Der ehemalige Marktführer für die Reinigung von Chiasamen steht kurz vor dem Aus. Mitarbeiter haben Angst um ihren Arbeitsplatz und ihr Gehalt.
Ravensburg – Die Wirtschaftskrise hat ein weiteres Traditionsunternehmen getroffen. Die Naturkostübelhör GmbH & Co. KG aus Friesenhofen bei Leutkirch im Landkreis Ravensburg in Baden-Württemberg musste Insolvenz anmelden und reiht sich damit in die dramatisch steigende Zahl deutscher Firmeninsolvenzen ein.
Das Amtsgericht Ravensburg hat am 15. Oktober das Insolvenzverfahren eröffnet Schwäbischer Verlag gemeldet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Gericht Rechtsanwalt Alexander Hubl von der Kanzlei Schneider Geiwitz & Partner. Das 1987 gegründete Unternehmen kann seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen.
Insolvenzwelle in Deutschland: Teil einer besorgniserregenden Entwicklung
Das Unternehmen entwickelte sich über Jahrzehnte vom Ein-Mann-Betrieb zu einem international agierenden Unternehmen. Mit Niederlassungen in Peru, Mexiko und den USA importiert und veredelt Bösehör Bio-Rohstoffe wie Chiasamen, Hülsenfrüchte und Kakaoprodukte für die Lebensmittelindustrie. Am Hauptsitz in Friesenhofen betrieb das Unternehmen zeitweise die einzige Reinigungsanlage für Chiasamen in ganz Europa.
Die Insolvenz von Naturkostübelhör steht im Kontext einer dramatischen Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Laut einer aktuellen Studie des Kreditversicherers Allianz Trade werden die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2025 um elf Prozent auf rund 24.320 Fälle steigen – fast doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Milo Bogaerts, Chef von Allianz Trade in Deutschland, warnt: „Nach einem sehr turbulenten Jahr 2025 gibt es für Deutschland langsam Licht am Ende des Insolvenztunnels.“ Dennoch bleiben die Prognosen düster: Für 2026 werden 24.500 Insolvenzen erwartet – der höchste Wert seit zwölf Jahren.
Natürliche Lebensmittel sind vom Aussterben bedroht: 38 Arbeitsplätze bedroht
Die Zukunft der 38 Mitarbeiter steht auf dem Spiel. Patrick Hacker, Pressesprecher des Insolvenzverwalters, bestätigt, dass „erste wichtige Schritte“ bereits getan seien. Die Sicherung von Löhnen und Gehältern durch Insolvenzgeld hat oberste Priorität. Da diese Zahlungen erst nach Eröffnung des Verfahrens erfolgen, organisiert der Insolvenzverwalter eine Vorfinanzierung. Gleichzeitig müssen die vorrätigen Bio-Rohstoffe zeitnah verkauft werden, da einige davon verderblich sind. Laufende Aufträge will das Unternehmen auch im Servicegeschäft abwickeln.
Die Insolvenz verdeutlicht die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft. Unternehmen leiden unter hohen Zinsen, restriktiven Kreditbedingungen und Veränderungen in verschiedenen Branchen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen geraten unter Druck.
Ungewisse Zukunft für das Naturkostunternehmen Bösehör
Ob eine Rettung des Unternehmens möglich ist, bleibt offen. Zu konkreten Sanierungsmaßnahmen erklärt Sprecher Hacker: „Für verlässliche Aussagen hierzu ist es derzeit noch zu früh.“ Im Insolvenzverfahren wird geprüft, ob die Sanierung erfolgreich ist oder eine Schließung unumgänglich ist. Das Unternehmen selbst hat bisher nicht auf Anfragen geantwortet. Kürzlich musste ein weiteres Unternehmen aus Baden-Württemberg, das während Corona noch boomte, Insolvenz anmelden. (Quellen: Schwäbischer Verlag, DPA, AFP) (cgsc)
