschreitung und zeigen seine Respektlosigkeit gegenüber unserer Demokratie. Elon Musk disqualifiziert sich mit jedem weiteren Beitrag“, sagte sie zu Reuters.
Journalistenverband warnt Redaktionen vor Instrumentalisierung
Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der konservativen CDU, nannte Musks Aussagen gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe „übergriffig und anmaßend“ und kritisierte: „Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hat.“ Und Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen erklärte, Musks Attacken hätten „Logik und System“, sie zielten auf die Schwächung der EU.
Der Gastkommentar von Elon Musk in der „Welt am Sonntag“ alarmierte auch den Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Dessen Bundesvorsitzender Mika Beuster warnte alle Redaktionen, sich im Bundestagswahlkampf nicht instrumentalisieren zu lassen und sorgfältig mit Gastbeiträgen umzugehen. „Deutsche Medien dürfen sich nicht als Sprachrohr von Autokraten und deren Freunden missbrauchen lassen.“
Die Strategie von Elon Musks Äußerungen
Der vermutlich reichste Mensch der Welt dürfte bei seinem Vorgehen die eigenen wirtschaftlichen Interessen im Blick haben. So lobte er in seinem Gastbeitrag die AfD für deren Pläne zum „Abbau staatlicher Überregulierung, zur Steuersenkung und Deregulierung des Marktes“. Nutznießer wäre unter anderem sein Tesla-Werk in Brandenburg, die erste Elektroautofabrik des US-Herstellers in Europa.
Doch Musk mit seinen 200 Millionen Followern weltweit verfolgt auch eine globale politische Agenda mit dem Ziel, rechte Kräfte zu fördern. Dem britischen Rechtspopulisten Nigel Farage soll er Parteispenden in Höhe von 95 Millionen Euro in Aussicht gestellt haben, um dessen Partei zu unterstützen.
Zudem pflegt Musk enge Kontakte zur italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit ihrer Rechtsaußen-Partei Fratelli d’Italia. Zu den richterlich untersagten Plänen der Regierung in Rom, Migranten in Albanien unterzubringen, schrieb er auf X: „Diese Richter müssen weg.“
Der Text beruht in Teilen auf einem Artikel, der am 30.12.2024 veröffentlicht wurde.