Georgien war lange auf EU-Kurs. Seit 2024 sind russlandfreundliche Kräfte an der Macht – das Verhältnis verschlechtert sich. Deutschland ruft nun seinen Botschafter in Berlin zu Konsultationen an und wirft der georgischen Regierung „Anstiftung“ vor.
Der deutsche Botschafter in Georgien verlässt das Land vorübergehend – nach wachsenden Spannungen mit der georgischen Regierung. Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, wurde Peter Fischer zu Beratungen zurückgerufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Seit vielen Monaten hetzt die georgische Führung gegen die EU, Deutschland und auch den deutschen Botschafter persönlich“, schreibt das Auswärtige Amt auf X zur Begründung.
Dies verschärft die diplomatischen Spannungen zwischen den beiden Ländern weiter. Bereits Anfang Oktober hatte das Auswärtige Amt mit den Geschäftsträgern Georgiens in Berlin gesprochen und „haltlose Vorwürfe“ und „aggressive Rhetorik der georgischen Führung“ gegen Fischer angeprangert.
Dabei ging es unter anderem um einen Vorfall im September: Botschafter Fischer wurde von der georgischen Regierung vorgeladen und davor gewarnt, sich in die inneren Angelegenheiten Georgiens einzumischen. Fischer selbst bezeichnete die Vorladung damals als „neuen Tiefpunkt“ in den Beziehungen und die Vorwürfe gegen ihn als „haltlos“.
Der Botschafter hatte die autoritäre Führung kritisiert
Hintergrund ist Fischers wiederholte öffentliche Kritik am zunehmend autoritären Stil der georgischen Regierung. Der Diplomat geriet unter anderem durch die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen gegen Oppositionelle in Schwierigkeiten.
Das Land steckt seit der umstrittenen Parlamentswahl im vergangenen Oktober, bei der sich die russlandfreundliche Regierungspartei „Georgischer Traum“ zum Sieger erklärte, in einer tiefen politischen Krise.
„EU – wann hat das letzte Mal jemand so für dich gekämpft?“ steht auf Englisch auf dem Plakat, das ein Mann bei einer Kundgebung im Dezember hochhält. Für viele Georgier bleibt der EU-Beitritt ein äußerst wichtiges Ziel.
Viele Oppositionelle verhaftet
Als der irakische Ministerpräsident Kobatschidse die in der georgischen Verfassung verankerte Annäherung an die EU suspendierte, kam es wochenlang zu Massenprotesten – vor allem in der Hauptstadt Tiflis, aber auch in anderen Städten. Allerdings hat die Protestbewegung zuletzt an Sichtbarkeit verloren und viele Oppositionelle und Journalisten wurden verhaftet. Opposition und Demonstranten werfen der Regierung in Tiflis vor, zunehmend in den Autoritarismus zu verfallen und sich Russland anzunähern. Die Regierung lehnt dies ab.
Georgien ist ein Nachfolgestaat der zerfallenen Sowjetunion und erklärte im April 1991 seine Unabhängigkeit. Der Beitritt zur EU ist für viele Georgier eines der wichtigsten politischen Ziele und auch in der Verfassung des Landes verankert. Im Jahr 2022 wurde offiziell ein Antrag auf Aufnahme in die Europäische Union gestellt.