BUENOS AIRES. Am 10. Dezember ist es ein Jahr her, dass Javier Milei als argentinischer Präsident vereidigt wurde. Die Medien, auch in Deutschland, stellten ihn als „Rechtspopulisten“ und neben Donald Trump als größte Bedrohung dar. Doch mit ihm verbanden sich auch viele Hoffnungen auf ein Comeback des in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach zahlungsunfähigen südamerikanischen Landes.
Als Milei vor zwölf Monaten die Staatsgeschäfte übernahm, war das Land mit mehr als 400 Milliarden US-Dollar erneut völlig überschuldet. Der radikallibertäre Präsident hatte versprochen, mit der Kettensäge an die Staatsausgaben heranzugehen, was er im Wahlkampf mehrfach auf die Bühne brachte. „No hay Plata“ (deutsch: Es gibt kein Geld) ist bis heute sein Motto.
Unter Milei sinkt die Inflation in Rekordtempo
Er war sich mit den Argentiniern einig, dass es ein Jahr dauern würde, bis Licht am Ende des Tunnels sei. Er gab den Bürgern puren Wein über den desolaten Zustand des Landes. Und sie danken es ihm weiterhin mit hohen Zustimmungswerten.
Dazu trägt auch die enorme Trendwende bei, die dem 54-Jährigen in bemerkenswert kurzer Zeit gelungen ist. Deregulierungs- und Investitionsschutzmaßnahmen zeigen Wirkung. Die monatliche Kerninflation, die volatile Komponenten wie Lebensmittel- und Energiepreise ausschließt, sinkt stetig. Sie sank von 25 auf 2,9 Prozent.
Auch die Handelsbilanz ist erstmals seit langem durchweg positiv. Allein im Oktober gab es einen Überschuss von 888 Millionen US-Dollar. Es war der elfte Monat in Folge, in dem Statistiker diese Trendwende diagnostizierten. Selbst die kritische argentinische Presse lobt ein weiteres Rekordergebnis als „historische Wende“: Die Energiehandelsbilanz weist in diesem Jahr bereits einen Gewinn von 4,3 Milliarden US-Dollar aus. Das letzte Mal, dass Argentinien in diesem Bereich so gut abschnitt, war vor 17 Jahren.
NGO-Proteste
Allerdings machen Mileis radikale Sparmaßnahmen ihn auch zu erbitterten Gegnern. Er führte Massenentlassungen im völlig aufgeblähten öffentlichen Dienst durch. Außerdem kürzte oder strich er die Finanzierung der staatlichen Medien und sogenannter Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die loyal zur vorherigen Regierung standen und deren Mitarbeiter auf Kosten der Steuerzahler ein fürstliches Leben führen konnten. Viele von ihnen demonstrieren mittlerweile täglich vor dem Präsidentenpalast.
Milei kürzt auch die Sozialausgaben. Seine Maßnahmen sollen internationale Investoren dazu ermutigen, wieder im Land zu investieren. Denn sie waren durch die ständigen Staatspleiten und Misswirtschaft selten geworden. Einen Lichtblick gab es kürzlich beim Argentine Investment Forum in Buenos Aires.
Begeisterung bei den Anlegern
Mehr als 1.000 Wirtschaftsführer aus der ganzen Welt nahmen daran teil. Beobachter sprechen von der wahren Begeisterung, die Mileis Erfolg bei den Gästen auslöste. Die Bereitschaft, Geld in dem berüchtigten Krisenland zu investieren, wächst.
Wie schnell dies geschieht, ist unklar. Denn jahrzehntelange Unsicherheit lässt sich nicht so leicht aus den Geldbörsen schütteln. Beschleunigend wirkt, dass der Präsident die Bürokratie radikal abbaut und Argentinien zu einem KI-affinen Land entwickelt.
Die Kongress- und Senatswahlen finden in etwas mehr als einem Jahr statt. Bis dahin muss es Milei gelingen, die Menschen davon zu überzeugen, für seine Freiheitspartei zu stimmen. Denn im Moment versuchen die alten Mächte, die Reformen wo immer möglich zu bremsen. (fh)
