Nachdem der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums nur geringe Einsparungen durch die Abschaffung des Bürgergeldes verspricht, gerät die CDU/CSU-Fraktion in Erklärungsnot.
Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ geht Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) davon aus, dass strengere Sanktionen für Transfergeldempfänger in der neuen Grundsicherung im Jahr 2026 lediglich zu Einsparungen von 86 Millionen Euro führen werden. 2027 sollen es nur noch 69 Millionen Euro sein. Danach rechnet das Ministerium sogar mit steigenden Kosten.
Wir müssen mehr Menschen in Arbeitsplätze vermitteln. Das ist der wichtigste Hebel, um wirklich Geld zu sparen.
Marc BiadaczArbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Die Union hatte die Reform im Wahlkampf gefordert und in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach im September von einem Einsparpotenzial von fünf Milliarden Euro pro Jahr.
„Wir müssen mehr Menschen in Jobs vermitteln. Das ist der wichtigste Hebel, um wirklich Geld zu sparen“, sagte Marc Biadacz, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel.
Das Ifo-Institut hat kürzlich berechnet, dass der Staat mehr als zwei Milliarden Euro einsparen würde, wenn es ihm gelänge, 100.000 Menschen in Arbeit zu bringen. Durch geschickte Arbeitsmarktpolitik und den Einsatz strengerer Sanktionen könnte es gelingen, die Arbeitslosigkeit deutlich zu senken und so deutlich mehr Geld zu sparen und weniger für die Grundsicherung auszugeben.
Biadacz sagte zudem, dass der nun geplanten Einführung der Grundsicherung ein zweiter Reformschritt folgen werde. „Wir wollen stärker gegen Missbrauch und betrügerische Inanspruchnahme von Sozialleistungen vorgehen.“
Auch der CDU-Arbeitsmarktpolitiker Kai Whittaker hält am Einsparziel von fünf Milliarden Euro fest. Die nun bevorstehenden Veränderungen seien die Grundlage dafür, dass die Jobcenter wieder zu ihrer eigentlichen Arbeit, der Vermittlung von Menschen in Festanstellungen, zurückkehren könnten, sagte Whittaker im Deutschlandfunk. Sollte dies gelingen, wären auch die von der Union prognostizierten Einsparungen von fünf Milliarden Euro möglich.
Viele Arbeitslose sind kaum erwerbsfähig
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezweifelt, dass härtere Sanktionen die Arbeitslosigkeit deutlich senken könnten. Der Wirtschaftsforscher sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, es gäbe nur sehr wenige Bürgergeldempfänger, die das System missbrauchten.
„Allerdings haben die meisten Bürgergeldempfänger weder eine Qualifikation noch gesundheitliche Probleme“, erklärte er. Dann „nützt auch die härteste Sanktion nichts, um sie zur Arbeit zu bringen.“
Die Bundesregierung will „vermeintlich Faule“ bestrafen, „damit es dem Rest der Bevölkerung besser geht.“ Fratzscher sprach daher von einer „populistischen Ablenkungstaktik“.
Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, äußerte die Erwartung, dass die Reform „mehr schaden als nützen“ werde. Er warnte davor, unverschuldet in Not geratene Menschen zu stigmatisieren.
Das Reformvorhaben gehe zu Lasten der Betroffenen, Beschäftigten in Jobcentern und Gerichten, sagte Werneke dem „RND“. In den Jobcentern würden „in Zukunft noch mehr Konflikte ausgetragen“ und die Gerichte würden „viele der Verschärfungen anerkennen“.
Besteht die Gefahr weiterer Obdachlosigkeit?
Die Geschäftsführerin des Deutschen Sozialverbandes, Michaela Engelmeier, kritisierte insbesondere, dass es künftig möglich sein soll, die Mietzahlungen für Sozialhilfeempfänger komplett zu streichen. Angesichts des Mangels an ausreichend bezahlbarem Wohnraum sei dies „unverantwortlich“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Es betreffe nicht nur diejenigen, die mit dieser Maßnahme gerügt werden müssten, warnte Engelmeier. Für Leistungsempfänger dürfte es noch schwieriger werden, eine Wohnung zu finden.
„Die Vermieter wissen mittlerweile auch, dass die Vergabe einer Wohnung an Bürgergeldbezieher das Risiko birgt, dass das Amt die Miete nicht mehr zahlt.“ Sie befürchtet, dass die „Wohnungskrise dann zur Obdachlosenkrise wird“. Schließlich wären Familien von der Regelung ausgenommen. (mit EPD)