Nachrichtenportal Deutschland

Deshalb hat ein Obdachloser in Köln 140.000 Euro auf seinem Konto

Drogen in der Unterhose, ein Messer in der Tasche und 140.000 Euro auf dem Konto – die Geschichte von Heinz K. (46), die jetzt vor dem Landgericht Köln aufgedeckt wurde, ist an Widersprüchen kaum zu überbieten.

Der Mann ist obdachlos, aber wohlhabend. Der Prozess enthüllte eine zutiefst tragische Lebensgeschichte.

Rückblick: Im April dieses Jahres kontrollierten Polizisten den 46-Jährigen in der Kölner Innenstadt am Josef-Haubrich-Hof. In seiner Gürteltasche und Unterhose fanden sie eine ganze Reihe harter Drogen: 4,8 Gramm Kokain, 9,5 Gramm Crack und 2,3 Gramm Heroin. Dazu noch ein Messer. Die Handschellen klicken für Heinz K.

Der Vorwurf ist hart: bewaffneter Drogenhandel. Das bedeutet mindestens fünf Jahre Gefängnis. Doch wie rutscht ein Mann mit 140.000 Euro auf dem Konto in die Obdachlosigkeit und in die Drogenszene ab? Vor Gericht deckt sein Verteidiger Jonas Bau die ganze Geschichte auf.

Der Angeklagte mit Verteidiger Jonas Bau beim Prozess vor dem Landgericht Köln

1979 in Sachsen geboren, verließ die Familie 1986 die DDR. In Bayern sollte alles besser werden. Doch für den kleinen Heinz beginnt ein Albtraum. „Er erlebte erhebliche Gewalt seitens seines Vaters und lief mit 13 Jahren von zu Hause weg“, sagt Anwalt Bau. Der Junge wird in Heime geschickt, unter anderem in eine kirchliche Bildungseinrichtung.

Dennoch schaffte er es durch die Kurve, machte eine Ausbildung zum Bäcker, wurde später LKW-Fahrer und gründete sogar eine eigene kleine Spedition. Doch das Unternehmen geht bankrott, nachdem ein Mitarbeiter einen Unfall verursacht hat. Auch privat gibt es Rückschläge: Zu seiner Tochter verliert er den Kontakt, als sie drei Jahre alt ist. Seinen 2012 geborenen Sohn hat er seit seinem achten Lebensjahr nicht mehr gesehen. Ihm zufolge wollen die Mütter keinen Kontakt.

Der endgültige Wendepunkt im Leben von Heinz K. war ein schwerer Motorradunfall im Jahr 2015. Seine Beine waren gebrochen und die Schwellung unter dem Gips wurde offenbar zu spät erkannt. „Das Fleisch begann zu faulen“, beschreibt K. die schrecklichen Folgen im Gerichtssaal. Seitdem leide er unter erheblichen Schmerzen und laufe „wie ein Rentner“. Dann eskaliert seine Drogenabhängigkeit völlig und er verliert die Kontrolle über sein Leben.

Nachdem er bereits zwei Haftstrafen verbüßt ​​hat, wird er obdachlos in Köln. Plötzlich gab es einen Glücksfall: Durch eine Erbschaft erwarb K. eine Eigentumswohnung in München, die für 200.000 Euro verkauft wurde. Doch inmitten der Drogenabhängigkeit weiß er nicht, wie er einen Neuanfang schaffen soll. „Ich wollte vielleicht einen Anhänger kaufen“, sagt er.

Bei einer Razzia: Heinz K. will der Polizei seinen Kontostand zeigen

Sein Anwalt schildert den Tattag wie folgt: K. sei nach Neumarkt gefahren, um seinen Drogenvorrat aufzufüllen. Beim ersten Händler, den er fand, kaufte er den gesamten Bestand für 660 Euro. „Ich habe einen guten Rabatt bekommen“, erklärt der Angeklagte mit bayerischem Akzent. Ein Gramm Kokain kostete ihn nur 20 Euro statt der üblichen 30 Euro. Nichts davon war für den Weiterverkauf bestimmt.

Sein Untergang kommt, als er eine kleine Tüte Kokain für 25 Euro – fast den Kaufpreis – an einen anderen Drogenabhängigen verkauft. Bei der Razzia wollte Heinz K. den Beamten erklären, dass er kein echter Dealer sei. Er hat genug Geld. „Er wollte mit uns zur Sparkasse gehen und seinen Kontostand vorzeigen“, sagte ein Polizist als Zeuge vor Gericht.

„Ein obdachloser Drogenabhängiger mit so viel Vermögen ist untypisch“, gibt selbst der Staatsanwalt in seinem Plädoyer zu. Dennoch hält er den Tatbestand des bewaffneten Menschenhandels für erfüllt und fordert eine harte Strafe: fünf Jahre und fünf Monate Gefängnis.

Letztlich sieht das Gericht das anders. Obwohl Heinz K. das Kokain verkaufte, ist der Großeinkauf für den Eigenbedarf plausibel. Das Urteil: drei Jahre und drei Monate Gefängnis. Hinzu kommt eine 21-monatige Haftstrafe wegen einer weiteren Angelegenheit, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die 140.000 Euro auf dem Konto von Heinz K. werden bald Geschichte sein – denn das Land NRW kann Haftkosten geltend machen. (Rot)

Die mobile Version verlassen