Der Fall Porsche ist erschreckend und symptomatisch zugleich: Die Sportwagen aus Zuffenhausen sind bei den Chinesen in Ungnade gefallen und stehen offenbar vor einem geordneten Rückzug, während die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Angesichts des drastischen Umsatzrückgangs werde das Händlernetz „optimiert“, heißt es lapidar. Von den 144 Filialen bleibt im ersten Schritt nur etwa die Hälfte übrig. Für den Rest gibt es keine Garantie.
Nach und nach verlieren die deutschen Automobilhersteller ihren wichtigsten Markt. China hat im Laufe der Jahre Milliarden in die Staatskasse gesteckt. Die Liebe zum Auto hat dort Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland gesichert. Mag die historische Wiege des Automobils in Stuttgart stehen, mögen Orte wie Zuffenhausen, Ingolstadt oder Wolfsburg die Pracht der deutschen Modellindustrie präsentieren – das Ganze wurde von Käufern im Reich der Mitte am Laufen gehalten.
Die Abhängigkeit von China fordert ihren Tribut
VW ohne die Chinesen? Es ist eine Tragödie, die Margen auf dem Heimatmarkt reichen bestenfalls kaum aus. Mercedes ohne China? Es ist unvorstellbar, die meisten Kunden und die wichtigsten Eigentümer kommen von dort; 20 Prozent der Anteile gehören dem chinesischen Unternehmen BAIC und dem Industriellen Li Shufu. Auch das von der Unternehmerfamilie Quandt kontrollierte BMW kommt ohne die Milliarden aus Asien kaum aus. Diese Abhängigkeit rächt sich nun.

Am schlimmsten trifft es die Marke, die bis vor Kurzem unangreifbar schien: Porsche, der weltweit gefragte Inbegriff schwäbischer Ingenieurskunst. Der Sportwagen war das Statussymbol, mit dem die Chinesen zeigten, dass sie es an die Spitze geschafft hatten. Dies steigerte die Marge und stimulierte den Ehrgeiz der lokalen Konkurrenz.
Während Luxusmarken aus dem Westen lange Zeit das Nonplusultra unter den Luxusmarken waren, ist China mittlerweile stolz auf seine eigenen Produkte. Porsche läuft Gefahr, als erste prominente westliche Marke vom Markt verdrängt zu werden, und zwar nicht mit Gewalt, sondern durch Nachahmer mit attraktiven Produkten und niedrigen Preisen.
In China gibt es keinen Rekord mehr
Vor vier Jahren meldete Porsche Rekordzahlen in China: 2021 verkaufte das Stuttgarter Unternehmen 95.700 Sportwagen im Land. Dies entsprach fast einem Drittel des weltweiten Gesamtumsatzes. Im vergangenen Jahr waren es etwas mehr als halb so viele (57.000). 2025 wird der nächste Tiefpunkt sein: In den ersten neun Monaten lieferte das Traditionsunternehmen nur 32.000 Autos aus, ein Rückgang von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Vor allem ein Unternehmen macht Porsche zu schaffen. Xiaomi, Hersteller von Smartphones und Haushaltsgeräten (vom Staubsauger bis zum Reiskocher), ist erst 2021 offiziell ins Autogeschäft eingestiegen. Im März 2024 lieferte er mit dem SU7 sein erstes Fahrzeug überhaupt aus und knackte sofort den Jackpot – allein in den ersten zwölf Monaten wurde das Elektroauto fast 260.000 Mal verkauft.
Das Auto ist dem Taycan von Porsche wie aus dem Gesicht geschnitten, kostet aber nur einen Bruchteil. Xiaomi hat nun ein noch stärker motorisiertes Modell herausgebracht. Im April fuhr Rennfahrer Vincent Radermecker mit dem SU7 Ultra mit 346 Stundenkilometern über den Nürburgring und stellte damit einen Rundenrekord für Serienmodelle in der elektrischen Luxusklasse auf.
Aus Porsche-Sicht das größte Sakrileg: Er war schneller als der Taycan Turbo GT, der laut Eigenwerbung der „stärkste Serien-Porsche aller Zeiten“ war. Der Xiaomi-Bolide kostet nicht einmal halb so viel. Autokäufer in China sind im Durchschnitt 35 Jahre alt und jünger als diejenigen im Westen. Mit Platten wie diesen spricht Xiaomi gerade diese Klientel an. Wie will Porsche dagegenhalten? Die Frage ist, ob das immer noch ein Thema ist oder ob der Kampf bereits verloren ist.
Im Frühjahr hatte Vorstandschef Oliver Blume bereits angedeutet, dass sich Porsche mangels Nachfrage in China möglicherweise gänzlich von Elektroautos verabschieden werde. Nun heißt es, dass „die lokalen Aktivitäten an die Marktentwicklungen angepasst werden“. Die Zeichen stehen auf Abschied.
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