Kaum zu glauben: Es ist schon 15 Jahre her, dass der Nissan Leaf dank seines vergleichsweise moderaten Preises Elektroautos populär machte. Steht die neueste Version des ehemaligen Volks-Elektrikers heute noch im Vordergrund?
Beim Thema Elektromobilität hat Nissan bislang eher eine Leuchtturmfunktion. Den Nissan Leaf gibt es seit 2011 und er galt jahrelang weithin als das meistverkaufte Elektroauto der Welt. Im Vergleich dazu eher weniger sichtbar, gibt es bei Nissan seitdem nur noch den Transporter/Van e-NV 200 und dessen Nachfolger Townstar; Erst seit 2022 bieten Nissan-Händler auch den batterieelektrischen Ariya an, einen knapp 4,60 Meter langen Mittelklasse-SUV.
Die dritte Generation des Elektro-Pioniers Leaf ist nun unterhalb des Ariya positioniert. Weil der Leaf II dafür zu lang war, muss der neue Leaf um 14 Zentimeter gekürzt werden und passt mit 4,35 Metern Länge perfekt in die Kompaktklasse.

Der Nissan Leaf verfügt über eine beeindruckende Lichtgrafik zum Sehen und vor allem Gesehenwerden.
(Foto: Nissan)
Da erste Bestellungen erst in wenigen Wochen möglich sein werden und die ersten Auslieferungen für März 2026 geplant sind, hält sich Nissan bei den Preisen noch zurück. „Unter 37.000 Euro“ lautet der Richtwert für die Einstiegsversion mit der kleinen 52-kWh-Batterie, „unter 42.000 Euro“ für den Top-Antrieb mit 75-kWh-Batterie.
Spitzenklasse mit großem Akku, aber kein Platzsparer


Der Nissan Leaf besticht durch seine coupéartige Form. Die Rücklichtgrafik mit zwei und drei Elementen sagt ni (japanisch für 2) und san (japanisch für 3) – Nissan.
(Foto: Nissan)
Mit der coupéartigen Dachlinie wirkt der Leaf kompakt bis niedlich, angenehm ansprechend und authentisch und gefällt mit Details wie der Lichtgrafik an Front und Heck. Das Design ist auch Teil der umfangreichen Bemühungen um eine bestmögliche Aerodynamik, die bis zum unsichtbaren Teil des Leaf reicht. Der Unterboden wurde sorgfältig glattgebügelt, selbst die Aufnahmepunkte für den Wagenheber sind mit Gummistopfen verschlossen, damit keine Turbulenzen entstehen. Das Ergebnis ist ein respektabler Luftwiderstandsbeiwert von 0,25, der zu der von Nissan angegebenen Reichweite von bis zu 622 Kilometern (WLTP) mit der größeren 75-kWh-Batterie (440 Kilometer mit 52 kWh) beiträgt.
Der Nissan Leaf hinterlässt qualitativ einen sehr ordentlichen Eindruck. Die im Innenraum der ersten Testwagen verwendeten textilen und hochwertigen Lederimitationsmaterialien folgen dem aktuellen Trend zur veganen Sachlichkeit. Ansprechender Komfort kommt nicht zu kurz. Wenn man im Leaf vorn sehr gut leben kann, erfordern der Coupé-Stil des Hecks, der für Elektroautos typische hohe Fahrzeugboden und die eher flache Karosseriehöhe von 1,55 Metern leichte Zugeständnisse im Fond.


Der Nissan Leaf verfügt über einen gut nutzbaren, horizontal teilbaren Kofferraum mit einem Volumen von 437 bis 1050 Litern.
(Foto: Nissan)
Verstehen Sie mich nicht falsch, vor allem Kinder fühlen sich auch auf langen Strecken hinten wohl, nur Erwachsene über 1,80 Meter wissen, dass sie in anderen Kompaktklasse-Konkurrenten besser aufgehoben sind. Die Zentimeter, die dem Heck fehlen, findet man weiter hinten. Die elektrische Heckklappe eröffnet beeindruckende 437 Liter Gepäckraum, der sich mit herausnehmbaren Zwischenböden praktisch und sinnvoll organisieren lässt.
Unbeschwerte Kreuzfahrt
Trotz des großzügigen Digi-Cockpits in den oberen Ausstattungsvarianten, bestehend aus zwei großen Bildschirmen mit jeweils 36,3 Zentimetern (14,3 Zoll) Diagonale, widerstand Nissan der Versuchung, bei der physischen und mechanischen Steuerung weitgehend einzusparen. Und so freut sich der Fahrer über eine ausreichend intuitive Bedienung, etwa mit physischen Tasten für die Klimaanlage. Die Fahrassistenten und die Auswahl der Infografiken für den Hauptbildschirm können über die physischen Bedienfelder im Lenkrad gesteuert werden. Auch das Google-Betriebssystem für die Bildschirme ist bekannt und entsprechend zugänglich.


Große Displays dominieren den freundlichen Innenraum mit textilen und lederähnlichen Oberflächen. Ausreichende physische Kontrollen machen den Umgang mit dem Nissan unkompliziert.
(Foto: Nissan)
Sobald die eher hektisch wirkenden diversen Hinweis- und Warntöne bei Verdacht auf Fahrverstöße mit nur wenigen Fingertipps abgeschaltet werden, erweist sich der Nissan Leaf als echter Kumpel für unterwegs. Federung und Dämpfung finden eine gute Balance aus Komfort und Straffheit und zeigen sogar eine gewisse Sportlichkeit. Das macht Spaß, zusammen mit einer Lenkung, die auch in schnellen Kurven für sicheren Kontakt zur Straße und Spurhaltung sorgt. Zudem bleibt das Leaf angenehm leise
Es bleibt Frontantrieb
Nissan bietet für den Leaf zwei Antriebsvarianten an, die beide die Vorderräder bedienen. Zum Einstieg für „unter 37.000 Euro“ leistet der kleine 52-kWh-Akku 177 PS und 345 Newtonmeter Drehmoment, die den Leaf in 8,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen sollen. Mit der größeren 75-kWh-Batterie kommuniziert Nissan 217 PS und 355 Newtonmeter, was den Sprint auf 100 km/h um nur sieben Zehntelsekunden (7,6 s) verkürzt. Für beide Antriebe gibt Nissan einen WLTP-Verbrauch von 13,8 kWh/100 Kilometer und eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h an.


Große Menschen bleiben hier nicht lange glücklich.
(Foto: Nissan)
Beide Versionen bieten zudem die üblichen Ladezeiten von knapp 30 Minuten, um mit Gleichstrom von 20 auf 80 Prozent zu laden. Die 52-kWh-Batterie lädt Gleichstrom mit bis zu 105 kW Ladeleistung, die 75-kWh-Batterie leistet 150 kW. Beide beziehen Wechselstrom mit moderaten 11 kW, externe Verbraucher laden beide Leaf-Batterievarianten mit bis zu 3,6 kW (Vehicle-to-Load). Das ist gut, die Werte sind nicht überragend.
Für die ersten Testfahrten stellte Nissan lediglich die Top-Antriebsversion mit 75-kWh-NMC-Batterie zur Verfügung. Der neu entwickelte Permanentmagnetmotor sorgt laut Nissan für ausreichend Fahrdynamik, sobald die Elektronik wenige Sekunden nach dem Ampelstart die Kraft frei laufen lässt, die sie mangels Traktion zunächst kurz drosseln muss. Hektisch wird es beim Fahren im Leaf nicht.


Optionales transparentes Dach mit Wärmedämmung und stufenweise wählbarer Milchglastönung.
(Foto: Nissan)
Die größte Stärke der Topmotorisierung für „unter 42.000 Euro“ ist die Reichweite von bis zu 622 Kilometern, sofern die nach WLTP angegebenen 13,8 kWh/100 km erreicht werden können. Nach der ersten moderaten 200-Kilometer-Testfahrt in der von Bremsschwellen gespickten Gegend um Kopenhagen mit einem sehr geringen Autobahnanteil stand auf dem Display ein Endwert von 14,0 kWh/100 km – bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 47 km/h und intensiv genutzter Rekuperation.
Der Nissan Leaf verfügt über ein Ein-Pedal-Fahren mit mäßiger Wirkung, das ihn jedoch nicht zum Stehen bringt, ohne das Bremspedal zu betätigen. Die 600-Kilometer-Reichweite ist zwar möglich, aber nur mit viel Disziplin und nicht auf langen Strecken auf der Autobahn. Hier sind bei konstant unter 110 km/h rund 400 Kilometer realistisch, aber auch das kann sich sehen lassen.
Volles Haus im Leaf
Für Nissan scheint es wichtig, seinen Kunden so viel Ausstattung wie möglich zur Verfügung zu stellen, die das Fahren und Navigieren in unseren hektischen Städten einfacher macht. Das beginnt bei der integrierten Google Maps-Navigation mit Ladeplanung, reicht über den intelligenten Notbremsassistenten und den Totwinkelassistenten bis hin zum Querverkehrswarner und natürlich dem freundlichen, korrigierenden Spurhalteassistenten. Auch der adaptive Tempomat ist als ProPilot-Funktion wählbar und berücksichtigt dann Daten aus der Navigation, um beispielsweise die Geschwindigkeit vor Kurven, Kreisverkehren oder bei Geschwindigkeitsbegrenzungen automatisch zu reduzieren. Acht Kameras am Leaf erleichtern das Manövrieren auf engstem Raum, da Sie jeden Winkel der Karosserie sehen können. Mit dem Blatt lässt es sich gut leben.
Da Nissan noch keine Preis-/Ausstattungsliste bereitstellt, lässt sich nicht genau abschätzen, was der Kunde bekommt, wenn er diesen Winter seine Bestellung für den Leaf für „unter 37.000 Euro“ aufgibt. Sicher ist, dass die Basisversion nicht über die großen Displays und einige andere Features des Testwagens verfügen wird. Aber es ist auf jeden Fall einen Platz auf Ihrer Einkaufsliste für Elektroautos wert. Auch wegen seiner achtjährigen Batteriegarantie (160.000 Kilometer) und erstmals bei einem Leaf 975 Kilogramm Anhängelast. Design, Qualität, Komfort, Fahrerlebnis, einfache Bedienbarkeit und die große Reichweite der Top-Antriebsversion sind Argumente für den neuen Kompaktklasse-Nissan, der komplett inklusive Batterieproduktion im englischen Sunderland entsteht.