
Die Union bereitet sich auf einen Regierungswechsel vor und hat eine neue Energieagenda erstellt. Es ist interessant, wie oft sich CDU und Grüne einig sind.
Berlin – Während die Ampelkoalition von einer Krise in die nächste schlittert, planen CDU und CSU bereits einen Regierungswechsel. Am Dienstag, 5. November, will die Union für ihre neue Energieagenda werben und Pläne für ein klimaneutrales Deutschland skizzieren. Die Energieagenda ist bereits durch die Medien gegangen und befindet sich auch im Entwurf IPPEN.MEDIA vor. Besonders spannend ist, dass sie sich oft mit den Vorstellungen der Union und denen der Ampel-Koalition decken.
Neue Energieagenda der CDU: Klimaneutralität und Erhalt der Industrie im Fokus
Unionspolitiker streben einen Kurswechsel in der Energiepolitik an. Der Schlüssel liegt in einer „Kostenwende“, wie es im Entwurf mehrfach heißt. Im Papier der CDU-Abgeordneten Andreas Jung und Jens Spahn heißt es: „Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz wird die Energiewende scheitern.“ Die Borniertheit und Regulierungsbesessenheit der Ampelkoalition, die sich am Beispiel des Heizungsgesetzes zeigte, wird von weiten Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert. Ob sie das Heizungsgesetz abschaffen oder wieder anpassen würden, schreiben die Abgeordneten allerdings nicht.
Vielmehr geht es um eine Energie- und Klimapolitik, die Wirtschaftlichkeit, Pragmatismus und Engagement vereint. Der Fokus sollte auf Klimaneutralität und dem Erhalt der Branche liegen. Der weitere Anstieg der Strompreise soll verhindert werden. Synergien eines „Verbundenen Energiesystems“ sollten besser genutzt werden als die Ampel mit ihrer „einseitigen Fokussierung“ auf Wind- und Solarenergie. „Wir müssen die zukünftige Erzeugung und Verteilung von Strom, grünen Gasen, einschließlich Wasserstoff, sowie das Management von Kohlenstoff planen.“ Eine Kostenwende lässt sich vor allem mit mehr „Technologieoffenheit“ erreichen.
Beim Ausbau der Stromnetze sollten aus Sicht der Union künftig die notwendigen sogenannten HGÜ-Übertragungsnetze grundsätzlich als Freileitungen geplant und umgesetzt werden, wenn sich Vorteile hinsichtlich der Bau- und Betriebskosten sowie der Planungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit ergeben, wie z heißt es in dem Papier. Es sollte der Grundsatz gelten: „Über der Erde wo möglich – unter der Erde wo nötig.“
CDU und CSU wollen die Strompreise senken: Stromsteuer auf ein Minimum reduzieren
In dem Papier bekennt sich die Union zur Rolle des Stroms in der Zukunft: „Strom muss einen größeren Anteil an einer klimafreundlichen Energieversorgung ausmachen.“ Nach Ansicht von Unionspolitikern sollten Speicherkapazitäten ausgebaut und steuerbar gemacht werden, zudem sollten Elektroautos „durch bidirektionales Laden gezielt als Speicher genutzt werden können“.
Um den Erfolg des klimaneutralen Stroms zu sichern, muss auch der Strompreis sinken. Geschieht dies nicht, „könnten stromintensive Anwendungen wie Elektromobilität oder Wärmepumpen nicht ausreichend umgesetzt werden“. CDU und CSU wollen deshalb die Stromsteuer auf ein Minimum reduzieren und auch die Netzentgelte senken. Seit 2003 beträgt die Stromsteuer 2,05 Cent pro Kilowattstunde Strom. Der von der EU vorgeschriebene Mindestbetrag liegt bei 0,1 Cent.

Eine Senkung der Stromsteuer auf 0,1 Cent/kWh wäre ein Game Changer für die Energiewende – und einen, den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon seit langem propagiert. Zuletzt tat er dies in seinem Impulspapier für eine neue Wirtschaftspolitik im Oktober 2024. Dort heißt es wörtlich: „Da europaweit die Preise für CO₂-Emissionen steigen dürften, müssen wir andererseits den Strom noch günstiger machen.“ Deshalb sollten wir die Stromsteuer für alle grundsätzlich auf das europarechtliche Minimum senken – davon profitieren große Unternehmen, die breite Palette kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie alle Verbraucher. Habeck fordert in dem Papier zudem eine deutliche Senkung der Netzentgelte, wie es die Union wünscht.
Habeck wird derzeit von seinem Koalitionspartner ausgebremst: Im Jahr 2023 kassierte der Bund 6,3 Milliarden Euro aus der Stromsteuer. Auf diese Einnahmen will FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner nicht verzichten, weshalb er eine Senkung der Stromsteuer bislang ablehnt.
Union fordert mehr Smart Meter und Weiterentwicklung des CO₂-Preises
Auch von der Union gefordert: ein massiver Ausbau von Smart Metern. „Wir werden umsetzen, was die Ampel nicht geschafft hat: den Smart-Meter-Turbo zünden“, schreiben die Christdemokraten. Tatsächlich ist es der Ampel-Koalition nicht gelungen, intelligente Stromzähler massiv voranzutreiben. Ein geplanter Rollout ab 2025, der den Smart-Meter-Ausbau deutlich hätte beschleunigen können, soll in wichtigen Teilen noch einmal gebremst werden, so der Wunsch der Netzbetreiber, die eine Überlastung ihres Personals befürchten. Allerdings kam der Smart-Meter-Ausbau erst dank Wirtschaftsminister Habeck wieder auf die Tagesordnung – zuvor waren die intelligenten Stromzähler von der Großen Koalition immer wieder blockiert worden.
Um die Klimaneutralität voranzutreiben, will die Union den CO₂-Preis weiterentwickeln. „Die CO₂-Bepreisung und der Zertifikatehandel (ETS) sind das wirtschaftlich und ökologisch effizienteste Instrument.“ Laut CDU und CSU sollte der Emissionshandel auf „alle Sektoren“ ausgeweitet werden – dadurch würden die (fossilen) Energiekosten für Unternehmen sinken und die Verbraucher enorm steigen. Um dies abzufedern, will die CDU das von der Ampel versprochene, aber nie umgesetzte Klimageld einführen. „Ein Staat, der Bürger und Unternehmen herausfordert, muss den Menschen anderswo etwas zurückgeben.“ Das ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit.“
Ampel und Union sind sich bei Atomkraft weiterhin uneinig: CDU bekennt sich nicht klar
Wo Union und Ampel noch uneins sind: in der Frage der Atomkraft. In dem Papier heißt es, dass die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke am 15. April 2023 mitten in der Energiekrise eine ideologisch motivierte Fehlentscheidung der Ampel gewesen sei. „Unser Ziel ist es, schnellstmöglich eine technische Bestandsaufnahme zu machen, ob angesichts des aktuellen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der kürzlich abgeschalteten Kernkraftwerke mit vertretbarem technischen und finanziellen Aufwand noch möglich ist.“ Von einem klaren Bekenntnis zur Wiederaufnahme der Kernenergie kommt die CDU allerdings nicht annähernd.
Stattdessen betont die Union die Notwendigkeit einer Energieunion mit der EU. „Um seinen Energiebedarf zu decken, muss Deutschland weiterhin ein Land sein, das in großem Umfang Energie importiert.“ Dies gilt insbesondere für Wasserstoff, generell aber für alle Energieformen. Die Union will Biogase und Biomethan stärker fördern, als es die Ampel bisher getan hat.
Weiter heißt es, dass es auf dem Weg zum sozial geförderten Kohleausstieg im Jahr 2038 zu keiner weiteren endgültigen Abschaltung von Kohlekraftwerken kommen soll – solange keine neuen Gaskraftwerke als Ersatz gebaut werden und Für alle Landesteile steht zusätzlicher, alternativer und garantierter Strom zur Verfügung. Die Ampel strebt einen baldigen Kohleausstieg an – dieser gilt aber als äußerst unwahrscheinlich.