Irgendwann, mitten in den wohl aufregendsten Minuten des Kölner Fußballs seit langem, überkam Lukas Kwasniok ein unheimliches Gefühl. „Ich hatte Angst, dass das Stadion nicht auseinanderfällt“, sagte der Rheinländer-Trainer, weil kaum noch kontrollierbare Energie vorhanden sei. Diese fünf Minuten nach dem Kölner Führungstreffer durch Ragnar Ache seien „unglaublich“ gewesen. Die Luft vibrierte, der plötzlich ganz konkrete Glaube des Publikums an eine Pokalsensation. Und Bayern? Vielleicht verspürten sie tatsächlich eine andere Art von Unbehagen: Es gab Grund zur Angst vor der ersten Saisonniederlage.
„Sie haben es uns fünfzehn Minuten lang wirklich schwer gemacht“, sagte Harry Kane später, doch am Ende siegten die Bayern erneut souverän mit 4:1. Es mag traurig sein, dass es für die Konkurrenz derzeit als Erfolg gilt, zumindest kurzzeitig mithalten zu können. Doch der FC Bayern sei im Moment einfach zu „männlich und stabil“, als dass er sich von einer schwierigen Phase aus der Bahn werfen ließe, sagte Sportdirektor Max Eberl. Bayern München war nach diesem Abend der erste Verein aus einer der großen europäischen Ligen, der wettbewerbsübergreifend alle ersten 14 Spiele einer Saison gewann.
Aber immerhin hatten die beeindruckend mutigen Kölner den Bayern in der ersten halben Stunde diesen spektakulären Konkurrenzkampf beschert. Wären die Angreifer beider Mannschaften etwas effizienter gewesen, hätte es 2:2 stehen können, als Ache tatsächlich eine Ecke zum 1:0 für die Kölner ins Münchner Tor köpfte (31.) und das Fünf-Minuten-Erdbeben auslöste. Die Strategie lautete „Im Zweifel nach vorne verteidigen“, sagte Kwasniok, was in Kombination mit den langen Bällen ins Mittelfeld und den anschließenden hochintensiven Zweikämpfen zu einer echten Herausforderung für die Bayern wurde.
Letztlich hatten die Kölner in den Monaten, in denen Vincent Kompany mit der Mannschaft zusammenarbeitete, häufiger auf das Tor der Münchner geschossen als alle anderen Gegner des Rekordmeisters. Doch die Bayern des Herbstes 2025 können mit solchen Situationen erstaunlich gut umgehen und beherrschen auch die kampfsportlichen Facetten des Spiels. „Das hat uns auch Spaß gemacht, wir haben auch an den Zweikämpfen teilgenommen“, sagte Kompany.
Die Bayern schlagen cool zurück
Im Laufe des Abends erwähnte Eberl immer wieder den „Willen“ der Mannschaft, jede Herausforderung zu meistern. Auch wenn es harte Arbeit und schmerzhafte Momente erfordert. In Spielen wie diesem wird deutlich, wie sehr sich die Mannschaft verbessert hat, denn auf dem Flügel steht nicht mehr der großkarierte Leroy Sané, sondern der robuste Luis Díaz. Das dürfte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann auffallen.
Und so schlugen die Bayern kühl zurück, auch wenn der fehlende VAR dazu beitrug. Luis Díaz traf fünf Minuten nach dem 1:1 aus klarer Abseitsposition; In der Bundesliga wäre das Tor ohne weitere Debatte sofort annulliert worden. Allerdings gibt es in der zweiten Runde des DFB-Pokals keine Tests im Kölner Keller. Am Ende siegten die Bayern deutlich, was den Ärger über den Fehler vielleicht etwas milderte. Doch es ist ungewiss, ob die Trendwende ohne dieses Ziel so schnell geschafft worden wäre.
Auf jeden Fall wurde deutlich, wie tief der Einfluss des VAR mittlerweile ist. Als die Mehrheit der Zuschauer auf die inzwischen einwandfrei funktionierenden Mobiltelefone in den Stadien schaute, wussten sie innerhalb weniger Augenblicke, dass den Schiedsrichtern ein schrecklicher Fauxpas unterlaufen war. Allerdings habe Schiedsrichter Tobias Welz auch nach der Halbzeit nichts von dem Fehler gewusst, sagte Kölns Angreifer Marius Bülter, der sich mit den Schiedsrichtern ausgetauscht hatte.
Vorheriger Einsatz von VAR?
Zwei Minuten nach dem Ausgleich erzielte Kane den 1:2-Endstand, die Energie des Publikums war verflogen, die schnellen Tore „hatten uns ein bisschen umgebracht“, sagte Bülter. Und als die Mannschaften in die Halbzeit gingen, brüllte das Stadion: „Slider, Slider.“ Der Fehler der Mannschaft hat dieses Spiel nicht entschieden, aber dafür war der Münchner Sieg, den Kane (64.) und Michael Olise (72.) mit zwei weiteren Toren komplettierten, zu deutlich. Doch nach dieser zweiten Pokalrunde bleibt das ungute Gefühl, dass in den 16 Spielen ein paar klare Fehler zu viel passiert sind. Und dass sowohl der BVB als auch Bayern München dank Toren, die nicht hätten zählen dürfen, ins Achtelfinale kamen.
Eberl forderte daher, den VAR künftig früher einzusetzen: „Ich denke, es steht so viel auf dem Spiel, und die meisten Vereine haben auch in der zweiten Runde die Optionen.“ Lukas Kwasniok hingegen steht der Technik grundsätzlich skeptischer gegenüber und ist der Meinung, dass „der VAR die Performance insgesamt nicht verbessert“, denn: „Wenn man immer mit einem Navigationssystem fährt, lernt man die Routen nicht auswendig, und das Navigationssystem ist nur der VAR.“
Auch Eberl fand diese Idee interessant. „Das war eigentlich auch mein Gedanke“, sagte er. „Ich denke, wenn man das ganze Jahr über weiß, dass die Mannschaft größer ist, dann ist es in so hitzigen Spielen schwieriger, und der Pokal ist immer hitzig.“ Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Bayern dieses Spiel auch ohne das unregelmäßige Tor gewonnen hätten, doch die Frage nach dem Einfluss der Technik auf die Leistung der Schiedsrichter bleibt aus dieser zweiten Pokalrunde bestehen.
