Das europäische Asylsystem soll reformiert werden. Der Bundestag debattiert nun erstmals über die Umsetzung. Während Innenminister Dobrindt eine Verschärfung der Maßnahmen fordert, gibt es aus der Opposition heftige Kritik.
Der Bundestag hat kontrovers über eine geplante Verschärfung der Regeln zur Umsetzung der EU-Asylreform in deutsches Recht debattiert. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte am Donnerstag im Berliner Parlament: „Unser Land darf kein Magnet für illegale Migration mehr sein.“ Auch die europäischen Nachbarn profitierten von der Verschärfung der deutschen Migrationspolitik.
Deutschland sei „keine Bremse mehr, sondern ein Treiber der Migrationswende in Europa“, so der Innenminister. Es sind sowohl nationale als auch europäische Lösungen erforderlich. Weltoffenheit und europäische Einigung könne nur aufrechterhalten werden, wenn Ordnung in der Migration hergestellt werde, sagte Dobrindt.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) soll die Einreise von Flüchtlingen besser organisieren und ihre Verteilung zwischen den EU-Staaten gerechter gestalten. Über Asylanträge von Menschen mit geringer Bleibeperspektive wird künftig an der EU-Außengrenze entschieden. In Deutschland ist dies grundsätzlich für Abläufe an Flughäfen umzusetzen.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Geas-Reform bis Mitte 2026 umsetzen. Dobrindt strebt ein früheres Inkrafttreten von Teilen der deutschen Umsetzung an. Die Reform stößt bei Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen auf Kritik, da auch Minderjährige in Grenzverfahren festgehalten werden, sofern sie nicht ohne Begleitung von Erwachsenen ankommen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht in den Gesetzesentwürfen „gravierende Mängel bei den Kinderrechten“. Insbesondere die Verlängerung der Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen und die Möglichkeit einer Bewegungseinschränkung in den Unterkünften seien inakzeptabel, erklärte die Vizepräsidentin des Hilfswerks, Anne Lütkes.
Familien kommen auf der Suche nach Schutz nach Deutschland und werden stattdessen eingesperrt
Darüber hinaus will Dobrindt mit dem Gesetzentwurf die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr Flüchtlinge, für die ein anderer EU-Staat zuständig ist, in separaten Einrichtungen untergebracht werden. Ziel ist eine schnellere Rückführung von Asylbewerbern in diese Länder. In Brandenburg und Hamburg gibt es bereits sogenannte Dublin-Zentren.
Der AfD-Abgeordnete Bernd Baumann bezeichnete die Reform in der Bundestagsdebatte als „reine Verschwendung“. Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic warf der Regierung vor, mit den geplanten sogenannten sekundären Migrationszentren faktisch Menschen festzuhalten. „Familien kommen nach Deutschland, um Schutz zu suchen, und werden stattdessen eingesperrt“, sagte Mihalic.
Noch härter äußerte sich die Linken-Abgeordnete Clara Bünger. Sie bezeichnete die Reform als „autoritäre Wende“ und warf der Regierung eine Politik vor, „die seit langem das Markenzeichen der AfD ist: Abschottung, Inhaftierung, Entrechtung“. Besonders empört zeigte sie sich über Regelungen, nach denen Kinder auch dann inhaftiert werden dürfen, wenn es ihrem Wohl dient: „Inhaftierung kann niemals, wirklich nie dem Wohl eines Kindes dienen.“
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), verteidigte den Regierungsentwurf hingegen. Diese vereinte „Menschlichkeit und Ordnung“ und setzte europäische Vereinbarungen und den Koalitionsvertrag um. Sie nimmt die Kritik aus Zivilgesellschaft, Verbänden und Kirchen ernst und kann einige Punkte nachvollziehen. „Denn es wird Regelungen geben, die bis an die Grenzen dessen gehen, was das Grundgesetz, die EU-Grundrechtecharta und die Genfer Flüchtlingskonvention zulassen“, sagte Pawlik.
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