Eintracht Frankfurt zeigt bekannte Probleme und bekannte Stärken. Der Verein ist nicht wirklich schlau, was sich selbst angeht. Doch das dürfte sich bald radikal ändern. Fünf Erkenntnisse aus der Auslosung in Freiburg.
Eintracht-Torwart Kaua Santos nach dem 2:2-Unentschieden in Freiburg.
Bild © Imago Images
Video
09:18 Min||Std
Highlights: SC Freiburg – Eintracht Frankfurt
Beim 2:2-Unentschieden in Freiburg kassierte die Eintracht erneut ein sehr frühes Gegentor. Nach dem Tor von Derry Scherhant (2.) reagierte Johnny Burkardt mit einem Doppelpack (18., 38.), doch ein später Freistoßtreffer von Vincenzo Grifo (87.) kostete die SGE zwei Punkte und löste eine weitere Diskussion aus.
1. Auf die Offensive ist Verlass
Auch wenn Jonathan Burkardts Stimmung im Laufe des Nachmittags einen trist-herbstlichen Ton annahm, war er der Mann des Spiels des SC Freiburg. Wer kann sich noch daran erinnern, dass der Neuzugang aus Mainz auf den ersten Metern der noch jungen Saison etwas schwer in Fahrt kam? Nach drei torlosen Einsätzen zu Saisonbeginn schoss der 25-Jährige in seinen letzten sechs Spielen für seinen neuen Verein sieben Tore.
Einen Mittelstürmer in Torlaune könnte die SGE in den kommenden Wochen durchaus gebrauchen. Zugegebenermaßen gilt das zu jeder Zeit für alle Mannschaften. Allerdings dürfte es gut für das Selbstvertrauen sein, dass vorne nicht alles auf einen Zielspieler ausgerichtet ist. In den ersten Spielen war es noch Ritsu Doan und vor allem Kann Uzunder sich die Torverantwortung teilte, Burkardt übernahm schließlich die Führung. Irgendjemand punktet immer. Das Jobsharing zwischen regulären Mitarbeitern funktioniert so gut, dass man fast darüber hinwegsehen könnte, dass Herausforderer wie Michy Batshuayi oder Elye Wahi sind derzeit nicht in der Lage, diese vorgesehenen Rollen zu besetzen.
2. Man verlässt sich zu wenig auf die Verteidigung
Es war die vierte Spielminute in Madrid, der FC Bayern brauchte 15 Sekunden und nach nicht einmal zwei Minuten ging Freiburg in Führung. Die Eintracht-Verteidigung ging mit der klaren Anweisung in die Partie, kein frühes Gegentor zu kassieren. Dass Robin Koch mit seinem Pass ins Zentrum so früh so viel Risiko einging, wirkte fast wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Die Tatsache, dass der Kapitän einen weiteren Fehler gemacht hat, muss besorgniserregend sein. Dass er sich wieder ins Spiel zurückgearbeitet hat, kann als positiv gewertet werden.
Audio
00:50 Min|
zur Audio-Einzelseite
Neben frühen Gegentoren weiß die Abwehr grundsätzlich auch, wie man verteidigt. Toppmöller empfand die neu formierte Defensivgruppe in Freiburg sogar als „brutal stabil“. Erstmals in dieser Saison entschied er sich für eine Dreier- oder Fünferkette. Aurèle Amenda trat als Startelf-Debütant weitgehend unauffällig an. Die Qualitäten von Rasmus Kristensen wurden gut gesungen. Nach der 0:1-Niederlage hatte die Eintracht praktisch keine größeren Chancen mehr. Kaua Santos muss Fragen zum Freistoßtor von Vincenzo Grifo zum 2:2 beantworten.
Dennoch ist die Zahl der Gegentore immer noch viel zu hoch. Vor dem Spiel äußerte Toppmöller die Hoffnung, dass nicht jedes Team Defensivfehler so gnadenlos bestrafen würde wie Atlético oder der FC Bayern. Allerdings reichte es für den SC Freiburg erneut, gravierende Konzentrationsschwächen an den Tag zu legen, die in dieser Regelmäßigkeit alle Tore gefährden. Eine Verteidigung, auf die man sich in der Regel verlassen kann, bietet wenig Sicherheit. Zahlenmäßig ist es derzeit das schwächste Team der Liga.
3. Die Torwartdiskussion ist offen
Wenn es von außen gesteuert würde, könne er das nicht verhindern, sagte Toppmöller. Intern gibt es jedenfalls keine Diskussion über Kaua Santos. Nach dem späten 2:2 müssen wir nicht nur über Vincenzo Grifos Freistoßfähigkeiten reden, sondern auch darüber, warum der Frankfurter Keeper nur zwei Spieler in die Mauer stellte, sie auf sehr unorthodoxe Weise dirigierte und Grifo den Torwart-Eckball eröffnete.
Grifo hat es freundlich ausgedrückt. „Es hat Klick gemacht“ und er habe es einfach probiert, sagte der verstorbene Freiburger Torschütze. Toppmöller hingegen ließ sich nicht entgehen, dass der Frankfurter Torwart es ihm viel zu einfach machte. „Natürlich muss er es besser machen. Entweder noch einen Spieler in die Mauer stellen oder das kurze Eck verteidigen. Das ist ärgerlich“, sagte Toppmöller. Grundsätzlich habe Kaua Santos ein „sehr solides Spiel“ gemacht – nur nicht über die volle Distanz. Das war sicherlich kritisch, aber es machte Toppmöllers Aussage glaubwürdig: Das Torwartgespräch werde es wohl in den nächsten Tagen geben, sein Trainer werde aber nicht dabei sein.
4. Toppmöller schärft seine Rede
Vor dem Spiel machte Toppmöller den Eindruck, dass ein Ausflug in den benachbarten Vergnügungspark ansteht. Anstatt sich über die Probleme zu ärgern, die die vorangegangenen Spiele aufgedeckt hatten, sollten seine Spieler vor allem Spaß haben, Spaß haben und sich nicht über die bevorstehenden schwierigen Aufgaben den Kopf zerbrechen. Nachdem es vor dem Spiel zwar viel Leichtigkeit, Spaß und Freude gab, es aber keine Erlösung gab, änderte der Trainer seinen Wortschatz.
„Wir sollten das Gefühl der Wut mitnehmen“, schlug Toppmöller vor. „Wir wollten unbedingt gewinnen, wir waren auf einem guten Weg dorthin, und dann haben wir kurz vor Schluss noch ein sehr unglückliches Gegentor kassiert. Wir sollten unsere Wut in Energie umwandeln und dann gegen Liverpool ein tolles Spiel machen.“
5. Die SGE steht auf dem Prüfstand
Wer Wert auf seine Glaubwürdigkeit legt, sollte von Prognosen absehen. Das gilt für den Fußball im Allgemeinen und für die Eintracht im Besonderen in den letzten Wochen. Wer hätte das vorher getan? 5:1-Spektakel gegen Galatasaray ein Spiel wie dieses erwartet? Wer erinnerte sich vor den Ereignissen in Mönchengladbach Denken Sie noch an einen 6:4-Auswärtssieg? Die Eintracht präsentiert sich in dieser Saison so unberechenbar wie schon lange nicht mehr.
Gleich zu Beginn der Saison glaubten einige, dass sie vielleicht die einzigen echten Hessen seien Bayern-Verfolger zu erkennen. Nach sieben Spieltagen hat sich die Tabelle der Bundesliga natürlich immer noch nicht geklärt. Was jetzt schon gesagt werden kann, spricht nur sehr bedingt für die Eintracht: Platz sieben mit einem Torverhältnis von 19:18, elf Punkte Rückstand auf die Bayern, nur drei Punkte auf Platz 14.
Video
14:04 Min||Std
Die gesamte Eintracht-PK nach dem Unentschieden gegen Freiburg
Nun stehen innerhalb von neun Tagen drei wohl sehr aufschlussreiche Heimspiele auf dem Programm: Der FC Liverpool (Champions League), St. Pauli (Bundesliga) und Borussia Dortmund (DFB-Pokal) melden sich und werden die SGE auf Herz und Nieren prüfen. Danach sollte jeder etwas klarer sehen.