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Vor fast sieben Jahren verschwand Dorota G. spurlos aus dem nordrhein-westfälischen Süsterseel. Ihr Ehemann Manfred G. gerät schnell ins Visier der Ermittler, doch es gibt keine handfesten Beweise. Bisher: Die Beamten finden die Leiche des Vermissten – und können die Todesnacht rekonstruieren.
Von Dorota G. fehlt seit dem 18. Oktober 2016 jede Spur. Die damals 29-Jährige wurde zuletzt in ihrem Haus im nordrhein-westfälischen Süsterseel gesehen, drei Tage später meldete ihr Mann sie schließlich als vermisst. Für die Ermittler liegt der Fall schon lange vor einem Rätsel: Es gab keine konkreten Hinweise darauf, wo sich G. aufhalten könnte oder dass sie Opfer einer Straftat geworden sei. Die Aachener Beamten hatten jedoch von Anfang an einen Verdacht, was mit der vermissten Person geschehen war. Jetzt, sieben Jahre später, können sie diese Vermutung beweisen.
Dorota G. ist tot. Dies bestätigten Oberstaatsanwalt Wilhelm Muckel, Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts und der Leiter der Mordkommission, Michael Fritsch-Hörmann, in einer Pressekonferenz. Nach fast sieben Jahren fanden Ermittler am vergangenen Dienstag die Leiche der vermissten Person. Höchstwahrscheinlich war sie Opfer eines Femizids. G. ist also offenbar am Abend ihres Verschwindens gestorben. Es gibt Hinweise darauf, dass ihr eigener Mann sie erdrosselt hat, wahrscheinlich aus Eifersucht.
„Wir gehen davon aus, dass er sie durch einen Schlag in den Nacken getötet hat“, erklärt Oberstaatsanwalt Wilhelm Muckel. Es sei die wahrscheinlichste Variante, ergänzt Fritsch-Hörmann. Die blauen Flecken am Hals sind die einzigen Verletzungen, die sie fanden. Allerdings sei die Obduktion noch nicht abgeschlossen, betont der Ermittler. Das Endergebnis steht noch aus.
Für die Ermittler war es von entscheidender Bedeutung, die Leiche zu finden. Nach fast sieben Jahren konnten sie den Verdächtigen am vergangenen Dienstag festnehmen. Seitdem sitzt er wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Ermittler sind überzeugt, dass er den hinterhältigen Mordzug verwirklicht hat. Muckel sagt, seine Frau habe an diesem Oktoberabend nicht mit einem Angriff in ihrem eigenen Haus gerechnet. Sie war völlig ahnungslos – und daher wehrlos.
„Das kam uns spanisch vor“
Die vergangenen sieben Jahre glichen einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Beamten und Manfred G., was in der Rekonstruktion des Falles deutlich wird. So rückte G. von Beginn der Ermittlungen an in den Fokus der Ermittler. Doch lange Zeit konnten sie einfach nichts beweisen.
Drei Tage nach ihrem Verschwinden meldete Manfred G. seine Frau als vermisst. Er gab an, dass sie das Haus nach einem Streit verlassen habe, aber nie zurückgekehrt sei. Auch bei dieser Aussage werden die Beamten aufmerksam. Denn Dorota G. hatte weder ihre dringend benötigte Brille noch ihr Handy dabei, wie Fritsch-Hörmann betont. Außerdem war es draußen kalt und Dorota G. hatte eine Grippe. Keine einzige Überwachungskamera zeichnete die verschwundene Frau auf, kein Bus holte sie ab und kein Nachbar traf sie. Manfred G. war der letzte, der seine Frau lebend sah.
„Natürlich kam es uns spanisch vor“, sagt Fritsch-Hörmann. Also begannen die Ermittler, Haus und Grundstück, sogar den nahegelegenen Wald, auf den Kopf zu stellen. Sie setzten Hubschrauber und Radargeräte ein, es kamen Leichenhunde und Taucher zum Einsatz. Und sie begannen, die Beziehung des Paares zu untersuchen.
Das wurde schnell interessant. Denn die Ehe zwischen Manfred und Dorota G. war am Ende. Dorota G. hatte bereits einen neuen Freund und wollte mit ihm und ihrem siebenjährigen Sohn ein neues Leben in Süddeutschland beginnen. Manfred G. wusste davon – aber er wollte es nicht wahrhaben. „Man kann den Ehemann als sehr eifersüchtig bezeichnen“, sagt Fritsch-Hörmann. Eine Woche vor dem Tod des 29-Jährigen kam es zu einem heftigen Streit. Dorota G. war mit ihrem neuen Freund in die Niederlande gereist. Bevor sie ging, steckte ihr Mann einen GPS-Tracker in ihre Tasche und verfolgte damit jeden ihrer Schritte.
Eine Kette von Hinweisen reicht nicht aus
Am 18. Oktober 2016 wurde diese neue Beziehung, Dorota Gs Wunsch nach einem neuen Leben, schließlich zu ihrem Todesurteil. Die Ermittler konnten rekonstruieren, dass sie sich gegen 22 Uhr in ihrem Haus in Süsterseel mit ihrem neuen Freund unterhielt. Als sie ihm Bilder von sich in Unterwäsche schickte, riss Manfred G. ihr das Handy aus der Hand. Dann, so gehen die Ermittler aus, sei die Situation völlig eskaliert. Manfred G. hat seine Frau getötet.
Bereits 2016 gingen Staatsanwaltschaft und Mordkommission davon aus, dass die Tat auf diese Weise geschehen sei. Am 31. Oktober, weniger als zwei Wochen nach Dorota Gs Verschwinden, sah es zum ersten Mal nach einem Durchbruch in dem Fall aus. Manfred G. geriet in Widersprüche und wurde verhaftet. Alle Beteiligten hofften auf eine Anklage. Doch soweit kam es nicht. „Eine Anklageerhebung war damals nicht möglich, da wir die Leiche nicht finden konnten“, sagt Oberstaatsanwalt Muckel. „Das war immer der Knackpunkt.“ Für ihn sei klar gewesen, dass Dorota G. in ihrem Haus getötet worden sei, „aber wir wussten nicht wie“. Verschiedene Umstände waren möglich. Ein Tötungsdelikt sei ebenso möglich wie eine Körperverletzung mit Todesfolge oder möglicherweise ein Unfall.
Die Ermittler steckten in Schwierigkeiten. Schließlich musste Manfred G. freigelassen werden, die Ermittlungen wurden offiziell eingestellt. Normalerweise kehren in einem solchen Fall alle Beteiligten in ihre Büros zurück, erklärt Fritsch-Hörmann. Im Fall von Dorota G. war es jedoch anders. Die Ermittler sammeln weiter Hinweise – und stoßen schließlich auf etwas besonders Seltsames.
Überraschender Leichenfund
Manfred G. lebte seit rund zwei Jahren mit seiner Freundin in einem neuen Haus im Nachbarort Geilenkirchen und war hoch verschuldet. Dennoch hielt er an der Miete des alten Hauses in Süsterseel fest. „Es musste etwas sein, das ihn interessierte“, erklärt FH. Die Beharrlichkeit der Ermittler zahlte sich aus: Am vergangenen Dienstag gab es genügend Beweise für G.
Da die Durchsuchung der aktuellen Wohnung im Falle einer Festnahme zur Routine gehört, haben die Beamten das Haus in Geilenkirchen erneut inspiziert. In einem Schuppen stießen sie schließlich auf einen großen Sack – und darin auf die stark verweste Leiche von Dorota G. „Das war eine große Überraschung für uns“, betont Fritsch-Hörmann. Denn eigentlich gingen die Ermittler davon aus, dass sie die Leiche des Vermissten im alten Haus in Süsterseel finden würden.
Die Leiche muss schon seit längerer Zeit dort gelegen haben, wie neueste Erkenntnisse zeigen. Der Leiter der Mordkommission erhielt kurz vor der Pressekonferenz einen Anruf: Die Spürhunde greifen an – auf dem Dachboden des alten Hauses. An dieser Stelle befindet sich ein großer Fleck auf dem Boden. Merkwürdig ist, dass die Hunde im Jahr 2016, als die Ermittlungen begannen, keine Spuren auf dem Dachboden fanden. Manfred G. muss die Leiche kurz nach dem Mord entfernt haben, erklärt Fritsch-Hörmann. Später brachte er sie höchstwahrscheinlich auf den Dachboden, Blut könnte auf den Boden gelangt sein. Nach seinem Umzug nach Geilenkirchen überführte G. unbemerkt die sterblichen Überreste seiner Frau dorthin.
„Konnte es nicht glauben“
Wann genau das war, ob vor zwei Wochen oder vor zwei Jahren, kann nur der mutmaßliche Täter sagen, so der Beamte weiter. Ebenso konnte nur er antworten, wo die Leiche von Dorota G. versteckt war, als Ermittler 2016 das Haus in Süsterseel auf den Kopf stellten. Doch Manfred G. schweigt. Eine Aussage des mutmaßlichen Täters dazu, was am Abend des 18. Oktober 2016 tatsächlich geschehen ist, liegt bislang nicht vor.
Damit bleiben Fragen im Fall Dorota G. unbeantwortet. Dennoch ist den Aachener Ermittlern ein Durchbruch gelungen, denn der Fund der Leiche bedeutet, dass Manfred G. bald angeklagt werden muss. Mittlerweile habe er nicht mehr daran geglaubt, gesteht Fritsch-Hörmann. „Als ich den Anruf bekam und sagte: ‚Wir haben sie gefunden‘, konnte ich es nicht glauben.“
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