

Eintracht Frankfurt setzt mit einem souveränen 4:0-Sieg in Heidenheim seine beeindruckende Erfolgsserie fort und dichtet langsam dem FC Bayern auf.
Ganz am Ende des Interviews in der Eiskammer in Heidenheim musste Frankfurts Kapitän Kevin Trapp einfach nur grinsen. Der tapfere Dazn-Reporter wollte dem Eintracht-Torwart vielleicht eine Kampfansage gegen Bayern München entlocken, doch der spielte natürlich nicht mit. „Nein, nein, nein“, sagte der Torwart lächelnd.
„Das ist ein wunderschöner Schnappschuss. Wir haben ein unglaubliches Selbstvertrauen und ein Selbstbild entwickelt“, sagte der 34-Jährige. „So sollten wir jetzt weitermachen.“ Aber Bayern-Jäger? Nein, nein, nein.
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Nathaniel Brown: Omars freundlicher Assistent
Die Untertreibung ist verständlich und richtig, doch nach dem klaren 4:0 (1:0)-Erfolg der Eintracht beim 1. FC Heidenheim am Sonntagabend sprechen die Zahlen nun eine andere Sprache und sind durchaus erschreckend. Denn an diesem zwölften Spieltag manifestierte sich Eintracht Frankfurt nicht nur als Zweiter der Bundesliga, sondern baute auch seinen Vorsprung auf den Drittplatzierten, den heutigen deutschen Meister Leverkusen, auf drei Punkte aus und verkürzte den Rückstand auf Branchenprimus Bayern München auf vier Punkte.
Nein, die Hessen marschieren mit sieben Ligaschuhen durch die Liga, obwohl das auch nicht stimmt: Die Eintracht marschiert einfach mit sieben Ligaschuhen durch alle Wettbewerbe. Das Team von Trainer Dino Toppmöller hat mittlerweile sieben Spiele in Folge gewonnen, ist seit neun Spielen ungeschlagen und hat acht davon gewonnen. Wo soll das enden? Sportdirektor Markus Krösche kommentierte gewohnt trocken: „Den Abstand in der Tabelle vergrößert zu haben, ist eine gute Geschichte.“
Mit der gleichen Ernsthaftigkeit wie die Spiele zuvor nahmen die Frankfurter auch die Begegnung auf der Schwäbischen Alb an. Sie lassen einfach nicht locker, von Schlamperei oder gar einer etwas laxeren Einstellung ist keine Spur, was angesichts der unzähligen Spiele und der Strapazen des Reisens verständlich wäre. Erst am späten Freitagnachmittag kehrte der Eintracht-Tross aus Dänemark nach Hause zurück – um zwei Tage später ein kleines Feuerwerk zu zünden.
Natürlich war es wieder Omar Marmoush, der die Eintracht auf die Siegesstraße brachte. Der Verlauf der Ägypter lässt sich nicht mehr rational erklären. Was auch immer der 25-Jährige anpackt, es funktioniert – obwohl das gar nicht stimmt: An jenem frostigen Abend in Heidenheim hätte der Himmelsstürmer nicht nur zwei, sondern auch vier oder fünf Tore schießen können. Und das ist keineswegs übertrieben.
Eintracht-Spieler Omar Marmoush entfesselt
So blieb es bei den Toren 1:0 (22.) und 3:0 (58.) – beide hervorragend eingeleitet vom ebenso überragenden Nathaniel Brown. Fares Chaibi, der für den blassen Igor Matanovic eingewechselt wurde, erzielte ebenfalls das 2:0 (49.) (siehe Bericht auf der folgenden Seite). Für den Endstand sorgte ein schönes Zusammenspiel zweier Einwechselspieler: Ansgar Knauff bediente Hugo Ekitiké mustergültig, der für den 4:0-Endstand sorgte (90.+4.).
Marmoush sprengte mit seiner entfesselnden Leistung alle Ketten; es war seine 28. Torbeteiligung im 19. Spiel. Das ist nicht von dieser Welt. Er ist ein so großer Faktor und ein so großer Unterschiedsspieler, dass manche Leute denken, dass Spiele mit Omar Marmoush einfach unfair seien. Da könnte sogar was dran sein.
Der 4:0-Sieg in Heidenheim war, wie es in der nüchternen Bilanz heißt, ein „hochverdienter“ (Cheftrainer Dino Toppmöller) Erfolg der Eintracht. Auch die Höhe ging in Ordnung, im zweiten Abschnitt konnten sich die Heidenheimer bei ihrem Keeper Kevin Müller dafür bedanken, dass sie nicht völlig zerquetscht wurden. „Es war ein Klassenunterschied“, sagte FCH-Trainer Frank Schmidt, der in der ersten Halbzeit ein ausgeglichenes Spiel sehen wollte. Stimmt, einmal musste Eintracht-Torwart Kevin Trapp einen Schuss von Mikkel Kaufmann glänzend parieren (12.), aber auch da war die Eintracht deutlich cooler und souveräner. „Es war eine sehr reife Leistung“, sagte Kapitän Trapp. Und lobte gleichzeitig die „unglaubliche“ Gefühllosigkeit. „Unsere ersten drei Würfe waren drin, wir sind brutal effektiv.“
Und Dino Toppmöller kann nun aufstellen, wen er will – die Spieler erwidern ihr Vertrauen fast immer und er muss kaum nennenswerte Qualitätsverluste hinnehmen. Zumindest in den meisten Fällen. Am Sonntag ließ beispielsweise nur Mittelstürmer Igor Matanovic etwas nach. Zur Halbzeit war für ihn Schluss. Der für ihn eingewechselte Chaibi sorgte prompt für den 2:0-Endstand. „Eine glückliche Hand“, sagte Toppmöller.
Im Vergleich zum 2:1-Sieg auf internationaler Bühne in Dänemark beim FC Midtjylland nahm der Cheftrainer fünf Änderungen vor. Das hat sich inzwischen bewährt, der Trainer bringt immer neue Kräfte mit, um alle frisch zu halten. Er tut dies sehr geschickt und mit Augenmaß, und vor allem achtet er darauf, dass es immer eine Achse auf dem Feld gibt, die eine tragende Funktion übernimmt. „Wir starten nicht die ganz große Rotationsmaschine, es ist wichtig, dass das Gerüst auf dem Feld steht. Es muss funktionieren.“ So war es, wieder am Sonntag im Eisfach auf der Schwäbischen Alb.