Rostock/Rerik. Handelt es sich bei der Insolvenz von Eno Energy um einen Einzelfall oder gefährdet die energiepolitische Pattsituation in Berlin die gesamte Windkraftbranche und tausende Arbeitsplätze in MV? Die Insolvenz des Traditionsunternehmens mit Sitz in Rerik und Rostock schockierte die Branche im Land. „Der neue Bundesenergieminister möchte lieber Gaskraftwerke bauen als neue Windparks. Das verunsichert Investoren und auch Hersteller“, sagt Andree Iffländer, Leiter des Windenergienetzwerks MV.
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Auch in der Landesregierung und im Rostocker Rathaus ist die Insolvenz des Windkraftanlagenherstellers Thema – denn es droht ein Millionenschaden: Auf Anfrage der OZ bestätigte das Wirtschaftsministerium in Schwerin, dass MV insgesamt zwei Bürgschaften für Eno Energy in Höhe von insgesamt 13,4 Millionen Euro übernommen habe. Nach OZ-Informationen wird Eno Energy an einen Investor verkauft und der Betrieb weitergeführt.
Ruinen in bester Lage?
Eno Energy – 1999 in Rerik gegründet – musste am Dienstag (7. Oktober) überraschend Insolvenz anmelden. Ein Unternehmenssprecher nannte mehrere Gründe – unter anderem den „aktiven Wettbewerb“, der sich auf die Preise auswirke. Und: Eno Energy muss nun einen neuen Rotorblatthersteller für die selbst entwickelten Turbinen finden. Der Alte hat die Lieferverträge gekündigt. Dadurch verzögern sich Projekte und damit auch Einnahmen.
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Dass das Unternehmen ein „finanzielles Problem“ hat – das zeigte sich im Frühjahr erstmals in Rostock: Die Tochtergesellschaft Eno Energy Immobilien will das alte Getreidelager „Silo 1“ am Stadthafen umbauen. Doch auf der Baustelle war zu Jahresbeginn kaum etwas passiert. Firmenchef Karsten Porm sagte damals zu OZ, dass er das Eigenkapital des Unternehmens für das Kerngeschäft benötige. Die Immobilie muss warten.
So läuft es auch bei anderen Windkraftunternehmen in MV
Für andere große „Player“ der Windkraftbranche im Land läuft es derzeit gut: Nordex beispielsweise meldete allein seit Mitte September neue Aufträge für rund 150 Windkraftanlagen. Sie sollen in Deutschland, Spanien, Kanada, der Ukraine und auch Ecuador gebaut werden. Auch der Windprojektentwickler UKA aus Rostock gab bekannt, dass er von der Bundesnetzagentur den Zuschlag für die Errichtung von insgesamt 104 weiteren Windenergieanlagen bis 2028 erhalten habe.
Nach der Insolvenz befürchtet die Rostocker Stadtverwaltung nun, dass „Silo 1“ zu einer Investitionsruine in bester Lage verkommen könnte: „Das Gebäude prägt das Stadtbild. Wir hoffen, dass das Insolvenzverfahren Chancen für den Fortbestand des Unternehmens eröffnet – und auch für eine Fortsetzung der sehr umfassenden Sanierung des Silos“, sagte Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (44; Linke).
Werftretter soll Windkraftanlagenbauern helfen
Erst Mitte des Jahres erhielt Eno Energy einen riesigen Kredit – nach OZ-Angaben rund 50 Millionen Euro. Geldgeber: die Sparkassen Dresden, Zwickau, Pforzheim und die Sächsische Aufbaubank. Versichert durch den Bund und die Länder MV und Sachsen.
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Warum dem Unternehmen nun das Geld ausgeht, äußerte sich der Hamburger Insolvenzverwalter und Rechtsanwalt Christoph Morgen bislang nicht. Am Mittwoch (8. Oktober) wollte er sich zunächst einen Überblick verschaffen und die über 200 Mitarbeiter informieren. Das Insolvenzgeld für drei Monate sei bereits beantragt worden, hieß es. Morgen wurde im Nordosten vor allem als Insolvenzverwalter der MV Werften bekannt. So brachte er beispielsweise die Marinewerft TKMS nach Wismar.
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Insider berichten, dass es bereits mehrere Interessenten gibt, die Eno Energy übernehmen wollen. Porm soll bereits vor Monaten einen „Verkaufsprozess“ eingeleitet haben.
Branche: „Verband verunsichert Unternehmen“
Andree Iffländer, Leiter des Windenergienetzwerks MV und Vertreter von mehr als 100 Unternehmen bundesweit, sieht in der Insolvenz ein „Warnsignal“: „Die Verunsicherung in der Branche ist bereits groß. Alle warten ab, wie sich die neue Bundesregierung zum Thema Erneuerbare Energien wirklich positionieren wird.“
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So hatte beispielsweise auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche angekündigt, die Subventionen für Windkraft kürzen zu wollen. „Bisher sind das nur Ankündigungen“, sagte Iffländer. „Aber natürlich überlegen große Konzerne, ob sie weiterhin in Windparks investieren sollen oder ob sie wieder in fossile Kraftwerke investieren sollen. Die neue Bundesregierung bremst die Windkraft.“
Dies betrifft insbesondere mittelständische Unternehmen, die sich auf den deutschen Markt spezialisiert haben. Zum Beispiel Eno Energy.
OZ