Cristian Fiél verzog schmerzerfüllt das Gesicht, dann wandte er sich empört ab. Fast so, als ahnte der Trainer von Hertha BSC schon, was nun kommen würde.
Kurz vor dem eigenen Strafraum brachte Herthas Mittelfeldspieler Michael Cuisance seinen Gegenspieler zu Fall, es gab einen Freistoß für Fortuna Düsseldorf – und wenig später führten die Gäste aus dem Rheinland im Berliner Olympiastadion mit 1:0.
Es war der Auftakt eines schweren Tages für Hertha BSC. Vor 50.135 Zuschauern unterlagen die Berliner am Sonntag dem Zweitliga-Spitzenreiter aus Düsseldorf mit 0:2 (0:1). Damit blieben sie erneut drei Ligaspiele in Folge sieglos. Das gelang Hertha zuletzt vor fünf Jahren, damals in der Bundesliga und unter Trainer Ante Covic. „Wir sind alle ein bisschen niedergeschlagen“, sagte Mittelfeldspieler Diego Demme.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Berliner auch noch auf den längeren Ausfall ihres Innenverteidigers Linus Gechter verzichten müssen, der sich in der ersten Halbzeit offenbar an der Schulter verletzt hatte. „Ich habe das Gefühl, dass es noch länger dauern könnte“, sagte Cristian Fiél.
Grundsätzlich haben wir es nicht schlecht gemacht. Aber im letzten Drittel hatten wir wenig Lösungen.
Herthas Mittelfeldspieler Diego Demme
Hertha verfügt ohnehin nicht über eine besonders gute Innenverteidigung. Auch der frisch verpflichtete John Anthony Brooks wird mehrere Wochen ausfallen.
Trainer Fiél hatte gegen Düsseldorf dieselbe Startelf auflaufen lassen wie vor zwei Wochen beim Auswärtssieg in Kaiserslautern. Und die Mannschaft startete, als wolle sie ihre Siegesserie mit aller Kraft fortsetzen. In der Anfangsphase ließ Hertha Düsseldorf kaum Luft zum Atmen, so dominant waren die Gastgeber.
Trotz aller Überlegenheit und einem klaren Ballbesitzvorteil stellten die Berliner in den ersten Minuten keine echte Bedrohung für die beste Defensive der Liga (nur ein Gegentor in vier bisherigen Spielen) dar. „Grundsätzlich haben wir es nicht schlecht gemacht“, sagte Demme. „Aber im letzten Drittel hatten wir wenig Lösungen.“
Luca Schuler, Herthas Mittelstürmer, hing vor der Pause mehr oder weniger in der Luft. Der Düsseldorfer Strafraum war für die Berliner fast schon eine Sperrzone: kein Eindringen erlaubt. „Wir haben sehr diszipliniert verteidigt, sehr geradlinig, sehr strukturiert“, sagte Fortuna-Trainer Daniel Thioune. „Es ist derzeit schwer, gegen uns eine Torchance zu kreieren.“
Vorne hielt sich Thiounes Team zurück. Bis zur 13. Minute, als Cuisance den Ball knapp vor dem eigenen Strafraum klären wollte, den Ball aber verfehlte und Düsseldorf in aussichtsreicher Position einen Freistoß zugesprochen bekam. Isak Bergmann Johannesson schoss den Ball in die Mitte, von hinten kam Dawid Kownacki hereingeeilt und traf unbedrängt zum 1:0.
Für den polnischen Mittelstürmer, der kurz vor Ende der Transferperiode auf Leihbasis von Werder Bremen nach Düsseldorf zurückgekehrt war, war es das erste Saisontor. Für Hertha war es allerdings nicht das erste Mal, dass die Defensive bei gegnerischen Standardsituationen schlecht aussah. Es war bereits das dritte Gegentor, das die Berliner in dieser Saison nach einer Ecke kassierten. „Das alte Problem“, sagte Demme.
Auch danach lief es für Hertha nicht rund. Schon nach einer halben Stunde musste Fiél den ersten Wechsel vornehmen. Linus Gechter wurde bei einem Kopfball von seinem Kollegen Deyovaisio Zeefuik gefoult und landete so unglücklich auf dem Rasen, dass er nicht weiterspielen konnte. „Das hat richtig schlimm ausgesehen“, sagte Gechters Kollege Demme.
Herthas Innenverteidiger wurde noch einige Minuten auf dem Platz behandelt, bevor er auf einer Trage abtransportiert wurde. Auf der Tribüne herrschte beklemmende Stille. „Wir hoffen, dass es nicht so schlimm ist, wie es im Moment aussieht“, sagte Stadionsprecher Fabian von Wachsmann.
Hertha gab zumindest nicht auf
Erst gegen Ende der ersten Halbzeit wurden die Berliner offensiv gefährlicher. Der erneut starke Ibrahim Maza umtanzte seinen Gegenspieler zunächst und spielte dann einen perfekten Pass in den Lauf von Derry Scherhant. Doch Herthas Linksaußen scheiterte am Düsseldorfer Torhüter Florian Kastenmeier, der auch kurz vor der Halbzeit einen gefährlichen Freistoß von Jonjoe Kenny parierte.
Die zweite Hälfte begann turbulent, zunächst aber vor dem Berliner Tor. Und erneut nach einer Ecke. Herthas Innenverteidiger Marton Dardai fälschte einen Schuss des Düsseldorfers Tim Rossmann ab, Torwart Tjark Ernst war schon auf dem Weg in die falsche Ecke, doch Dardai konnte gerade noch eingreifen, bevor der Ball über die Linie rollte.
Doch Hertha baute anschließend mehr Druck auf und setzte sich erneut in der Düsseldorfer Hälfte fest. Schuler, der in der ersten Halbzeit nur zwölfmal den Ball berührt hatte, hatte die erste gute Chance für sein Team. Nach einem Ballgewinn und einem guten Pass in die Tiefe von Michal Karbownik behauptete sich Schuler gegen zwei Düsseldorfer, wurde aber von Kastenmeier gestoppt.
Nach einer knappen Stunde brachte Fiél die Flügelspieler Jon Dagur Thorsteinsson und Kevin Sessa. Der Mittelfeldspieler debütierte für Hertha, nachdem er sich in der Saisonvorbereitung eine Knieverletzung zugezogen hatte. Der erhoffte Effekt der Einwechslungen blieb allerdings aus – denn Hertha kassierte kurz darauf eine 0:2-Niederlage.
Auch dieser Treffer fiel – wie sonst? – aus einer Standardsituation. Nach einem Freistoß aus dem Mittelfeld verlor der für Gechter eingewechselte Kapitän Toni Leistner den Kopfball, Jonjoe Kenny klärte nicht energisch genug und der Ball landete direkt vor den Füßen des kurz zuvor eingewechselten Jona Niemic, der wie auch sein Kollege Kownacki erstmals in dieser Saison traf.
Hertha gab nicht auf. Thorsteinsson wurde von Fortuna-Torhüter Kastenmeier gestoppt, Maza traf kurz darauf den Pfosten. Doch es sollte an diesem Nachmittag offenbar nicht sein. „Heute lief es irgendwie gegen uns“, sagte Cristian Fiél.