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Das Angebot an Limousinen ist in den letzten Jahren erheblich geschrumpft. Volvo, mittlerweile in der Hand des chinesischen Geely-Konzerns, probiert eine Kombination aus Luxus, Fließheck und batterieelektrischem Antrieb inklusive 800-Volt-Netz. Wir konnten bereits eine kurze Testrunde mit dem ES90 drehen.
Sehr kleiner Kofferraum
Der ES90 ist 5 m lang, davon entfallen 3,1 m auf den Radstand. Wie erwartet gibt es vorne und hinten viel Platz und sehr bequeme, klimatisierte Sitze. Die Verarbeitung ist sorgfältig und das Innenfutter durchweg hochwertig – zumindest, wenn man in das Nappaleder-Paket oder die teuerste Ausstattungslinie mit Wollbezügen investiert. Der serienmäßige Kunstlederbezug schmeichelt den Händen nicht unbedingt. Eine herbe Enttäuschung wird für viele der Kofferraum sein, der mit 424 Litern für ein Auto dieser Größe geradezu lächerlich klein ist. Wenn Sie die Rücksitze umklappen, können Sie bis zu 733 Liter laden. Unter der Fronthaube befindet sich außerdem ein Fach mit 22 Litern.
Volvo
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Für viele Kunden dürfte bereits die Basisversion eine gute Wahl sein. Angetrieben von einem 245-kW-Motor an der Hinterachse ist dieser ES90 bereits gut motorisiert. Auf jeden Fall hat der ES90 wenig Sportlichkeit in sich und imitiert gekonnt und flüsterleise einen Cruiser. Auf die größten verfügbaren 22-Zoll-Felgen sollten Interessenten verzichten, da diese den ES90 auch mit Luftfederung auf schlechten Straßen schwerfällig wirken lassen. 21 oder gar 20 Zoll sind die bessere Wahl. Lenkung, Federn und Dämpfer werden gekonnt und mit viel Routine abgestimmt. Fahrer und Passagiere sind vor den Eindrücken schlechter Straßen geschützt – genau das, was man von einer Limousine dieser Größe erwarten würde.
Vorbereitung auf hochautomatisiertes Fahren
Was dem Volvo ES90 wie dem SUV EX90 fehlt, ist ein erweitertes Fahrerassistenzpaket, das automatisierte Fahrunterstützung der Stufe drei bietet. Pilot Assist (Stufe 2) funktioniert bis Tempo 150 und kostet 2.400 Euro Aufpreis. Es soll beispielsweise beim Spurwechsel auf der Autobahn unterstützend wirken. Ein Lidar wird immer an der Vorderkante des Daches installiert. Irgendwann wird höchstwahrscheinlich hochautomatisiertes Fahren auf Level 3 möglich sein – auch für bestehende Fahrzeuge. Das Drama, das Volvo mit dem Hardware-Austausch im Herzen des EX90 E-SUV erlebte, sollte sich nicht wiederholen. Im ES90 ist die Zentraleinheit ein Nvidia Drive-Prozessor. Es sollte über so viele Reserven verfügen, dass zukünftige Bedarfe bis zu einem gewissen Grad gedeckt sind.
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Serienmäßig in jedem Volvo ES90: Lidar-System an der Dachvorderkante
(Bild: Volvo)
Die Google-basierte Bedienung ist gewohnt puristisch und funktioniert hervorragend. Das neun Zoll große Kombiinstrument hinter dem Lenkrad ist an sich schon groß genug, das Display könnte allerdings etwas größer sein. Das Armaturenbrett wird vom 14,5-Zoll-Touchscreen dominiert und wichtige Informationen erhält der Fahrer über das Head-up-Display. Die versenkbaren Türgriffe sind nicht leicht zu greifen. Das große Glasdach ist beim Basismodell serienmäßig, die elektrochromatische Beschattung ist jedoch erst ab der Mittelversion optional erhältlich. Es lässt sich grundsätzlich nicht öffnen.
Wie üblich: Bei 180 km/h stoppt es
Besonderes Augenmerk wird auf den Antrieb und seine Energieversorgung gelegt. Volvo bietet zunächst drei Leistungsstufen an. Das Basismodell mit Hinterradantrieb leistet bereits 245 kW und 480 Nm. Damit sprinten Sie in 6,6 Sekunden auf 100 km/h. Wie bei den anderen Modellen bleibt grundsätzlich bei 180 km/h Schluss. Die Allradmodelle sind im Standardsprint mit 335 oder 500 kW deutlich schneller. Das haben wir leistungsmäßig im Basismodell überhaupt nicht vermisst. Der ES90 ist ein komfortabler Gleiter, kein Auto, das zum schnellen Kurvenrauschen animiert.
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Das Basismodell bietet eine Batterie mit 88 kWh netto und kann in der Spitze mit bis zu 310 kW laden. Nach 22 Minuten soll der Ladestand von 70 Prozent zwischen 10 und 80 Prozent wieder aufgefüllt sein. Das entspräche knapp 62 kWh und einer durchschnittlichen Ladeleistung in diesem Fenster von rund 168 kW, zu der noch die Ladeverluste hinzukommen. Die teureren Modelle bieten nutzbare 102 kWh und benötigen ebenfalls 22 Minuten für die Aufrüstung von 10 auf 80 Prozent. Die durchschnittliche Netto-Ladeleistung liegt somit bei rund 195 kW. Volvo verspricht eine Reichweite zwischen 647 und 700 km im WLTP.
Im Wesentlichen hält der Volvo ES90, was er verspricht. Einige kleine Schwächen hätten jedoch leicht vermieden werden können.
(Bild: Volvo)
Riesiger Aufpreis für die Allradmodelle
Volvo sieht sich als Player in der Premium-Liga und formuliert daher durchaus zuversichtliche Preisvorstellungen. Das Basismodell kostet 71.990 Euro und liegt damit in etwa auf dem Niveau von Audi und BMW mit vergleichbaren Modellen. Die Standardausstattung des ES90-Basismodells ist bereits recht umfangreich. Unter anderem sind die Möglichkeit, den Schlüssel auf das Smartphone zu verschieben, eine Wärmepumpe und eine Vier-Zonen-Klimaautomatik immer dabei. Ärgerlich ist allerdings, dass einige Optionen für das Einstiegsmodell nicht verfügbar sind: Ab der zweiten Ausstattungslinie „Plus“ bietet Volvo lediglich eine Luftfederung, ein Soundsystem von Bowers & Wilkins oder eine Alternative zu den Kunstlederbezügen an. Es kostet 4.000 Euro mehr, was Interessenten dieser Liga wohl nicht in Verlegenheit bringen wird. Allerdings werden Sie sehr überrascht sein, dass die Allradmodelle derzeit nur in Verbindung mit der teuersten „Ultra“-Ausstattung erhältlich sind. Damit erhöht sich ihr Preis auf mindestens 88.990 Euro. Es wird interessant sein zu sehen, wie lange sich Volvo eine solch rigide Preispolitik leisten kann.
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(mfz)