„Die 100“: ARD weist AfD-Vorwurf zurück, Laiendarsteller zu besetzen

„Die 100“: ARD weist AfD-Vorwurf zurück, Laiendarsteller zu besetzen

In der Sendung „Die 100 – Was Deutschland bewegt“ ging es um die Frage, ob die AfD ein Problem für die Demokratie sei. Einer der Teilnehmer war bereits im „Tatort“ aufgetreten. Die AfD-Landesfraktion Mecklenburg-Vorpommern warf dem Sender vor, Laiendarsteller engagiert zu haben. Der NDR äußert sich nun dazu.

Die ARD hat eine Behauptung der AfD zurückgewiesen, sie habe in einem Talkshow-Format Laienschauspieler eingesetzt. Der zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, die Vorwürfe seien falsch: „Es wurden keine Schauspieler eingesetzt.“

Zuvor hatte die AfD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern in einer Stellungnahme behauptet, für die Sendung „Die 100 – Was Deutschland bewegt“, die am Montagabend im Ersten ausgestrahlt wurde, seien Laienschauspieler gecastet worden.

Allerdings behaupteten in den sozialen Medien, vor allem auf X, mehrere Nutzer auch, dass einige Teilnehmer von „The 100“ in einschlägigen Datenbanken als Schauspieler oder Statisten gelistet seien.

Zudem seien manche der Schauspieler und die in den Filmen interviewten Protagonisten möglicherweise politisch oder ehrenamtlich aktiv, ohne dass der Sender dies im Einzelfall transparent gemacht hätte – so der Vorwurf. Seitdem spekuliert X über mögliche Verbindungen der „100“-Protagonisten zu Parteien wie der SPD, der Linkspartei oder den Grünen. X kreierte sogar einen Hashtag #die100, weil sich Nutzer im Netz immer wieder neue Fundstücke zeigten.

In dem Debattenformat, das auch für den Deutschen Fernsehpreis (Kategorie „Bestes Infotainment“) nominiert war, äußerten sich 100 Personen zu Themen. Konkret ging es in dieser Ausgabe um die Frage, ob die AfD ein Problem für die Demokratie sei. Die AfD-Fraktion schrieb in diesem Zusammenhang von „geskriptetem Gruppenzwang“.

In der Stellungnahme des NDR, die auch WELT vorliegt, heißt es weiter: „Im Mittelpunkt der Sendung stehen Menschen aus der Bevölkerung, die ihre Meinung frei äußern. Jeder kann sich für die Teilnahme an der Sendung bewerben. Welches Thema behandelt wird, erfahren die Teilnehmer erst kurz vor der Aufzeichnung der Sendung.“

Zur Auswahl der Protagonisten und indirekt auch zur Tatsache, dass einige von ihnen bereits Fernsehauftritte hatten, äußerte sich der Sender wie folgt: „Personen, die als Privatpersonen mitmachen, schließt der NDR nicht aus – auch nicht wegen Nebentätigkeiten in der darstellenden Kunst.“

Die Bürokauffrau, die schon im „Tatort“ zu sehen war

Konkret drehten sich die Vorwürfe der AfD, aber auch vieler Internetnutzer, um einen Teilnehmer namens Michael Schleiermacher.

So teilte etwa AfD-Chefin Alice Weidel auf X einen Sendungsausschnitt, in dem Schleiermacher die Partei kritisierte: „Die AfD ist ein Wolf im Schafspelz.“ Im vorherigen Teil der Sendung hatte Schleiermacher offenbar noch eine andere Position vertreten, später erklärte er jedoch, er sei nun überzeugt.

Der Sender stellt Schleiermann in einem Text vor, der als Bürokaufmann aus Kaiserslautern auftritt. Eine Internetrecherche von WELT ergibt jedoch, dass der 54-Jährige seine Dienste der Firma „Stage Pool“ angeboten hat. Die Website zu seinem Profil – die nicht mehr zugänglich ist – ergab, dass Schleiermacher tatsächlich ein Nebendarsteller ist und bereits im „Tatort“ auftrat. Diese Tätigkeiten (u.a. Werbedrehs) bestätigte Schleiermann anschließend gegenüber dem „Spiegel“. Er betonte jedoch, für seinen Auftritt bei „Die 100“ weder Geld noch Entschädigungen erhalten zu haben: „Ich bin nicht gekauft!“

Bei einer Anreise über 250 Kilometer übernimmt die Produktionsfirma die Reisekosten sowie eine Hotelübernachtung von bis zu 75 Euro pro Nacht. Schleiermann sagte dem „Spiegel“ allerdings, er sei nicht beauftragt worden, eine bestimmte politische Meinung zu vertreten. Dem Magazin lägen dem Bericht zufolge eine E-Mail, Zugfahrkarten und eine Hotelrechnung vor, die diese Aussage stützen.

Schleiermacher ist nach eigenen Angaben gelernter Bürokaufmann. Aufgrund einer Gehbehinderung beziehe er eine Erwerbsminderungsrente, weshalb er seinen Beruf nicht mehr ausüben könne, berichtete der „Spiegel“. Seinen Nebenjob erklärte er dem Magazin so: Er bewerbe sich gern für diese Showformate und dass er auch als Laiendarsteller für andere Formate tätig sei, sei kein Geheimnis. Zur ARD-Sendung sagte er: „Ich habe als Privatperson mitgemacht, ich habe keine Rolle gespielt.“

Der NDR teilte dem „Spiegel“ mit, Schleiermacher habe sich auf eigene Faust für das Format beworben und sei nicht engagiert worden, um eine konkrete politische Meinung zu äußern. Auch eine Vergütung habe Schleiermacher für seinen Auftritt nicht erhalten, teilte der Sender mit. Schleiermacher sagte dem „Spiegel“, er erlebe derzeit nach seinem Auftritt und der medialen Berichterstattung viel Gegenwind von allen Seiten – neben WELT berichteten auch FAZ, „Süddeutsche Zeitung“ und „Berliner Zeitung“.

„Aber ich lasse mich politisch nicht manipulieren. Von niemandem“, sagte er.

Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde überarbeitet und um weitere Informationen ergänzt

dpa/fgk/krott

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