Frankfurt – Heute Abend wird es ernst! Im altehrwürdigen Kaisersaal im Frankfurter Römer entscheidet sich, wer den Deutschen Buchpreis 2025 gewinnt – und damit 25.000 Euro plus Ruhm, Features Feuerwerk und volle Buchhandlungen.
Sechs Romane stehen auf der Shortlist – sechs Welten zwischen Wahnsinn, Wut und Wachs. BILD stellt die Finalisten vor – und verrät, wer die besten Chancen hat. Welcher von ihnen hat den wertvollsten und besten deutschsprachigen Roman des Jahres geschrieben?
Der Favorit der Feuilleton-Intelligenz
Thomas Melle – „Haus der Sonne“ (Kiepenheuer & Witsch): Ein Schriftsteller, bipolar, lebensmüde, lässt sich in eine geheimnisvolle Klinik einweisen – in der Hoffnung, dort endlich Ruhe zu finden. Doch „Haus zur Sonne“ ist kein Ort der Heilung, sondern ein Spiegel seiner Ängste.
Thomas Melle schreibt einen Roman mit starken autobiografischen Zügen
BILD sagt: Ein wilder Trip zwischen Wahnsinn und Klarheit, Tod und Trost. Wenn der Feature-Bereich entscheidet, ist Melle kaum zu schlagen.
Jung, mutig, schmerzhaft
Kaleb Erdmann – „Die alternative Schule“ (park x ullstein): Der Erzähler war Student zum Zeitpunkt der Schüsse in Erfurt. Jetzt, als Erwachsener, möchte er verstehen, warum Vergessen nicht funktioniert. Ein brutal ehrlicher Roman über Trauma, Überleben – und das Schweigen einer Generation.
Kaleb Erdmann (34) war in der fünften Klasse, als Robert Steinhäuser (†19) am 26. April 2002 elf Lehrer, einen Referendar, eine Sekretärin, zwei Schüler, einen Polizisten und sich selbst erschoss
BILD sagt: Emotionaler Roman – wer sich die Mühe macht, gewinnt.
Intellekt trifft Wahnsinn
Dorothee Elmiger – „Die Holländerinnen“ (Hanser): Eine Theatergruppe stellt das Verschwinden zweier niederländischer Forscher nach. Zwischen Dokument und Fantasie zerlegt Elmiger alles: Wahrheit, Identität, Erzählung selbst.
Dorothee Elmigers (40) Debüt „Einladung zum Wagemutigen“ wurde 2010 für den Schweizer Buchpreis nominiert
BILD sagt: Ein sprachliches Experiment voller Rätsel, Humor und Kraft. Für alle, die Literatur als Kunstform lieben – aber vielleicht zu kopflastig sind, um zu gewinnen.
Filigran, präzise, meisterhaft
Christine Wunnicke – „Wachs“ (Berenberg Verlag): Eine Anatomin, die Leichen seziert. Ein Maler, der botanische Zeichnungen für den König anfertigt. Es entwickelt sich eine zärtliche, rebellische Freundschaft zwischen Wachsfiguren, Anatomie und Aufklärung.
Christine Wunnicke hat einen wunderschönen Liebesroman geschrieben, sehr intelligent, aber nicht intellektuell
BILD sagt: Historisch fein gezeichnet, elegant erzählt. Außenseiter mit Klasse – die Jury konnte sich auf die Tiefe statt auf die Lautstärke konzentrieren.
Das Geheimnis der Sprache
Jehona Kicaj – „ë“ (Wallstein): Eine Frau hin- und hergerissen zwischen Sprachen, Körper und Herkunft. Sie leidet unter Kieferkrämpfen, kann kaum sprechen – und ist auf der Suche nach ihrer Stimme. Ein poetischer Roman über das Leben zwischen Sprachen, Kulturen und Schmerz.
Jehono Kicaj (34) spricht über den Kosovo-Krieg und erinnert an das Leid von Familien, die ihr Zuhause verloren haben
BILD sagt: Jury-Favorit für Mut und frischen Blick – aber wohl zu ruhig für den Hauptpreis.
Der wilde Außenseiter
Fiona Sironic – „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und sprengen Dinge in die Luft“ (Ecco Verlag): In einer zerstörten Zukunft fliehen Mädchen in den Wald – und sprengen buchstäblich die alte Welt. Sie kämpfen gegen Gewalt, Umweltzerstörung und Hoffnungslosigkeit. Wild, anarchisch, ungezähmt – wie eine literarische Explosion.
Fiona Sironic (30) wollte in ihrem Debütroman über weibliche Wut schreiben
BILD bedeutet: jung, radikal, anders.