Nachruf
Der Moderator und Musiker Matthias Holtmann ist gestorben. Er war ein Typ, an dem man sich reiben konnte.
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Matthias Holtmann starb im Alter von 75 Jahren. Foto: Tom Oettle (dpa)
Wer in den Achtzigern seine musikalische Sozialisation in Baden-Württemberg erlebte, hatte die Wahl zwischen zwei Lagern: Zum einen gab es in Baden-Baden den SWF. Und in Stuttgart gab es den SDR. Eine der prägenden Stimmen im Programm war jahrelang – und auch nach der Fusion der beiden Sender zum SWR im Sommer 1998 – Matthias Holtmann. Kompetent und unangepasst zugleich, voller Ideen und in vielerlei Hinsicht das, was man dieses Jahr gerne als „gnadenlos“ bezeichnet: Er konnte gnadenlos spontan und witzig sein, seine Ruhrpott-Schnauze hat ihn manchmal überwältigt und in den letzten Jahren war er auch gnadenlos offen im Umgang mit seiner Parkinson-Krankheit.
Nun ist Holtmann im Alter von 75 Jahren in Esslingen gestorben, rund zehn Jahre nach seinem letzten Auftritt als Moderator der von ihm 2008 ins Leben gerufenen SWR 1-Konzerte „Pop & Poesie im Konzert“. Rund 5.000 Menschen feierten die „Matze“ auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Doch es blieb nicht das einzige Mal, dass der Mann die Massen mobilisierte: 1990 war Holtmann passend zur bevorstehenden Wiedervereinigung einer der Väter der ersten deutsch-deutschen Dauersendung „Top 2.000 D“, deren Abschlussfeier Tausende auf den Cannstatter Wasen lockte, wo unter anderem die Toten Hosen live zu sehen waren. Dass das Thema Radio und Live-Musik für Holtmann nah beieinander lagen, verwundert nicht: Vor seiner Medienkarriere saß der gebürtige Westfalen Künstler zeitweise am Schlagzeug der Krautrock-Band Triumvirat und nahm mit ihnen das Album „À la carte“ auf. Dass er Musiker war, habe ihm später oft geholfen, wenn er Weltstars wie Tina Turner oder Harry Belafonte interviewen durfte, sagte Holtmann vor einigen Jahren in einem Interview mit dem Sender Regio-TV.
2014 veröffentlichte er seine Autobiografie
Als Moderator war Holtmann ein Typ, mit dem man sich messen konnte: frech und cool, was manche vielleicht etwas arrogant fanden. Doch als er 2009 an der Parkinson-Krankheit erkrankte und stets offen über seine Gebrechlichkeit sprach, dürfte dieser Eindruck verschwunden sein. Für die Radiolandschaft in Deutschland war er ein Überflieger mit einem ganz eigenen Stil: SDR-Formate wie „Treff nach 2“ oder die kniffligen Quizsendungen „Dr. 2014 veröffentlichte er seine Autobiografie „Holtmanns Geschichten – Porsche, Pop und Parkinson“. Außerdem stellte er das Buch in der Buchhandlung Müller in Weil am Rhein vor. Die Badische Zeitung zitierte ihn daraufhin mit den Worten: „Radiowörter, das sind die ewigen Spuren einer Tätowiernadel auf nackter Haut“ als Erklärung für seine Leidenschaft für den Beruf des Moderators. Ganze Generationen von Zuhörern tragen seit Jahrzehnten dieses Holtmann-Tattoo. Der Mann war eine Marke.