Die wichtigsten Fragen und Antworten zu deutschen Grenzkontrollen

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu deutschen Grenzkontrollen
Die wichtigsten Fragen und Antworten zu deutschen Grenzkontrollen
Seit dem 16. Oktober kommt es an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz zu stichprobenartigen Grenzkontrollen (picture alliance / dpa / Frank Hammerschmidt)

Was ist der Schengen-Raum und wer gehört dazu?

Er gilt als eine der bedeutendsten Errungenschaften Europas: ein Zusammenschluss von Staaten, die sich auf freien Reiseverkehr ohne Passkontrollen und unbürokratischen Warentransport an ihren Binnengrenzen geeinigt haben. Unterzeichnet wurde das Gründungsabkommen im Juni 1985 – also vor fast 40 Jahren – von Deutschland, Frankreich und den Beneluxstaaten im luxemburgischen Grenzort Schengen. Heute umfasst der Schengen-Raum 29 Länder. Dazu zählen 25 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Zuletzt kamen Bulgarien und Rumänien hinzu. Dort wurden bislang nur die Kontrollen an den Luft- und Seegrenzen aufgehoben, nicht aber an den Landgrenzen.

Wann sind Kontrollen zulässig?

Bei „außergewöhnlichen Umständen“ kann ein Mitgliedsstaat laut Schengen-Kodex wieder Kontrollen einführen. Dies könne allerdings nur „vorübergehend“ und „als letztes Mittel“ geschehen. Aufgrund hoher Migrationszahlen, Terroranschlägen und der Corona-Pandemie ist die Ausnahme jedoch zur Regel geworden. Seit 2006 wichen Mitgliedsstaaten in mehr als 440 Fällen vom Grundprinzip der uneingeschränkten Reisefreiheit ab, wie aus einer Liste der EU-Kommission hervorgeht. Die Kommission kann die Länder ermahnen, hat aber kein Vetorecht.

Wo wird aktuell kontrolliert – und wo ab Montag?

Derzeit haben acht Länder Kontrollen in Brüssel angemeldet – darunter Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Dänemark und Schweden. Österreich begründet dies mit „irregulärer Migration“ und Italien mit der „Gefahr terroristischer Aktivitäten“. Deutschland hatte wegen der Migrationslage 2015 Kontrollen an den Grenzen zu Österreich eingeführt. Seit Oktober 2023 gibt es solche Kontrollen auch zu Polen, Tschechien und der Schweiz sowie aktuell im Nachgang der Olympischen Spiele zu Frankreich. Ab Montag weitet die Bundesregierung die Kontrollen auf alle Landgrenzen aus, darunter zu Belgien, Dänemark, Luxemburg und den Niederlanden.

Wie begründet Deutschland die neuen Kontrollen?

Bundesinnenminister Faeser nimmt in einem Brief an die EU-Kommission Bezug auf die Migrations- und Sicherheitslage. Die Ressourcen von Bund und Ländern zur Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen seien „nahezu erschöpft“, schreibt Faeser. Neben „Gefahren durch islamistischen Terrorismus“ hätten „jüngste Vorfälle von Messerangriffen und Gewaltkriminalität durch Flüchtlinge zu einer massiven Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls und des inneren Friedens geführt“.

Wie reagieren die EU-Partner?

Ungarn und Italien fühlen sich in ihrer harten Migrationspolitik bestätigt, andere wie Polen und Griechenland kritisieren das deutsche Vorgehen scharf. Polens Ministerpräsident Tusk hat „dringende Konsultationen“ mit anderen deutschen Nachbarn angekündigt. Nötig seien zur Bekämpfung der irregulären Migration nicht Kontrollen an den EU-Binnengrenzen, sondern ein besserer Schutz der europäischen Außengrenzen, sagte Tusk. Letzteres sieht die im Mai besiegelte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts (GEAS) vor. In Kraft treten soll es allerdings erst Mitte 2026. Faeser hatte bereits im Frühjahr angekündigt, die bestehenden Kontrollen fortsetzen zu wollen, „bis das neue EU-Asylsystem mit starkem Außengrenzschutz greift.“

Wie lange werden die deutschen Grenzkontrollen voraussichtlich dauern?

Die neuen Kontrollen sind zunächst auf sechs Monate, also bis zum 15. März 2025, befristet. Sie können in begründeten Fällen auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Laut dem im Mai reformierten Schengen-Kodex ist eine Verlängerung um ein weiteres Jahr „in schwerwiegenden Ausnahmesituationen angesichts einer anhaltenden Bedrohung“ möglich, also für insgesamt drei Jahre. Die Praxis zeigt allerdings, dass Länder neue Kontrollen immer mit Unterbrechungen ankündigen.

Diese Nachricht wurde am 15.09.2024 im Deutschlandfunk ausgestrahlt.

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