„Die Bilanz ist verheerend“
Die Bahngewerkschaft EVG fordert die Entlassung von Cargo-Chef Nikutta
13. Oktober 2025, 16:49 Uhr
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Wie der gesamte Konzern steckt auch die Gütertochter der Bahn in der Krise. Spartenchef Nikutta will dem mit Rotstift entgegenwirken und etliche Standorte schließen und verkleinern. Dagegen protestiert die Gewerkschaft EVG. Seit Nikuttas Amtsantritt beträgt das Defizit inzwischen mehr als drei Milliarden Euro.
Die einflussreiche Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert einen personellen Neuanfang im Güterverkehr der Deutschen Bahn. „Sigrid Nikutta muss als Vorstandsvorsitzende von DB Cargo abgesetzt werden“, sagte die EVG in Berlin. Sie hat seit fast sechs Jahren keine Lösung für die Frachtsparte gefunden. Die EVG wirft ihr vor, den Betrieb lediglich aufzulösen und das Tafelsilber zu verkaufen. DB Cargo lehnte zunächst eine Stellungnahme ab.
„Nikuttas Bilanz ist verheerend – ein Verlust von über 3,1 Milliarden Euro seit ihrem Amtsantritt spricht für sich“, heißt es in einem Brief von EVG-Vizepräsidentin Cosima Ingenschay an Bahn-Chefin Evelyn Palla und Konzern-Aufsichtsratsvorsitzender Werner Gatzer. „Für uns ist klar: Nur ein personeller und strategischer Neuanfang kann DB Cargo retten.“
„Was sie Transformation nennt, ist eigentlich ein gedankenloses Abwickeln“, heißt es laut EVG. Während die Belegschaft jeden Tag alles daran setzt, die Züge am Laufen zu halten, verkauft die Unternehmensleitung Tafelsilber, schickt dringend benötigtes Personal mit Abfindung nach Hause und lagert Dienstleistungen ohne Notwendigkeit an Dritte aus. Die Folgen sind dramatisch: sinkende Qualität, mangelnde Pünktlichkeit und wachsende Unsicherheit im Unternehmen.
„DB Cargo ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft“, erklärte Ingenschay. Ohne die Güterzüge der Bahn gäbe es keinen Hochofen, kein Stahlwerk und keine Automobilfabrik. Doch statt das Bahnsystem zu stärken, verliere sich Nikutta in Eigenwerbung und Social-Media-Auftritten, kritisiert der Gewerkschafter.
Ende August wurde bekannt, dass eine der elf großen Werkstätten von Cargo geschlossen wird. Darüber hinaus wird ein Großteil der sogenannten Filialen geschlossen – insgesamt 10 von 15. Mobile Wartungsteams bleiben jedoch vor Ort. Insgesamt sollen 170 Stellen abgebaut werden. Den Betroffenen sollen jedoch andere Arbeitsplätze im Bahnunternehmen angeboten werden. EVG-Chef Ingenschay hatte von einem „faulen Denkansatz“ gesprochen.
Die EVG hatte zuletzt Personalplanungen von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder verhindert. Der CDU-Politiker hatte Dirk Rompf als neuen Leiter der Bahninfrastruktursparte DB InfraGO vorgesehen. Dies verhinderte jedoch die EVG gemeinsam mit der SPD, so dass sich am Ende keine Mehrheit für Rompf ergab und er zurückzog, obwohl er bereits öffentlich vorgestellt worden war.
DB Cargo muss auf Druck der EU-Kommission umstrukturiert werden, sonst droht eine Zerschlagung. Schnieders neue Bahnstrategie sieht vor, dass die Krisensparte ab 2026 profitabel sein muss. DB Cargo transportierte im ersten Halbjahr 2025 zehn Prozent weniger, der Umsatz ging um neun Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zurück. Der Betriebsverlust verbesserte sich auf 96 Millionen Euro. Im Güterverkehr machen private Konkurrenten der Bahn bereits rund 60 Prozent des Geschäfts in Deutschland aus. DB Cargo hat kürzlich angekündigt, rund 6.000 Güterwagen an den Vermietungsspezialisten GATX Rail Europe (GRE) zu verkaufen.