Aus einer Woche im All wird ein halbes Jahr: Die beiden NASA-Astronauten Wilmore und Williams müssen sich auf einige Veränderungen einstellen. Doch sie behalten ihren Optimismus und ihren Humor.
Immerhin hat NASA-Testpilotin Suni Williams in der Schwerelosigkeit ihren Sinn für Humor nicht verloren: „Das nächste Mal suchen wir uns einen besseren Parkplatz, wo wir nicht abgeschleppt werden“, scherzt sie – hoch oben in der Erdumlaufbahn. Williams und ihr Co-Pilot Butch Wilmore sind an Bord der ISS gestrandet, weil es Probleme mit der Raumkapsel gibt, die sie zur Erde zurückbringen sollte. Aus den acht Tagen, die sie und Wilmore an Bord der ISS bleiben sollten, wird nun wohl mehr als ein halbes Jahr.
„Wir hätten die Raumkapsel Starliner durchaus wieder in einen funktionsfähigen Zustand zurückbekommen können, sodass ein Rückflug vertretbar gewesen wäre“, sagte Wilmore im Gespräch mit der Presse aus dem All. „Aber uns ist schlicht die Zeit davongelaufen.“ Erst nach zusätzlichen Tests und Kontrollen wäre ein bemannter Rückflug vertretbar gewesen. Und so kehrte die von Boeing entwickelte „Starliner“-Kapsel am 7. September ohne Besatzung zurück.
An Bord der Konkurrenz
Die Ironie dabei ist, dass die beiden Testpiloten nun mit der Konkurrenz reisen müssen. Im Frühjahr 2025 werden sie in einer „Crew Dragon“-Kapsel mitgenommen – und die stammt von Boeings schärfstem Konkurrenten bei der Entwicklung einer wiederverwendbaren Raumkapsel: Elon Musks Firma Space X. Nun kehren sie also mit Erfahrungen aus beiden Raumschiffen zurück, sagt der Nasa-Pilot. Das sei ein Glücksfall.
Was genau während des Starliner-Fluges schief gelaufen ist, lässt sich wohl erst nach der Rückkehr von Williams und Wilmore abschließend beurteilen.
Briefwahl statt Wahllokal
An den Gedanken, im All gestrandet zu sein, hätten sich beide mittlerweile gewöhnt, sagt Wilmore. Natürlich müsse es Modifikationen geben, wenn so etwas passiert, so Wilmore weiter. Im Weltraum nähmen Knochendichte und Muskelmasse ab, erklärt Astronaut Williams. Deshalb müssen die beiden wie alle ISS-Astronauten täglich ein strenges Fitnessprogramm absolvieren, auf dem Laufband oder dem Hometrainer.
Weihnachten mit der Familie fällt dieses Jahr aus. Dafür ist die Briefwahl aus dem All möglich: Der Südstaatler aus Tennessee hat nach eigenen Angaben gerade die Unterlagen zur Briefwahl beantragt. Die Nasa macht es möglich. Wählen sei Bürgerpflicht, sagt Wilmore – auch wenn man über dem Land schwebt, das einen neuen Präsidenten wählt. Harris oder Trump? Ihre Präferenz haben die beiden Gestrandeten nicht verraten.
Der Blick auf die Erde verändert die Perspektive
Über den Dingen schwebend weitet sich der Blick: Die Vorstellung, dass die Menschen auf der Erde nicht miteinander auskommen, sei aus orbitaler Perspektive schwierig, sagt Williams.
Beim Philosophieren wirkt die Astronautin wie eine „Weltraum-Medusa“: Ihre braunen Locken schweben durch die Schwerelosigkeit wild und ungezähmt um ihren Kopf. Ein Hauch von Wagemut umgibt die NASA-Astronautin vor dem strengen Hightech-Hintergrund an Bord der ISS. „Wir haben nur diesen einen Planeten“, lautet ihre Botschaft, „wir können uns glücklich schätzen.“