Die 18 Inseln der Färöer im Nordatlantik haben weniger als 55.000 Einwohner – und dennoch hat der Fußball-Zwerg in der WM-Qualifikation am Donnerstagabend Geschichte geschrieben.
Mit einem 4:0-Sieg überwältigte die Nummer 136 der FIFA-Weltrangliste die um 56 Plätze weiter vorne liegenden Gäste aus Montenegro.
Während in Montenegro von einem „Sturz in den Abgrund“ die Rede war, feierten die Färöer den größten Sieg in der Vereinsgeschichte.
Obwohl der autonome Inselstaat, der noch nie bei einer WM- oder EM-Endrunde vertreten war, im vergangenen Jahr bereits ein Freundschaftsspiel gegen Liechtenstein mit 4:0 gewonnen hatte, waren in einem Qualifikationsspiel zuvor noch nie vier Tore geschossen worden.
Fußball-Zwerg jubelt: „Endlich hat alles gepasst“
„Wir haben mehrfach gute Leistungen gezeigt und waren oft nah dran – und heute hat endlich alles gepasst. Den Spielern gebührt jedes Lob“, freute sich Bundestrainer Eydun Klakstein im öffentlich-rechtlichen Sender KVF.
Beim Riesensieg vor gut 2.000 Zuschauern in der Hauptstadt Tórshavn stach jedoch ein Spieler besonders hervor: Árni Frederiksberg.
Der 33-jährige Offensivspieler bereitete nicht nur die beiden Tore von Hanus Sörensen vor, sondern traf auch per Strafstoß zum 4:0-Endstand.
Grocer wird zum Matchwinner
Kurz vor der Pause sorgte Frederiksbergs Freistoß aus spitzem Winkel für den 2:0-Endstand.
Während die UEFA das Tor offiziell als Montenegros Eigentor einstufte, schrieben färöische Medien das Tor auch den Färingern zu.
Ob ein oder zwei Tore: Es war ein besonderes Spiel für Frederiksberg, der für den färöischen Meister KÍ Klaksvik spielt.
„Heute Abend hat alles perfekt geklappt und ich bin völlig erschöpft vom Platz gegangen“, freute sich der Matchwinner nach dem Spiel. „Es war einfach großartig und die Gesamtleistung war hervorragend.“
Noch bemerkenswerter wird die Geschichte durch die Tatsache, dass der Färöer hauptberuflich als CEO eines Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens arbeitet, das unter anderem Tiefkühlpizzas verkauft.
„An einem normalen Tag bin ich zwischen 8:00 und 16:00 Uhr im Büro und spiele von 17:00 bis 20:00 Uhr Fußball“, sagte Frederiksberg 2023 in einem Interview Eurosport erklärt.
„Alle Spieler haben einen Job oder gehen zur Schule“
Für die Nationalspieler des Archipels ist es normal, dass sie einem Job außerhalb des Sports nachgehen.
„Der Fußball auf den Färöer-Inseln wird größtenteils von lokalen Unternehmen finanziert und die Sponsorenverträge sind nicht besonders groß. Alle lokalen Spieler haben entweder einen Job oder gehen neben dem Fußball zur Schule“, erklärte Frederiksberg damals.
Nach dem Triumph über Montenegro, das rund elfmal so viele Einwohner hat wie der Inselstaat, wurde Frederiksberg gefragt, wie er mit seiner Doppelbelastung klarkommt.
Seine Antwort: „Diese Woche lag der Fokus ganz auf Fußball und es war schön, trainieren zu können. Heute Abend habe ich an nichts anderes gedacht als an dieses tolle Erlebnis.“
Eine Teilnahme an der Weltmeisterschaft ist rechnerisch weiterhin möglich
Durch den 4:0-Sieg haben die Färöer sogar eine rechnerische Chance, sich für die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko zu qualifizieren. Zwei Spiele vor Schluss liegt der Außenseiter mit neun Punkten auf dem dritten Platz der Gruppe L – hinter Kroatien und Tschechien, die jeweils vier Punkte mehr haben.
Der Tabellenerste qualifiziert sich direkt am Ende, der Zweite kann sich über die Playoffs für die Endrunde qualifizieren.
Da die Färöer allerdings weiterhin gegen die favorisierten Kroaten und Tschechen antreten müssen, erscheint eine Teilnahme an der Weltmeisterschaft eher unwahrscheinlich.
Doch Frederiksberg und Co. müssen sich nicht verstecken: Das Hinspiel gegen Tschechien endete 1:2, während die Mannschaft gegen Kroatien nur 0:1 verlor.
Ein Gegner, den niemand unterschätzen sollte
Dass die Färöer-Inseln für große Mannschaften nicht unbedingt ein Kinderspiel sind, hat die deutsche Nationalmannschaft bereits erlebt.
2003 entging der damalige Vize-Weltmeister unter Rudi Völler in der EM-Qualifikation nur knapp einer Blamage: Erst späte Tore von Miroslav Klose (89.) und Fredi Bobic (90.+2) retteten das DFB-Team.
Auch dieses Mal wollen sich die Inselfußballer in der WM-Qualifikation nicht kampflos geschlagen geben.
„Wir wollen mehr Punkte holen“, kündigte Bundestrainer Klakstein vor dem nächsten Duell mit Tschechien am Sonntag an.