Der Dresdner DJ und Produzent Purple Disco Machine feierte mit seinen Hits «Hypnotized», «Fireworks» und «In The Dark» riesen Erfolge. Im letzten Jahr gab es etwa eine Grammy für den Remix des Songs «About Damn Time» der US-Sängerin Lizzo. Nun ist das neue Album «Paradise» da – das dritte von Purple Disco Machine.
Über den Titel hatte sich Tino Piontek, so der bürgerliche Name des DJs, schon lange Gedanken gemacht. Er wurde dann zum Konzept für das gesamte Album.
„Dann habe ich zum ersten Mal darüber nachgedacht, was das Paradies – oder meine Paradiese – sind“, sagte Piontek der Deutschen Presse-Agentur. „Eines davon ist mein Zuhause Dresden und natürlich mein Atelier – Orte, an denen man sich einfach wohlfühlt, an denen man so sein kann, wie man ist.“ Auch bestimmte Situationen, die Familie, das Zuhause, gehörten dazu. „Das ist auch so ein Gefühl, das man hat.“
Das Album wurde letztlich zum Soundtrack dieser Gefühle und Orte. Über den Sound hat er lange nachgedacht. Das Ziel: sich neu zu erfinden, ohne sich selbst zu verlieren.
Inspiration fand er wie so oft in der Musik der 70er und 80er Jahre. Piontek wählte Klänge aus alten Songs, die ihn schon lange begleitet hatten. „Ich besorgte mir dann die Synthesizer, mit denen die Klänge damals erzeugt wurden und versuchte, sie wiederzubeleben“, sagt er.
«Ich lade einfach alle in mein Paradies ein»
Aus dem Albumtitel entstand schließlich noch eine weitere Idee: „Ich lade einfach alle in mein Paradies ein.“ Erstmals entstand eine Platte von Purple Disco Machine komplett im Dresdner Studio, das Piontek 2019 einrichtete.
Es fühlt sich an wie ein zweites Zuhause: Im Gebäude steckt viel Holz, über einem gemütlichen Sofa im Eingangsbereich hängen Gold- und Platinschallplatten, und auch die Grammy-Trophäe hat einen Platz gefunden. Natürlich darf auch die Plattensammlung nicht fehlen.
Mit anderen Studios sei er nie so richtig warm geworden, sagt Piontek. „Hier bin ich viel kreativer und freier, kann viel mehr ich selbst sein“, erklärt der 44-Jährige. Das hört man dem Album auch an.
Matt Johnson, Keyboarder und Produzent der britischen Band Jamiroquai, war der erste, den Piontek nach Dresden holte. Mit Johnson hatte Piontek bereits beim letzten Album zusammengearbeitet, auf „Paradise“ ist er nun an fast jedem Song beteiligt.
Zu den zahlreichen Gastauftritten zählen unter anderem die britische Band Metronomy und das kanadisch-amerikanische Duo Chromeo. Auch Sophie and the Giants, mit denen der Hit „Hypnotized“ aufgenommen wurde, sind wieder mit von der Partie. Erstmals hat Piontek zudem eine feste Band mit ins Boot geholt, die den roten Faden durch das gesamte Album ziehen soll.
Der gebürtige Dresdner musizierte nicht nur mit seinen Gästen, er fungierte für sie auch als Stadtführer. „Jeder fand es irgendwie toll. Viele hatten entweder gar keine Ahnung von der Stadt oder ganz andere Vorstellungen davon“, sagt er. Es sei eine schöne Erfahrung gewesen, die Leute in seine Komfortzone zu holen und dort mit ihnen zu musizieren.
Im Oktober geht Piontek mit „Paradise“ auf Live-Tournee durch Europa, bei der er sein neues Projekt auf die Beine stellen wird. Erstmals wird er dabei mit einer Mischung aus DJ-Set und Band unterwegs sein – mit den Musikern, mit denen er bereits beim Album zusammengearbeitet hat.
Der 44-Jährige bevorzugt die ganz großen Shows. „Je mehr Leute, desto besser. Diese Intimität ist mir fast ein bisschen zu persönlich“, sagt er. Bei 200 Zuschauern bekomme man von jedem direktes Feedback. „Bei 80.000 Leuten ist das locker, man sieht die ersten vier Reihen – und das sind meist die Hardcore-Fans.“ Der Rest sei einfach ein Menschenmeer, bei dem man persönliche Emotionen nicht mehr erkennen könne.
Absage an Taylor Swift «keine große Sache»
Piontek hat bereits Disco-Remixe einiger der größten Hits mit Künstlern wie Lizzo, Elton John und Britney Spears veröffentlicht. Einem der größten Weltstars lehnte er jedoch ab: dem Management der US-Popsängerin Taylor Swift hatte ihn um einen Remix gebeten. Für Piontek war es „keine große Sache“, die Anfrage abzulehnen. Erst im Nachhinein sei das Thema in den Medien hochgejubelt worden, sagt Piontek.
Er glaubt nicht, dass Swift selbst von der Anfrage wusste. Ihr Label habe irritiert reagiert, niemand habe ihr je einen Korb gegeben, erinnert sich Piontek. Doch das Angebot sei einfach zum falschen Zeitpunkt gekommen. „Ich war voll im Album-Prozess und wollte ihn nicht unterbrechen, um nebenher schnell Geld zu machen.“
„Ich hoffe, die Blase platzt nicht irgendwann“
Über seinen Erfolg ist Piontek nicht so sicher. Viele Menschen arbeiten lange und hart, um einen Auftritt beim weltberühmten Coachella-Festival zu bekommen, für ihn ist es fast ein Kinderspiel. „Manchmal hat man ein schlechtes Gewissen und denkt: ‚Hoffentlich platzt die Blase nicht irgendwann und die Leute merken, dass er eigentlich nichts kann.'“
Überrascht ist er noch immer über seinen Grammy-Gewinn. Der Musikpreis gilt als höchste Auszeichnung der Musikwelt. Ähnlich wie bei den Oscars in der Filmbranche entscheiden die rund 13.000 Mitglieder der Recording Academy – Vertreter der Musikindustrie, darunter Musiker, Labels und Journalisten – über die Gewinner.
„Deshalb war ich so überrascht. Es war kein Fan-Voting, sondern Leute aus der Branche haben für mich gestimmt“, sagt Piontek. Er wäre nicht zur Preisverleihung nach Los Angeles gereist, wenn ihn seine Frau nicht dazu überredet hätte. Nun ist er selbst Jurymitglied – eine Ehre, sagt der gebürtige Dresdner.
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