Der „Polizeiruf“ im Schnellcheck
In Rostock eskaliert der Generationenkonflikt
Von Julian Vetten
18. Oktober 2025, 15:09 Uhr
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In „Mach es!“ Ein sadistischer Psychopath treibt in Online-Foren sein Unwesen, stiftet gezielt Jugendliche zum Morden an und treibt andere in den Selbstmord. Wie immer geht es im Rostocker „Polizeiruf“ ziemlich ungemütlich zu. Lohnt es sich einzuschalten?
Was geschieht?
Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) müssen die Hintergründe eines ausgedehnten Suizids in Rostock aufklären, bei dem ein junger Mann zunächst eine Frau erstochen und sich dann selbst getötet hat. Am Tatort stehen King und Böwe vor einem Rätsel, denn es gab keine Verbindung zwischen dem Mörder und dem Manager auf Geschäftsreise. Die einzige Spur ist eine Nachricht auf Schillings Handy in der Tatnacht: „Tu es!“ Die Nachricht stammt von Felix Lange (Sebastian Jakob Doppelbauer), einem jungen Lehrer, der jede Beteiligung an der Tat bestreitet. Es ist nicht das erste Mal, dass er in einem ähnlichen Kontext aussagen muss: Nur vier Wochen zuvor hatte die Lehrerin Kontakt zu einer 19-Jährigen, die sich kurz darauf ebenfalls das Leben nahm. Ist Felix Lange „Wintersonne“, ein sadistischer Psychopath, der junge Menschen in Internetforen gezielt in den Selbstmord treibt?

Hat hier jemand Trauma gesagt? Kommissarin Böwe (Lina Beckmann, links) und ihre Kollegin König (Anneke Kim Sarnau) haben auch dieses Mal einiges zu verarbeiten.
(Foto: NDR/Boris Laewen)
Worum geht es wirklich?
Über die Verzweiflung der Welt und den damit verbundenen Generationenkonflikt, unter dem im Grunde alle Protagonisten in diesem „Polizeiruf 110“ auf die eine oder andere Weise leiden – sei es die Lehrerin Lange mit Sprengweste, der von ihrer Tochter verachtete Kommissar Böwe oder ein psychisch labiler junger Erwachsener, der kurz vor seinem ausgedehnten Selbstmord in einer wütenden Rede gegen die Boomer-Generation behauptet: „Meine Generation fegt den Dreck von eurer weg.“
Moment wegzappen?
Es gibt eine Handvoll Kamerafahrten und Zooms im Stil von „Polizeirufen“ aus den 70er und 80er Jahren: Sie sind zwar als Hommage an alte Zeiten gedacht, wirken aber vor allem richtig trashig. Auch die Feuerlöscher-Szene im vermeintlichen Finale hat – wenngleich direkt danach aufgelöst – einen eher peinlichen Charakter.
Wow-Faktor?
Stattdessen reißt es das eigentliche Ende noch einmal heraus: In seiner Abruptheit und Konsequenz ist es so unerwartet, dass unser Kritiker vor lauter Schock und Überraschung tatsächlich ein paar Zentimeter aus seinem Fernsehsessel sprang.
Wie war es?
8 von 10 Punkten. „Tu es!“ spinnt geschickt eine ganze Reihe von Handlungssträngen zusammen, ohne sich dabei in der üblichen Sonntagnacht-Krimi-Manier zu verzetteln. Das Thema ist sehr aktuell und dem jungen Rostocker Regisseur Max Gleschinski gelingt der Spagat zwischen zum Nachdenken anregenden Passagen und der nötigen Spannung über weite Teile sehr gut.