„Der Respekt ist heute oft weg“
Ina Müller fühlt sich mit 60 diskriminiert
7. November 2025, 21:45 Uhr
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Mit ihrer bissigen Schnauze spricht Ina Müller noch immer mit vielen Menschen, die erst halb so alt sind wie sie. Der Entertainer wurde dieses Jahr 60 Jahre alt. Mit dem Älterwerden hat sie eigentlich kein Problem, klagt aber über mangelnden Respekt.
Diese Frau ist ansteckend. Mit ihrem Lachen, ihrer Präsenz und ihrer Mischung aus Witz und Selbstbewusstsein ist Ina Müller eine vorbildliche Entertainerin. Als Moderatorin von „Inas Nacht“ überzeugt sie regelmäßig im Fernsehen. Als Sängerin erzählt sie Geschichten, die unter die Haut gehen.
Kürzlich ist Müller 60 geworden. Dies nimmt sie nun zum Anlass, im deutschen „Playboy“ über ein Thema zu sprechen, das sie persönlich betrifft: die Diskriminierung älterer Menschen.
„Es hat mir nie geschadet, älter zu werden. Ich habe mich in meinem Leben als Frau nie diskriminiert gefühlt“, erklärt Müller. Doch mittlerweile merkt sie, dass das Alter in unserer Gesellschaft nicht mehr automatisch Respekt garantiert. „Früher haben wir uns nicht um ältere Menschen gekümmert, aber wir haben sie auch nicht gehasst. Heute ist der Respekt oft verschwunden“, sagt sie.
„Mein Job ist mein Leben“
Müller betont, dass ihre Beobachtungen sie nicht nur persönlich betreffen. „Ältere Menschen sind derzeit die Hoodie-Boomer des Landes.“ Plötzlich wird sie als „Karen“ (eine abfällige Bezeichnung für eine weiße und privilegierte Frau) abgestempelt – „mit Haaren auf Zähnen und Oberlippe, die den ganzen Tag Prosecco trinkt, nur Facebook kennt, sich über alles aufregt, aber von nichts eine Ahnung hat.“ Sie empfinde „einen Stich im Herzen“, wenn sie solch ein respektloses Verhalten gegenüber älteren Menschen sehe.
Doch trotz der gesellschaftlichen Klischees kann sie auf ein erfülltes Leben zurückblicken, betont Müller. „Ich habe zwischen 40 und 50 am meisten gelebt, in vollen Zügen. Zwischen 50 und 60 war auch alles cool, aber noch ein bisschen mehr ‚Ich weiß es schon, ich habe es schon‘.“
Im Interview spricht die Künstlerin auch offen über die Herausforderungen der vergangenen Jahre, in denen sie nach und nach ihre Karriere aufgebaut hat: von Kabarettbühnen bis zum Major-Deal mit Sony und ihrer eigenen TV-Show. Bei ihrer letzten Tour stand sie hinter dem Vorhang und fragte sich: „Wo wärst du jetzt lieber als hier auf der Bühne?“ Ihre Antwort war immer: „Nirgendwo. Mein Job ist mein Leben.“
Sie möchte nicht 120 Jahre alt werden
Ina Müller beleuchtet das Älterwerden auch von einer humorvollen Seite. Im Männer-Frauen-Vergleich würden die weiblichen Best Ager den klaren Sieg erringen, erklärt sie: „Viele Männer sehen sehr albern aus, wenn sie vor Beginn des Herbstes ein letztes Mal aufstehen“, sagt Müller. „Frauen können sich normalerweise besser sagen: ‚Okay, ich bin jetzt 60, aber ich möchte nicht zurück, ich möchte einfach in Würde weitermachen.‘“
Kleine Verheimlichungen sind erlaubt, aber Authentizität ist Trumpf: „Natürlich kann man eine Kleinigkeit verstecken oder bemalen oder etwas hinzufügen – aber wenn man schon 60 Jahre auf dieser Erde ist, dann sind auch die Zellen 60 Jahre alt.“ Dem Trendthema Langlebigkeit lehnt sie ab: „Jeder will 120 werden, aber mir gefällt es nicht!“
Mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder war im Juni 2024 zweifellos ein echter Mann zu Gast bei „Inas Nacht“. Die Entertainerin erklärt, dass sie von der Begegnung mit dem CSU-Chef beeindruckt gewesen sei – mit 58 Jahren, kurz vor 60 – „Er fühlt sich zu allem gewachsen und hat an diesem Abend eine sehr gute Leistung gezeigt“, sagt Müller. „Aber viele Leute ärgern sich jetzt ein wenig darüber, dass er jetzt überall als großer Sänger auftritt, seit er in meiner Show ‚Mary Ann‘ gesungen hat.“
Müller selbst arbeitet derzeit parallel zu ihrer TV-Karriere an neuen Musikprojekten. Ihr neues Album mit dem vielsagenden Titel „6.0“ erscheint am 14. November.
