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Ärztehaus Dresden in Gefahr: Wohnheimpläne sorgen für großen Frust
Im Ärztehaus am Albert-Wolf-Platz in Prohlis herrscht großer Frust. Dem Gebäude droht der Abriss, weil die Stadt auf dem Gelände ein Wohnheim errichten will.
Dresden – Im Ärztehaus am Albert-Wolf-Platz in Dresden-Prohlis der frust ist groß. Dem Gebäude droht der Abriss, weil die Stadt auf dem Gelände steht möchte ein Azubi-Wohnheim bauen lassen. Die betroffenen Mieter fühlen sich ignoriert und kämpfen für den Erhalt des Medizinstandortes.
            Das Ärztehaus am Albert-Wolf-Platz in Prohlis soll einem Azubi-Wohnheim mit insgesamt 320 Wohnungen „geopfert“ werden. © Ove Landgraf
        
„Wir haben von den Plänen im September durch unsere Patienten erfahren, die einen Zeitungsbericht gelesen haben“, ärgert sich Hausarzt Martin Schoch (53) im Interview mit TAG24.
Wenig später erschien plötzlich eine Einladung des Stadteigentümers zur Mieterversammlung im Briefkasten. „Der Termin wurde uns erst zwei Tage vorher mitgeteilt“, sagt der vielbeschäftigte Allgemeinmediziner.
Im Rahmen des Treffens wurde ihnen schließlich klar, dass das Ärztehaus einem Hochhaus für Auszubildende weichen sollte. „Uns wurde eine Frist von vier Wochen gesetzt, um verbindlich zu sagen, ob wir den Neubau anmieten wollen und wie viele Quadratmeter wir dafür benötigen.“
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Daraus ergaben sich zwei große Probleme: „Einerseits fordert die Stadt, dass wir mit einer Übergangslösung zweimal umziehen. Andererseits will sie künftig deutlich höhere Mietpreise kassieren“, berichtet Schoch.
„Statt rund 9 Euro pro Quadratmeter soll ich künftig 25 Euro zahlen“, ergänzt seine Kollegin Manuela Koch-Zec (51), die im Erdgeschoss eine Zahnarztpraxis betreibt. „Dazu kommen noch 50.000 bis 100.000 Euro pro Umzug. Schließlich habe ich hier spezielle Aufbereitungstechnik, die das Verlegen von Kabeln erfordert.“
            Zahnärztin Manuela Koch-Zec (51) möchte mit ihrer Praxis am Standort bleiben und die Patientenversorgung sicherstellen. © Ove Landgraf
        
    Betroffene Praxen starten eine Petition
            Hausarzt Martin Schoch (53) ist mit dem Vorgehen der Stadt unzufrieden. © Ove Landgraf
        
Die beiden Ärzte ließen die Frist verstreichen – auch weil die erforderlichen Entscheidungen so kurzfristig nicht getroffen werden können.
Stattdessen verfassten sie Anfang Oktober zusammen mit den anderen vier Praxen im Gebäude einen Beschwerdebrief an das zuständige Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung. „Bislang haben wir keine Antwort erhalten. Die Kommunikation ist extrem schlecht“, beklagt Schoch.
Mit einer Petition wollen die Mieter die Mieter zusätzlich unter Druck setzen. „Unser Ziel ist es, die Versorgung des Landkreises mit einem Gesundheitszentrum an nutzbarer Mietfläche aufrechtzuerhalten“, sagte der 53-Jährige. Bisher haben bereits über 400 Menschen innerhalb kurzer Zeit mit seinem Kollegen und ihm unterschrieben.
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Dazu gehört das Ehepaar Cornelia (44) und Enrico (44) Nicolai. Die beiden Stammpatienten reisen gezielt von Heidenau nach Prohlis. „Wir legen Wert auf das persönliche Vertrauensverhältnis“, sagen sie. Sie war völlig überrascht von der Ankündigung des bevorstehenden Abrisses. „Das wäre schade“, sind sich die Eltern der drei Kinder einig. Ein Azubi-Wohnheim würde ihrer Meinung nach nicht in diesen Bereich passen, in dem es häufig zu Konflikten durch das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen kommt.
Auch Jutta Weise (81) hält nicht viel von den Plänen. „Ich war entsetzt, als ich das hörte“, sagt die Seniorin. „In meinem Alter brauche ich Ärzte in meiner Nähe.“
            Enrico (44) und Cornelia (44) Nicolai würden den Abriss des Gebäudes sehr bereuen. © Ove Landgraf
        
            Jutta Weise (81) ist auf Behandlungen im Ärztehaus angewiesen. © Ove Landgraf
        
    Mit konkreten Aussagen hält sich das Rathaus noch zurück
            Der aktuelle Standort mit verschiedenen Praxen besticht durch seine umfassende medizinische und gesundheitliche Versorgung. © Ove Landgraf
        
Auf Nachfrage von TAG24 erklärte eine Sprecherin der Stadt zu dem Bauvorhaben, dass ein Auszug der Mieter aus dem Bestandsgebäude voraussichtlich Ende 2026 oder Anfang 2027 erforderlich sein werde, wenn die Immobilie zuvor abgerissen werden müsse.
Angesprochen auf die Kritik, die die Betroffenen überrumpelt fühlte, fuhr das Rathaus fort: „Eine mögliche Umsetzung des Vorhabens im Rahmen des Förderprogramms wurde erst im September konkret und im selben Monat wurde auch die Mieterversammlung einberufen, um die Mieter persönlich über das Vorhaben und die derzeit geprüften Varianten zu informieren.“
Ziel sei die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung im Landkreis, heißt es.
    AfD-Stadtratsfraktion ist „schockiert“ und fordert eine äußerst sorgfältige Prüfung
            AfD-Stadtrat Steffen Hanisch (64) will sich mit seiner Fraktion für das Ärztezentrum einsetzen. © Thomas Türpe
        
Verschiedene Stadtratsfraktionen positionieren sich deutlich klarer. Die CDU erklärt gegenüber TAG24, dass das Ärztezentrum und die wohnortnahen medizinischen Dienste in Prohlis benötigt und unbedingt notwendig seien.
Die AfD sei „schockiert“ über die Pläne. „Selbstverständlich werden wir darauf achten, dass die Aufrechterhaltung der Praxen oberste Priorität hat und alle Optionen diesbezüglich äußerst sorgfältig geprüft werden“, sagte Steffen Hanisch (64), Bezirksstadtrat in Prohlis.
Sollte ein Abriss dennoch unumgänglich sein, stehe die Landeshauptstadt Dresden klar in der Pflicht, Ärzten und Therapeuten „alternative, vergleichbare Angebote in der Nähe des jetzigen Standorts“ bereitzustellen.
Auch die Linke sieht die Verwaltung in der Verantwortung, wohnortnahe Alternativen für das Ärztehaus aufzuzeigen. „Die ursprünglich diskutierte Unterbringung des Ärztehauses im Azubi-Wohnheim und damit ein Verbleib am Standort ist für uns noch nicht vom Tisch“, sagte Stadträtin Anja Stephan (49), Mitglied im Sozial- und Gesundheitsausschuss.
Susanne Krause (41), baupolitische Sprecherin der Grünen, sagt: „Wir halten gebündelte Angebote zur medizinischen Versorgung in Prohlis für absolut sinnvoll.“
            Susanne Krause (41, Grüne) ist überzeugt, dass das geplante Wohnheim künftig dazu beitragen wird, Fachkräfte zu gewinnen. © Eric Münch
        
Gleichzeitig ist die ausbildungsstandortnahe Unterbringung der Auszubildenden für Dresden ein wesentlicher Standortvorteil bei der Gewinnung von Fachkräften für die Zukunft. „Ich bin mir sicher, dass man mit kluger Planung allen Anforderungen gerecht werden kann“, sagt der 41-Jährige.
