
Nach der bitteren Pokalniederlage in Leipzig rätselt die Eintracht über die Gründe für den Zusammenbruch
Nach 80 Spielminuten in diesem äußerst einseitigen Pokalduell in Leipzig gelang Eintracht Frankfurt tatsächlich, was an diesem tristen Abend fast undenkbar schien: Ein Torschuss gelang ihnen. Okay, auch wenn das fast euphemistisch ausgedrückt ist, war Hugo Ekitikés Linksschuss aus 15 Metern so ziemlich das, was man einen Ball nennen würde, und der Leipziger Torhüter Maarten Vandevoordt hätte den getarnten Return stoppen können. Der unausgegorene Schuss und das späte Timing des ersten, einzigen und letzten Schusses fassen den Auftritt der Eintracht in Leipzig perfekt zusammen: Es war eine völlige Tragödie.
Am Ende standen die Frankfurter ratlos da. Nicht, weil sie mit 0:3 unterlegen sind, und nicht, weil der Pokal schon wieder im Achtelfinale endet, das kann passieren, vor allem bei einer Mannschaft wie RB Leipzig, die zwar aus der schlechtesten Phase kommt, aber dennoch viel Qualität und Schnelligkeit hat in ihren Reihen. Nein, das Erstaunliche war die Art und Weise, wie die hessischen Überflieger wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurden.
Alles, was die Eintracht in den letzten Wochen ausgemacht hatte, war weggeblasen. Vorne wurde der Wundersturm entzaubert, in der Mitte wurde die Schaltzentrale aus dem Spiel genommen und hinten stolperte die zuletzt so starke Abwehr von einer Blamage in die nächste. „Es war ein Systemversagen von allen“, sagte Sportdirektor Markus Krösche treffend.
Bitter war es auch, weil die Eintracht ihre beste Chance auf einen Titel leichtsinnig verspielte. Sie wäre neben Leverkusen die Topfavoritin auf den Pokalsieg gewesen; Viele hochkarätige Spieler haben sich bereits verabschiedet. „Es ist extrem ärgerlich, weil wir für dieses Spiel keine zweite Chance bekommen“, sagte Trainer Dino Toppmöller. „Das fühlt sich schlecht an.“
Natürlich fragen sich nicht nur die Verantwortlichen, wie es plötzlich zu einem kollektiven Kollaps kommen konnte. Es ist nicht ungewöhnlich, dass es nach Wochen des rasanten Aufschwungs irgendwann zu einem Rückschlag kommt; das liegt gewissermaßen in der Natur der Sache. Doch die Heftigkeit des „Nackenschlags“ (Trapp) überraschte. Es ist klar, dass zu viele Spieler ihre Normalform nicht erreicht haben. Omar Marmoush spielte keine Rolle, Sturmpartner Ekitiké wachte erst spät auf, Ellyes Skhiri spielte wieder wie Ellyes Skhiri aus der Vorsaison, Mario Götze nahm sich wie schon oft zuvor rechts aus dem Spiel, Nathaniel Brown spielte so verzweifelt, als hätte er es in den letzten paar wütenden Wochen nicht geschenkt bekommen. Und wenn die Abwehr wackelt, auch der sonst so sichere Abwehrchef Robin Koch, wird es schwierig.
Zumal Dino Toppmöller, der in den vergangenen Monaten nur die richtigen Entscheidungen getroffen, den kollektiven Erfolg eingeleitet und gekonnt moderiert hat, dieses Mal falsch gedacht hat.
Stellen Sie nicht alles in Frage
Die Idee, Rasmus Kristensen von rechts nach links zu ordnen, ging nicht auf. Der Däne konnte nie mit dem Tempo der Leipziger mithalten. Warum spielte Kristensen weiterhin als Linksverteidiger, obwohl damals Linksverteidiger Niels Nkounkou eingewechselt wurde? Seltsam. Andererseits hatte auch Nnamdi Collins einen dunklen Abend. Und die Annahme, dass der tendenziell lax spielende Fares Chaibi in der zweiten Halbzeit gegen die energischen und spielstarken Leipziger die Wende schaffen würde, war schon ziemlich gewagt.
Darüber hinaus, und das ist nicht zu unterschätzen, wurde die Mannschaft zuletzt überschwänglich gelobt. Zufriedenheit kann sich mitunter im Unterbewusstsein ausbreiten, was einem die nötige Schärfe nimmt – insbesondere gegenüber einem möglicherweise sogar unterschätzten Gegner. Intern wurde schon vor Wochen vor einer gewissen Lässigkeit und Laissez-faire-Haltung gewarnt.
Auffällig auch: Die Eintracht konnte gegen keinen Gegner aus den Top Fünf gewinnen, kam gegen die Bayern 3:3 unentschieden, verlor aber in Dortmund, Leverkusen und Leipzig – allerdings alle auswärts.
Nach dem Schlusspfiff erinnerte Toppmöller seine Mannschaft daran, dass sie immer die Grundtugenden auf das Feld bringen müsse, „sie sind die Basis für den Erfolg.“ Mit anderen Worten: Bereitschaft, Opferbereitschaft, Belastbarkeit. Solche „bitteren Momente“ seien „Teil der Entwicklung“, betont Toppmöller, der allgemein der Meinung ist: „Diesen Schmerz müssen wir spüren.“ Was ich meine ist: Nur wer das erlebt, was er nicht erleben möchte, tut alles, um es nicht noch einmal zu erleben.
Es ist richtig, jetzt nicht alles in Frage zu stellen, die Eintracht spielt bisher eine hervorragende Runde. „Wir dürfen durch dieses Spiel nicht alles ruinieren“, sagt Torwart Trapp. Aber ignorieren Sie es nicht, sondern nutzen Sie es als Chance, die nötige Schärfe zu entwickeln.
Es wird immer spannend sein zu sehen, ob sich die Eintracht schnell von dieser negativen Erfahrung erholt; Auch der Umgang mit Rückschlägen ist ein Qualitätsmerkmal von Spitzenteams. Viel Zeit zum Wundenlecken bleibt nicht, am Samstag geht es daheim gegen Augsburg weiter. „Wir wollen eine gute Reaktion zeigen“, sagt Toppmöller.